Innerlichkeit veräußerlicht
- Ernst Jonas Bencard, arkivet.thorvaldsensmuseum.dk, 2020
Dieser Text ist eine erneute Veröffentlichung von ’Innerlichkeit veräußerlicht. Lunds Rezeptionsgeschichte – und ein Vorschlag zur Neuinterpretation’ aus dem Buch: Das Andere Goldene Zeitalter. Johann Ludwig Lund über alle Grenzen, Museum Behnhaus Drägerhaus, [Lübeck] 2020, p. 210-245.
- 1. A. Lunds Rezeptionsgeschichte
- 2. Zwei Dogmen
- 3. Zu deutsch
- 4. Zu idealistisch
- 5. Idealismus und Theorie
- 6. Idealismus und Historienmalerei
- 7. Der Konsens zu Lund
- 8. Dogmen und Urteile
- 9. B. Ein Vorschlag zur Neuinterpretation: Eine zweigliedrige Struktur
- 10. Körper-Arabesken und Geschlechter
- 11. Eine innerliche Historienmalerei
- 12. References
A. Lunds Rezeptionsgeschichte
Die heilige Anna lehrt die Jungfrau Maria das Lesen, B251
Wie wird ein Künstler vergessen? Wie verschwindet das Werk eines Künstlers aus der Geschichte? Spontan sollte man meinen, die offensichtliche Antwort darauf sei, dass die Werke des Künstlers ganz einfach nicht gut genug waren und sind. Aber nicht immer erklärt ein Mangel an künstlerischer Qualität – wie immer man diese auch definieren mag –, warum einige Künstler vergessen werden. Die Kunstgeschichte ist allzu häufig mehr ein Kampf um Ansichten als ein nüchternes Registrieren und Analysieren der Werkproduktion. Tonangebende Kritiker und Kunsthistoriker waren immer schnell dabei festzustellen, was gut und was schlecht sei. Und deshalb wimmelt es in der Geschichte von Beispielen, wie Werke von Künstlern und ganze Œuvres auf Grundlage von oberflächlichen Charakteristiken, unbegründeten Annahmen und übereifrigen Geschmacks- und Werturteilen verworfen wurden – wohingegen neugierige Beobachtungen und Werkanalysen eine objektivere Grundlage für die Geschichtsschreibung abgeben könnten.
In der Rezeption eines Œuvre schlägt sich häufig sehr schnell eine Reihe von scheinbaren ,Wahrheiten‘ nieder. Mit einer gewissen faulen Trägheit werden solche kursorischen Werkverständnisse recht unkritisch in der Kunstgeschichte wiederholt, sodass wir uns alle mit der Zeit an sie gewöhnen und sie für wahr halten. Ist erst ein fatales Urteil über das Werk eines Künstlers gefällt, bekommt es deshalb sehr leicht einen dauerhaft stigmatisierenden Effekt für den Nachruhm. Das Vergessen senkt sich über das Werk. Eben diese unerbittliche Mechanik hat J.L. Lund getroffen – und übrigens viele andere Künstler davor und danach: Zu viele tödliche Urteile und zu wenige lebensspendende Analysen. Darum soll hier ein Blick auf Lunds Rezeptionsgeschichte geworfen werden. Wenn wir es möglich machen wollen, seine Kunst mit frischen Augen zu betrachten, müssen wir einige der Dogmen und Werturteile identifizieren, die den Blick auf seine Werke bestimmt haben und Grundlage für deren Abwertung wurden – und danach mit hoffentlich unvoreingenommenem Blick die besonderen Merkmale von Lunds Kunst entdecken. Die Qualitätsfrage oder das Urteil über Lund müssen einfach beiseitegelegt oder in Klammern gesetzt werden, damit wir (wieder-)entdecken können, was sich in seinen Bildern tut.
Um den negativen Konsens zu erhellen, der sich in die dänische Kunstgeschichte über Lund eingeschrieben hat, soll ein Text von Emil Hannover aus dem Jahr 1902 als Ausgangspunkt dienen. Dann werden zwei wohlwollende Lesarten von Lunds Werk von Sophie Ørsted aus dem Jahr 1812 und Friederike Brun von 1815 mit einbezogen.
Zwei Dogmen
In dem Übersichtswerk Die dänische Malkunst (Danmarks Malerkunst) von 1902 wird Lund von dem Kunsthistoriker Emil Hannover mit folgender Breitseite erledigt:
… [Lund] hatte einige Jahre vor Eckersberg dieselbe Ausbildung bei David erhalten, hatte aber nicht wie Eckersberg das Glück, den realistischen Geist des Unterrichts zu entdecken und festzuhalten. Später befreundete er sich in Rom mit vielen der bekanntesten Idealisten seiner Zeit — Thorvaldsen vor allen — und eignete sich durch sie und durch Literaturstudien hohe und edle Vorstellungen von den großen Zielen der Kunst an. In seiner Bedeutung als Künstler brachte es er deshalb aber nicht weiter. Als Künstler war und blieb er dilettantisch. Sein großes, bleiches und blutleeres Historiengemälde Die Einführung des Christentums in Dänemark gehört zu den größten Anstrengungen und den kleinsten Freuden unserer Kunst. Besser sind im Durchschnitt seine Porträts, auch wenn sie häufig in Einstellung und Ausdruck vage sind. Am besten sind ihm vielleicht zwei Ideal-Bilder der Attitüde-Künstlerin Ida Brun gelungen, auf einem die Büste ihrer Mutter bekränzend, auf dem anderen als Muse der Erinnerung vor dem Hintergrund der Ruinen Roms. Aber auch in diesen Bildern ist der Idealismus nur eine zeitgemäße Form, ohne Grundlage in einem Studium der Wirklichkeit. Davon hatte Lund weder genug für seine eigene Kunst, noch konnte er ihn anderen mitteilen. Er wurde gleichzeitig mit Eckersberg Professor an der Kunstakademie. Er beeinflusste — wohl kaum günstig — BLUNCK, dessen Kunst später eine Richtung einschlug, die noch mehr als die seines Lehrers parallel zur deutschen und weniger der dänischen verlief; aber er besaß nicht annähernd Eckersbergs Anziehungskraft auf die werdenden jungen Maler.
Lund „war und blieb … dilettantisch“! Flott, Emil, deine Feder ist groß… Aber Hannovers Text ist hier nicht nur als mörderisch gutes Beispiel für die unheilbare Urteilskrankheit der Kunstgeschichte zitiert. Durch seine unterhaltsame Arroganz verrät der Text nämlich auch, welche Vorurteile die Abstrafung von Lunds Werk angetrieben haben. Allein dieses kurze Stück aus Hannovers Text ist von zwei Hauptdogmen durchdrungen, die die Lund-Rezeption charakterisieren: Ein nationales und ein anti-idealistisches Dogma.
Zu deutsch
Hannover merkt an, dass Lunds Kunst mehr deutsch und weniger dänisch sei – und bringt mit dieser Unterstellung nebenbei auch noch Ditlev Blunck zur Strecke. Aber warum sollte die Nationalität eines Künstlers überhaupt ein Kriterium für die Beurteilung seiner Kunst sein? Das sollte unwichtig sein, ganz abgesehen von der Frage, wie man einem Kunstwerk überhaupt ansehen könnte, ob es zum Beispiel dänisch oder deutsch sei. Mag die Nationalitätenfrage auch komplett gleichgültig erscheinen, kann man sich doch nicht mit dänischer Kunst aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschäftigen, ohne darauf zu stoßen, dass ein Vorurteil über die Ethnizität eines Kunstwerks darüber entschied, ob der Schöpfer in der Geschichtsschreibung auf der Sieger- oder der Verliererseite endete.
Aber kann man Lunds ‚Dänentum’ überhaupt in Frage stellen? Ja, er stammte aus Kiel in Holstein. Er wurde dort 1777 geboren, also zur Zeit des dänisch-norwegisch-isländisch-schleswig-holsteinischen Gesamtstaats, der sich als ein Land verstand. Und man darf annehmen, dass sich Lund mindestens genauso deutsch wie dänisch fühlte, wie andere Holsteiner auch. Jedenfalls schrieb und sprach er beide Sprachen. Davon abgesehen begann er seine Ausbildung an der Kunstakademie in Kopenhagen – wie es für einen Holsteiner normal war – und sein gesamtes berufliches Streben zielte seit Anfang des 19. Jahrhunderts auf eine Professur an der dänischen Kunstakademie, die er 1818 schließlich auch bekam. Er bekleidete diese Stellung fast fünfzig Jahre lang. Weder Lund noch die Kunstakademie sahen in der holsteinischen Herkunft also ein Hindernis für die Karriere in einem dänischen Kontext und wenn Lund beispielsweise den Ausdruck „Landsleute“ gebrauchte, meinte er seine dänischen Kollegen und Bekannten.
Soweit bekannt, machte Lunds ethnische Herkunft zu Lebezeiten keine Schwierigkeiten, aber danach konnte die dänische Kunstgeschichte es nicht mehr so leichtnehmen. Hannover schreibt zwar nicht explizit, die Ursache für Lunds „bleiche und blutleere” Kunst läge darin, dass er zu deutsch sei. Allerdings brauchte Hannover diesen Zusammenhang nur anzudeuten, denn 1902 ließ sich ein Œuvre nicht besser deklassieren als ihm das Etikett ‚deutsch‘ anzuhängen. Dies gelang aus mindestens drei eng miteinander verflochtenen Gründen:
Erstens musste insbesondere die Bildkunst für diejenigen Begriffe vom Dänentum herhalten, die während der nationalromantischen Erweckung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder gebraucht oder neu formuliert wurden. Man gewinnt fast den Eindruck, die Nationalidentität wäre wie neu geboren aus den Landschaftsgemälden des Goldenen Zeitalters erblüht. Und es fiel Eckersberg und seinen Schülern zu, anfangs besonders von dem dänischen Kunsthistoriker N.L. Høyen und später von vielen anderen als Pioniere des Dänentums kanonisiert zu werden. Bei Eckersberg & Co. würden dänische Natur und dänische Gesinnung in einem übergeordneten Ganzen aufgehen, so wird behauptet. Auch Künstler, die nicht Eckersbergs Akademieschüler waren, wie beispielsweise P.C. Skovgaard und Johan Thomas Lundbye – merkwürdigerweise beide Lund-Schüler – schlug Høyen den Pionieren des Dänentums zu. Als Chefideologe des nationalen Dogmas sorgte er dafür, dass Skovgaard und Lundbye in einer Richtung beeinflusst wurden, die ausschließlich mit der dänischen parallel verlief. Wie mehr oder weniger direkt aus dem Hannover-Zitat hervorgeht, verstand man Lund als Gegenpol zu Eckersberg. Seine Kunst passte nicht in den Eckersbergschen Kanon von richtig dänischer Kunst, der im Laufe des 19. Jahrhunderts mehr und mehr die Oberhand gewann. Darin besteht Lunds größtes rezeptionshistorisches Problem.
Der zweite Grund für die Antipathie gegen das Deutsche im dänischen Kunst- und Kulturleben seit den 1830er Jahren hat natürlich mit den politischen Beziehungen zwischen dem Königreich Dänemark und den Herzogtümern zu tun. Die Deutsch-Dänischen-Kriege in den Jahren 1848-1851 und 1864 waren ja die Kulmination dessen, was damals ein sprachlicher, kultureller und nationaler Konflikt zwischen dänisch und deutsch war. Und der Graben wurde dadurch nur noch tiefer, weil die Schleswig-Holsteiner bekanntlich in beiden Kriegen von verschiedenen deutschen Staaten unterstützt wurden. Der Verlust der Herzogtümer 1864 führte nicht nur zu einer territorialen Beschneidung des dänischen Reichs, sondern durch das „Wundfieber von Dybbøl”, wie Herman Bang das nationale Trauma nannte, auch zu einer gewissen mentalen Horizontverengung.
Auch für den Bereich der Bildkunst lässt sich behaupten, dass sich mit dem verlorenen Krieg die Aufmerksamkeit stärker auf das Inländische richtete. Was außen verloren war, sollte innen gewonnen werden. Für dieses Wiederaufbauprojekt war die Eckersbergschule hervorragend geeignet. Sie konnte als waschechtes, hausgemachtes Geistesprodukt vorgestellt werden, das auf fast wunderbare Weise aus der Kopenhagener Provinz erwachsen war. In gewisser Weise war die Niederlage von 1864 das Beste, das der dänischen Kunst des Goldenen Zeitalters passieren konnte. Die anspruchslosen Motive und deren nicht-monumentale Grundidee passten perfekt zur Stimmung nach der Niederlage. Und mit dem Dänentum als Hauptthema im Kulturleben nach 1864 konnte die Erzählung von Eckersberg und seinen Schülern als bildkünstlerischer Goldschatz der Nation mit rückwirkender Kraft gestärkt und gefestigt werden. Ohne 1864 wäre die dänische Kunst des Goldenen Zeitalters wahrscheinlich nicht in so enger, provinzieller Weise kanonisiert worden, wie es geschah.
Lund starb drei Jahre nach 1864 und auch wenn von einer bewussten und erklärten ethnischen Säuberung der dänischen Kunstgeschichte nicht die Rede sein kann, so hatte die holsteinische Herkunft eines Künstlers nach 1864 doch zur Folge, dass sich der Nebel des Vergessens über den Betreffenden legte. Und das galt nicht nur für Lund, sondern auch für viele andere dänische Künstler des Goldenen Zeitalters mit holsteinischer Herkunft: Ditlev Blunck, Heinrich Buntzen, Louis Gurlitt, Ditlev Martens, Ernst Meyer und Friedrich Thøming. Holsteinische Künstler des 19. Jarhunderts waren viele Jahre lang fast gänzlich aus der dänischen Kunstgeschichte verbannt, vermutlich wegen deren national bedingter, enger Fixierung auf die Eckersberg-Schule.
Eine dritte Ursache, warum man die sogenannte deutsche Prägung von Lunds Kunst als Problem empfand, war seine Vorliebe für den Zusammenschluss deutscher Maler, die sich selbst Lukas-Brüder oder Lukas-Bund nannten, aber besser unter dem Namen Nazarener bekannt wurden. Sie wirkten ab 1810 in Rom und versuchten, deutsche Malkunst mit neuer Innerlichkeit wiederzuerwecken, indem sie auf eine religiöse Motivsphäre der Renaissance und der Zeit davor zurückgriffen. Lund war von den Arbeiten seiner Kollegen so berührt, dass man ihn einen dänischen Nazarener nannte. Als er 1816 zum zweiten Mal nach Rom kam, suchte er den tonangebenden Nazarener Johann Friedrich Overbeck auf und schrieb in einem Brief über diesen Besuch:
Sein letztes Gemälde ist wunderherrlich und würde allein schon genug sein, um ihn zu den ersten Künstlern unsrer Zeit zu zählen. Eine Innigkeit der Empfindung, eine Reinheit des Stils und der Zeichnungen, schöne Formen, lebendiger Ausdruck, und eine liebliche Farbengebung, sind in hohem Grade in diesem Gemälde vereinigt.
In der dänischen Kunstgeschichte sieht man Lunds Faible für die Nazarener jedoch als unglückliche Neigung. Der Kunsthistoriker Karl Madsen schrieb z. B. im 1901-1907 erschienenen Übersichtswerk Geschichte der Kunst in Dänemark (Kunstens Historie i Danmark) über Lunds Verhältnis zu den Nazarenern: Er „wurde […] von den deutschen Malern beeinflusst, die versuchten, die heilige Frömmigkeit und Unschuld zurückzugewinnen, wie sie vermeintlich Raffaels Vorgänger auszeichneten.“ Und unmittelbar daran anschließend fertigt er Lunds Historiengemälde als „schrecklich blutleere, leblose und farblose große Maschinen“ ab. In der dritten Ausgabe von Weilbachs Künstlerlexikon (Weilbachs Kunstnerleksikon) von 1949 charakterisiert die Kunsthistorikerin Dyveke Helsted Lunds Stil als „romantischen Klassizismus, in dem Farbe und Komposition gleichermaßen trocken und blutleer waren. Gleichzeitig hat er starke Eindrücke vom Nazarener-Kreis empfangen, was besonders in Lunds zahlreichen Altarbildern für dänische Kirchen Spuren hinterlassen hat. Allen Arbeiten Lunds gemein ist ein etwas süssliches, elegisches Gepräge.“ Wird Lunds Verhältnis zu den Nazarenern erwähnt, scheint ihm immer das Attribut „blutleer“ anzuhängen. Es findet sich bei Hannover, Madsen und bei Helsted – und gehört ganz deutlich zu den herabsetzenden Bewertungen, die sich im Urteil über Lund festgeschrieben haben.
Auch sollte man in dem Zusammenhang näher betrachten, wie Helsted das Adjektiv „süsslich“ gebraucht. Wenn ein Kunsthistoriker etwas als „süssliche Prägung“ aburteilt, ist meist nur eine höfliche Umschreibung für Kitsch gemeint. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass die religiös betonte Innerlichkeitsanbetung der Nazarener und die Tatsache, dass die meisten Mitglieder der Künstlergruppe in Rom zum Katholizismus konvertierten, scheint Helsteds „süssliches Gepräge“ elegant anzudeuten, dass Lunds Kunst eigentlich nur katholischer Kitsch sei. Seine Bilder waren zu süsslich, zu blutleer, zu fromm, zu innerlich und damit zu fremdartig für einen dänischen, das heißt hier gesunden, nüchternen, erdverbundenen, protestantischen Kontext. Alles natürlich simplifizierte, kulturelle Klischees, deshalb aber nicht weniger wirksame Mittel für eine verurteilende Kunstgeschichte. „Blutleer“ und „süsslich“ sind als Symptome zu verstehen, die durch die Kunst der Andeutung den Schleier von ernsten Mängeln eines Künstlers lüften, der sich zu viel von deutscher Kunst und den Nazarenern abschaute.
Zu idealistisch
Das andere Hauptdogma, das die Rezeption von Lund kennzeichnet und auch Hannovers spöttische Kritik des Künstlers prägt, hat mit dem Begriff vom Idealismus zu tun. Lund wird ganz deutlich als „Idealist“ verstanden. Doch ist der angebliche Idealismus hier „nur eine zeitgemäße Form“, das heißt eine flüchtige Modelaune „ohne Grundlage in einem Studium der Wirklichkeit“ – so behauptet es Hannover im Zitat aus dem Band Die dänische Malkunst. Idealismus wird also Naturalismus / Realismus gegenübergestellt. Dem schließt sich Karl Madsen in seiner vernichtenden Erklärung an: Lund „galt als Ritter des ‚Idealismus‘, Eckersberg dagegen als Vertreter des ‚Realismus‘“.
Diese Angewohnheit, die beiden Künstler einander gegenüberzustellen, war in der Lund-Rezeption nicht neu: Schon der Schriftsteller J.L. Heiberg wies 1838 – zu Lebzeiten des Künstlers – darauf hin, dass „mehrere Arbeiten des Herrn Prof. Lund einen interessanten Platz in der dänischen Malkunst [einnehmen]; denn […] er [zeigt] sich als einer der wenigen Idealisten in der großen Masse roher Realisten, von denen es in dieser Kunst wimmelt.“ Der von Hegel inspirierte Heiberg sah im Idealismus bedingungslos den richtigen Weg für die Bildkunst. Das tat Hannover ganz deutlich nicht. Wie Heiberg positioniert er zwar den „Realisten“ Eckersberg als Gegenpol zum „Idealisten“ Lund, wenn er berichtet, ihr Aufenthalt an der Schule von Jacques-Louis David in Paris habe ihnen jeweils völlig Verschiedenes mitgegeben – aber er tut dies mit umgekehrten Vorzeichen. Eckersberg habe deutlich mehr davon gehabt, da er es verstand „den realistischen Geist des Unterrichts zu entdecken und festzuhalten“. Und Eckersberg verdient auch Hannovers Lob, denn ihm scheint es als Einzigem von Davids vielen Schülern gelungen zu sein, sich nur auf einen „realistischen Geist“ zu konzentrieren und die Augen fest vor der französischen, neoklassizistischen Bevorzugung des „schönen Ideals“ und der idealistischen Historienmalerei zu verschließen. In Hannovers Verständnis wurde Eckersberg freigesprochen, anders als Lund, der bedauerlicherweise mit einem idealistischen Bazillus aus Davids Werkstatt infiziert wurde.
Nun sind aber weder Idealismus noch Realismus eindeutig definierte, kunstgeschichtliche Begriffe. So schwierig es sich feststellen lässt, ob ein Kunstwerk dänisch oder deutsch ist, so schwierig ist auch seine eindeutige Zugehörigkeit zu Idealismus und Realismus zu bestimmen. Wie ließe sich denn etwa messen, dass Lund einen hohen Idealismuswert, aber einen niedrigen Realismuswert erreichte, und dass dies bei Eckersberg genau umgekehrt sei? Natürlich gibt es in den Werken der beiden Maler Unterschiede. Aber allein vom Begriffspaar Idealismus-Realismus ausgehend lässt sich kaum ein derart großer Abstand zwischen Lund und Eckersberg feststellen wie es Kunsthistoriker früher zu können meinten. Heute durfte das gängige Urteil übrigens lauten, dass Eckersberg einer der größten Idealisten der dänischen Kunst war.
Obwohl die beiden Begriffe so unscharfe Konturen haben, sind sie in der Lund-Rezeption häufig anzutreffen. Der Grund ist, dass Idealismus-Realismus ein pädagogisch hervorragendes Gegensatzpaar ergeben, um die good guys der Kunstgeschichte den bad guys gegenüberzustellen. Das Prädikat idealistisch für Lunds Werke ist mehr ein Klischee als ein beschreibendes und die Augen öffnendes Werkzeug. Aber für eine urteilende Kunstgeschichte hat ein Klischee den Vorteil, das bewerten zu können, wovon das Klischee zu reden behauptet. Man errichtet eine Hierarchie und in der Lund-Rezeption soll man beim Begriff Idealismus die Nase rümpfen, im Gegensatz zu einer vom realistischen Geist geprägten Kunst. „Four legs good, two legs bad“, wie die Schafe in George Orwells Animal Farm (Farm der Tiere) blöken.
Idealismus und Theorie
In der Kunstgeschichte wird der Begriff Idealismus häufig mit einem theoretischen Zugang zur Kunst verbunden. Genau diesen Zusammenhang hat in der Lund-Rezeption zum Beispiel der Kunsthistoriker Henrik Bramsen aufgezeigt. Im Übersichtswerk Die Dänische Malkunst von 1937 schreibt er zu Lunds Anstellung als Professor an der Kunstakademie: „Dass man diesen Maler von so geringem künstlerischen Gewicht gewählt hat, mag merkwürdig erscheinen, ist aber leicht zu erklären. Er repräsentierte nämlich Thorvaldsen in der dänischen Malerei und auf Thorvaldsen richtete sich das Streben der jungen Maler mit dem schwebenden Idealismus und der theoretischen Einstellung, wie sie für das romantische Fühlen charakteristisch sind.“ Bramsens Verbindung von Idealismus und Theorie wirkt unmittelbar verständlich, wogegen das dritte Element – das romantische Fühlen – hier deplaziert erscheint. Aus dem folgenden Text geht aber hervor, dass „romantisch“ in diesem Zusammenhang nur eine Sammelbezeichnung für alles Anti-Eckersbergsche ist. Auch wirkt vielleicht überraschend, dass Thorvaldsen als Vorbild für Lunds angeblich theoretisch begründeten Idealismus genannt wird, aber wahrscheinlich meint Bramsen vor allem das intellektuelle Umfeld in Rom, zu dem zeitgleich sowohl Lund als auch Thorvaldsen gehörten. Dort konnten sie Anfang des 19. Jahrhunderts kunsttheoretische Fragen mit scharfsinnigen Köpfen erörtern, wie zum Beispiel mit dem Kunsthistoriker Carl Ludwig Fernow, dem Archäologen Georg Zoëga, dem Sprachwissenschaftler Wilhelm von Humboldt, der Schriftstellerin Friederike Brun und dem Schriftsteller August Wilhelm Schlegel.
Aber warum wird eine idealistisch-theoretische Position überhaupt diskreditiert? Was soll daran falsch sein? Der Kunsthistoriker Julius Lange sucht in seinem Buch Sergel und Thorvaldsen (Sergel og Thorvaldsen) aus dem Jahr 1886 eine Erklärung. Dort berichtet er im Kapitel Germanisch und Klassisch (Germansk og Klassisk) von einer besonderen, nordeuropäischen – nämlich germanischen – Tradition eines spekulativen, ideenbasierten eben idealistischen Zugangs zur Kunst. Lange zufolge neigten die Nordeuropäer, das heißt Briten, Deutsche, Niederländer und Skandinavier dazu, die Kunst in theoretische Ästhetik einzukapseln und sich über ein ,natürlicheres‘ Kunstverständnis zu erheben, wie es den Südeuropäern, also Franzosen und Italienern eigen war. Er illustriert seinen Standpunkt mit einem neoklassizistischen Subgenre, der sogenannten Attitüde. Gemeint ist eine Art Performance, für die eine Frau (und zwar immer eine Frau) in Draperien gehüllt bestimmte skulpturale Posituren – oder Attitüden – einnimmt. Jede Stellung wird einige Augenblicke gehalten, bis die Performancekünstlerin eine neue einnimmt. Meist wurden bekannte, antike Statuen ,wiederaufgeführt‘. Lange erzählt, dass besonders Nordeuropäer diese Kunstform pflegten. Der Britin Emma Hamilton gebühre die Ehre, sie erfunden zu haben, aber die Dänin Ida Brun, Friederike Bruns Tochter, habe die Posierkunst fortgeführt und sei dafür von Lund und Thorvaldsen sehr bewundert worden.
J.L. Lund: Porträt von Ida Brun mit Aussicht über Rom im Hintergrund, 1811
Ehemaliger Herrensitz Sparresholm. 2013 verbrannt
Lange hat jedoch kein Interesse an den Attitüden an sich. Er sieht sie als Symptom eines allgemein verkorksten Kunstverständnisses, in dem „das Verhältnis der Kunst zum Leben auf den Kopf gestellt wird.“ Er erklärt, wirkliche Kunst müsse die Realität imitieren und nicht Motive aus der Bildkunst wiederholen, wie die Attitüden: „Natürlich ist, wenn eine Statue das Menschenleben repräsentiert, nicht, wenn das Menschenleben die Statue darstellt.“ Darum seien die Attitüden „falsch“, sie hätten keine Verbindung zu Leben und Wirklichkeit, sie würden nur einem „verqueren“ Interesse an der Kunst entspringen, während echte Kunst einem Interesse am Leben entspringe, so Lange. Die Attitüden-Mode sei ein Nebeneffekt einer Kunstanschauung, die von spekulativer Ästhetik aufgeweicht sei. Diese Kunstanschauung floriere im „germanischen“ Europa derart, dass „das philosophische System – insbesondere das Hegelsche – als Hauptschlüssel zur Welt von Geist und Kunst galt: Dies verinnerlicht zu haben, hielt man für wichtiger, als sich mit wirklicher Kunst beschäftigt zu haben.“ Diese kunstphilosophische Herangehensweise habe nach Lange also nichts mit richtiger Kunst zu tun. Sie verhalte sich zur Kunst „wie eine tiefsinnige Kuh zu einem roten Tor!“, schreibt er. Und der Hang zu „Reflexion und Dialektik” habe „in Deutschland und im Norden die Debatte bestimmt!“ Laut Lange sei Dänemark trotzdem von „den gefährlichen Folgen der deutschen Kunstphilosophie für die Kunst“ ziemlich verschont geblieben, insbesondere durch Thorvaldsen, weil dieser sich lange in Südeuropa aufgehalten habe (!), und durch den glücklichen Einfluss Eckersbergs und Høyens.
Wie man sieht, wiederholte Lange Klischees. Er etablierte eine eindeutige Hierarchie zwischen einer idealistischen Kunst, die nur die Kunst selbst imitiere und damit falsch, spekulativ und germanisch sei, und einer realistischen Kunst, die das Leben imitiere und damit echt und natürlich sei. Langes Betrachtung der Attitüden lieferte also die notwendige, ideologische Legitimation, um über die Kunst zu urteilen, die angeblich eine idealistische Schlagseite hatte. Und wie man sieht, scheint Hannovers Urteil über den angeblichen Idealismus Lunds deutlich von Langes Hierarchie beeinflusst worden zu sein.
Idealismus und Historienmalerei
Die anti-idealistische Tradition in der dänischen Kunstgeschichte ging Hand in Hand mit der Kritik an der Historienmalerei, die seit der Jahrhundertmitte aufkam. Bis dahin hatten die Kunstakademien die Historienmalerei als höchste Kunstform gelehrt. Aber ungefähr ab der Jahrhundertmitte traf Kunst mit historischen, religiösen, allegorischen und mythologischen Motiven auf den Widerstand der modernistischen Kunst von Courbet, Manet, den Impressionisten und so fort. Es heißt, modernistische Bildkunst sei beinahe der Gegenpol zum Traditionsbewusstsein der Historienmalerei und zu deren Ausgangspunkt in Textvorlagen. Die modernistische Kunstanschauung siegte so überzeugend, dass sie sogar rückwirkend bestimmte, welche Werke des Œuvres vorheriger Künstler nun anerkannt wurden. Für die dänische Kunst des Goldenen Zeitalters folgte aus der modernistischen Neuformulierung des Kanons, dass die Werke, die auf Freiluftstudien und Impressionismus vorauswiesen, in den Parnass erhoben wurden. Alles, was dagegen nach Historienmalerei aussah, wurde von der Kunstgeschichtsschreibung aussortiert und landete sozusagen auf dem Schrottplatz. Bei Eckersberg zum Beispiel schafften es insbesondere seine römischen Prospekte, seine Porträts und seine Seestücke auf die modernistische Positivliste, während seine Altarbilder und Bilder zur dänischen Geschichte verdrängt wurden. Und aus demselben antiidealistischen, naturalistischen Dogma heraus erhielten gezeichnete und gemalte Landschaftsskizzen beispielsweise von Lundbye, Skovgaard und Købke einen höheren Status als die sogenannten fertigen Gemälde, die noch immer einem akademischen Finish und den Konventionen der Tradition verpflichtet waren. Ein modernistischer Bildkünstler sollte sich von der Historienmalerei freimachen und den Blick auf die zeitgenössische Wirklichkeit richten – wie beispielsweise im Impressionismus geschehen. So ist es nicht übertrieben zu sagen, dass die dänische Kunst des Goldenen Zeitalters später nach einem proto-impressionistischen Dogma eingestuft wurde. Für Lund, den Karl Madsen ironisch den „vornehmsten, offiziellen Repräsentanten der dänischen Historienmalerei zu Anfang des 19. Jh.“ nannte, bedeutete dies, dass sein Œuvre von den späteren Kritikern der Moderne noch weiter herabgestuft wurde.
Der Konsens zu Lund
Wie aus dem Obigen hervorgeht, ist Hannovers Text mit seiner kritischen Haltung zu Lund kein Einzelfall. Aber weil dennoch verhältnismäßig wenig über das Werk des Künstlers geschrieben wurde – und wenn, dann meist nur in Form kurzer Erwähnungen in Übersichtswerken – ist es zunächst unbegreiflich, wie sich der negative Konsens nach und nach ausbreitete. Emil Hannover und Karl Madsen hatten eine mächtige Stellung im dänischen Kunstleben um 1900. Ihre Position und ihr auch wichtiger Beitrag zur Forschung über das Goldene Zeitalter brachten es offenbar mit sich, dass ihre kritische Einstellung zu Lund übernommen wurde. Ihr Urteil entschied somit darüber, wie dessen Werk künftig zu sehen sei. Sie sind der Angelpunkt für die Entstehung des negativen Konsenses zu Lund. Aber das Fundament war bereits früher gelegt worden. Hier einige Beispiele.
Für die dänische Kulturzeitschrift Athene, die 1813-17 erschien, trat der Schriftsteller Peder Hjort als Kunstkritiker auf. Er war von Natur aus Polemiker und jedes Mal, wenn er sich mit Lund beschäftigte, bekam der Maler gewaltige Hiebe ab. Die Kritik zu Lunds Altarbild Christus in Emmaus (1815), heute in der Øster Hæsinge Kirche auf Fünen, gibt dafür ein charakteristisches Beispiel. Hjort bezeichnet das Gemälde von vorn herein als nicht „gelungene Arbeit“. Es habe „die ganzen wesentlichen Fehler“ Lunds früherer Werke: „Das ganze Stück ist wieder misslungen“. Christi Kopf sei „vollkommen verfehlt“, ihm „fehlt völlig die Seele“; der Bart sei „gezwungen und ausgepinselt“; das Haar sei „unnatürlich“; Christi Gewand sei Ausdruck des „phantasievollen Wirrwarrs der Romantik“, die Gewänder der beiden Jünger „sind weder schlicht noch natürlich“; der eine Jünger sei insgesamt „kränklich und matt“; „die Tischdecke ist sehr gut“(!), das Service aber „merkwürdig“, und die drei Äpfel ähneln „bunten Porzellankugeln“; das Brot sei ein „veritables Weißbrot“ und nicht das historisch korrekte, flache ungesäuerte Brot; der Hintergrund sei „misslungen“; die „Luftperspektive ist vernachlässigt“; das Gesamte sei flach; und „dem ganzen Gemälde fehlt, ebenso wie Christi Gesicht, jedwede Seele, ohne welche Natur und Wahrheit, Leben und Bedeutung nicht möglich sind.“ Und so weiter.
Hjort genoss es offensichtlich, Lund dieser frenetischen Pedanterie auszusetzen, auch in seinen anderen Artikeln. Das Auffälligste an diesen Hagelschauern ist, dass sie Lunds Werke ganz ohne Begründung und Argumente treffen. Hjort stellt lediglich Behauptungen auf und je mehr Details er misslungen findet, desto schriller werden seine Worte. In einer späteren Lund-Besprechung schreibt er einen Metakommentar über das Kritisieren: Gelte es „ein reines und unvoreingenommenes Urteil“ zu fällen, so werden „von Neid und feindlichen Leidenschaften getriebene“ Kritiker sich selten der Aufgabe „als Kunstrichter […] gewachsen zeigen.“ Das muss ein Freudscher Versprecher oder eine unfreiwillige Selbsterkenntnis sein. Denn eine mögliche Erklärung für Hjorts überfallartige Kritik an Lund in der Athene zwischen 1814 und 1817 kann lauten, dass er von einem „feindlichen“ kunstpolitischen Wunsch getrieben war, Lund möge die wichtige Professorenstellung, die zwischen 1809 und 1818 in der Kunstakademie unbesetzt war, nicht bekommen. Bekanntlich misslang das Vorhaben.
1838 veröffentlichte der Pfarrer K.F. Wiborg eine Besprechung der jährlichen Ausstellung der Kopenhagener Kunstakademie. An dieser beteiligte sich Lund unter anderem mit dem Gemälde Die Anbetung der Sonne. Das Bild hatte Wiborg so sehr beschäftigt, dass er es über mehrere Seiten sezierte. Er zählt detailliert die Fehler auf, die er in dem Gemälde zu sehen meinte: Das Motiv oder die Idee im Werk sei „misslungen“, die Figurentypen seien falsch, ebenso Gesichter, Füsse, Arme, Haar, Draperien und andere Details und weiterhin auch Natur, Landschaft, Jahreszeit, Wolken, Meereswellen und Bäume – alles ist in Wiborgs Augen fehlerhaft. Schließlich kommt der Kritiker sogar mit einem Vorschlag, wie Lund sein Bild hätte malen, wie „das Sujet auffassen sollen.“ Es ist verblüffend und auch unterhaltsam, eine Kunstkritik wie Wiborgs aus dem 19. Jahrhundert zu lesen, weil sie sich mit ihrer detaillierten Rüge eines Künstlers Freiheiten herausnimmt, die sich heute niemand anmaßen würde. Wiborgs Urteile beruhen, wie auch die von Hjort, eher auf Postulaten als auf Analysen, wenn es um die eigentliche Bildbetrachtung geht – obwohl Wiborg seine ganze Ausstellungsbesprechung in einen komplizierten und offensichtlich irrelevanten Begriffsapparat verpackt, auf den hier nicht näher eingegangen werden soll. Vielleicht schließt Wiborg genau wegen dieser Lücke zwischen Theorie und Praxis freundlich mit der Folgerung, „das Gemälde müsse trotz seiner Schwächen einen angenehmen Eindruck machen.“ Das überrascht, nachdem er zuvor an der Anbetung der Sonne kein gutes Haar gelassen hatte.
J.L. Lund: Die Anbetung der Sonne, 1838
Staatsratssaal, Schloss Christiansborg
In der dänischen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts wurde Hannovers und Madsens Lund-Doktrin im Wesentlichen unverändert weitergeführt. In dem fünfbändigen Werk Dänische Kunstgeschichte (Dansk Kunsthistorie), Anfang der Siebzigerjahre erschienen, fällt ins Auge, dass ein eigenständiger Abschnitt über Lund fehlt. Keines seiner Werke wurde überhaupt einer Erwähnung würdig empfunden. Er wurde weiterhin marginalisiert und nur en passant in der Rolle des Akademieprofessors erwähnt, der seinen Studenten, wie beispielsweise Lundbye, die Romantik vermittelte. Über Lunds Gesamtwerk fällt nur ein kurzes, unanfechtbares Urteil: „Lund imponierte nicht durch seine Kunst […] [ihm] fehlte es an der Fähigkeit, seine Gedanken bildlich auszudrücken. Er hatte keinen augenfälligen Stil. Seine Bilder sind zwar schön gedacht, aber nichtssagend ausgeführt.“ Keine Begründung, nur Ablehnung.
Etwas nuancierter geht es in dem Buch Alltagsbilder (Hverdagsbilleder) des Kunsthistorikers Kasper Monrad aus dem Jahr 1989 zu. Dort werden Lunds große Ausschmückungen für Schloss Christiansborg mit Motiven aus der dänischen Religionsgeschichte besprochen. Aber auch hier lautet das abschließende Urteil für das Hauptbild Die Einführung des Christentums in Dänemark, es wirke „ziemlich zahm und ihm geht jede Dynamik in der Gruppierung und Charakteristik der Figuren ab.“ Derselbe Autor behandelt mehrere Werke Lunds ausführlich in dem 1990 erschienenen Ausstellungskatalog Zwischen Göttern und Helden (Mellem guder og helte). Dort wird Lund endlich sichtbar und in einen relevanten kunsthistorischen Kontext gestellt. Aber doch muss ein Urteil wie über Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche, 1803-1807 offenbar per Fachautomatismus gefällt werden. Angeblich vermittle das Gemälde einen „ziemlich unübersichtlichen Gesamteindruck“, es sei „in technischer und künstlerischer Hinsicht“ von „Anfängerschwierigkeiten“ geprägt, und außerdem fehle ihm eine „persönliche Interpretation“ und „Dynamik.“
Dogmen und Urteile
Nach gründlicher Lektüre des Hannover-Textes entsteht hoffentlich ein Bild vom Konsens über Lunds Kunst. Hier wird behauptet, seine Werke seien vergessen, weil sich die Auffassung verbreitete, sie seien undänisch und zu idealistisch. Diese Prädikate geben jedoch in weit höherem Maße Dogmen oder kulturelle Klischees wider als eine präzise oder sachliche Aussage über Lunds Werke. Diese ungenaue Dogmatik ging Hand in Hand mit der urteilenden Fachtradition der Kunstgeschichte. Früher war es die übliche Praxis, dass ein Kunsthistoriker das legitime Recht hatte – oder vielleicht sogar die Pflicht –, sogenannte ästhetische Beurteilungen zu äußern, das heißt Urteile, die er nicht argumentativ begründen musste. Diese Kombination aus Dogmen und Urteilen führt dazu, dass man in der Lund-Literatur immer wieder auf unbegründete und unverständliche Behauptungen stößt. Lunds Kolorit wird zum Beispiel häufig als Problem bezeichnet, ohne dass erklärt wird, worin genau das Problem besteht.
Das Bewusstsein vom unpräzisen Charakter kunsthistorischer Bezeichnungen ist nicht neu. Schon seit Jahren wird die dogmatische und verurteilende Praxis des Fachs kritisiert. Der Leser mag sich deshalb fragen, warum man sich überhaupt mit den rezeptionshistorischen Problemen in Lunds Werk befassen soll, wenn diese doch keine Gültigkeit mehr haben? Die Antwort lautet, dass der Lund-Konsens in der Kunstgeschichte durch eine gewisse institutionelle Trägheit andauert. Nur indem man auf ihn hinweist und die Aufmerksamkeit für seine kleinen und großen Wirkungen schärft, wird es möglich, Lunds Werk aus dem Sumpf zu ziehen, in den es geraten ist. Möglicherweise ist es das, was sich der Kunsthistoriker Philip Weilbach schon 1895- 1896 in aller Bescheidenheit erhofft hatte. Damals schrieb er in seinem Künstlerlexikon, vielleicht würde man künftig Lunds Werk mit anderen Augen sehen, weil „die zeitweise ohne Schonung getroffenen Urteile nicht auf einer vollständigen und unparteiischen Meinung von der Arbeit des Künstlers beruhen.”
In der Lund-Rezeption gibt es also auch Stimmen, die sich eher wertneutral äußern. Es fällt zum Beispiel auf, dass in der deutschen Lund-Literatur – soweit bekannt – mit keinem Wort ein negatives Urteil über dessen Werk gefällt wird. Es überrascht nicht, dass die deutsche Herkunft hier kein Problem darstellt. Auch der Kunsthistoriker Mogens Nykjær nimmt eine klare und informative Analyse von Lunds religionshistorischer Serie auf Christiansborg vor anstatt den Leser in sein persönliches, ästhetisches Urteil einzuweihen. Er versteht es sogar problemlos, die Serie als bildkünstlerische Manifestation eines dänisch-nationalen Geistes zu lesen (!). Hannemarie Ragn Jensen ist die dänische Kunsthistorikerin, die sich am meisten mit Lund beschäftigt hat. Ihr gebührt die Ehre, sein Werk „wiederentdeckt“ zu haben, hat sie es doch seit den Siebzigerjahren in mehreren Artikeln behandelt. Sie hat etliche Quellen gefunden und die verschiedenen Facetten des Werks sorgfältig präsentiert. Aber an einzelnen Stellen zeigt sich, dass es selbst Ragn Jensen in ihrer loyalen Lund-Analyse schwerfiel, die Dogmen der Fachtradition abzulegen. Beispielsweise bemerkt sie zusammenfassend zu Lunds Altarbildern, sie seien geprägt von einer „gewissen Trockenheit“ und einem „Mangel an kompositioneller Phantasie“. Scheinbar nur ein unbedeutendes Detail, aber es verrät doch, dass der negative Konsens über Lunds Werk so stark war, dass man nicht umhin kann, für diesen nun Abbitte zu leisten.
B. Ein Vorschlag zur Neuinterpretation: Eine zweigliedrige Struktur
Versuchen wir es einmal anders. Wenn wir verstehen wollen, was Lunds Werke uns zeigen möchten, müssen wir sie einfach wieder ansehen. Hier wird vorgeschlagen, seine Kunst häufig nach einem bestimmten Muster strukturiert zu sehen, das er immer wieder durch sein ganzes Werk hindurch benutzt. Dieser feste Satz an Gestaltungsmitteln hatte das Ziel, die Historienmalerei in eine gefühlvollere Richtung zu lenken und sie auf diese Weise zu modernisieren.
Das erste und größte Gemälde aus Lunds religionsgeschichtlicher Serie für Christiansborg, Die Einführung des Christentums in Dänemark, illustriert sehr klar sein künstlerisches Verfahren. Das Gemälde zeigt Ansgar, den Apostel des Nordens, vermutlich in Haithabu vor einer gemischten Versammlung aus Heiden und Neuchristen predigend. Sie haben um den Missionar einen Kreis gebildet und lauschen aufmerksam der christlichen Botschaft. N.L. Høyen hat anlässlich seiner Präsentation an der Kunstakademie in Kopenhagen 1827 eine Einführung zu dem Gemälde geschrieben. Für ihn war es die Aufgabe der Malerei, möglichst viele Gefühlsregungen widerzugeben: Ansgars Zuhörer seien „von den verschiedensten Gefühlen durchströmt“, „je nach Alter drücken sich die inneren Gefühle verschieden aus“ und „in wirklich unterschiedlicher Weise wird die christliche Lehre aufgefasst“. Man sieht tatsächlich die uneinheitliche Wirkung von Ansgars Worten bei den vielen Figuren, die ihm zuhören: Häuptling, Bauer, Adliger, Barde, Fischersfrau, Jäger, Jungfrau, Krüppel, Junge und Alte, beleidigte Wikinger oder Frauen, deren „weicheres Herz eher von der milden Lehre angesprochen wird“. Lund war also bestrebt, alle Personen und alle Aspekte der Gefühlswert einzubeziehen. Das Gemälde zeigt keine Handlung, stattdessen wird nur gedacht und gefühlt. Die Wirkung von Ansgars Worten ist also im Äußeren kaum sichtbar. Sie verrät sich nur in kleinsten physischen Regungen, gerade genug, um zu verstehen, dass die Worte starke innere Bewegungen auslösen. Es ist ein Werk, das die vielen Facetten der Innerlichkeit zeigen möchte.
J.L. Lund: Die Einführung des Christentums in Dänemark, 1827
Statsrådssaal, Schloss Christiansborg, Kopenhagen
Lunds Motiv ist nach einem ganz einfachen, aus zwei Elementen bestehenden Muster strukturiert: Ins Zentrum eines Werks – in dieses wie in viele andere – stellt Lund einen Katalysator, ein Auge des ‚Orkans’, wogegen der andere Teil aus einer Reihe von emotionalen Reaktionen darauf besteht. Die beiden Elemente verhalten sich wie Ursache und Wirkung. So lösen Ansgar und das Kruzifix neben ihm die ‚Handlung‘ aus, die Zuhörer reagieren auf sie mit ihren Gefühlen. In Die Einführung des Christentums in Dänemark hat Lund noch eine zusätzliche Raffinesse eingebaut: In der Mitte hat die Versammlung ein Stück Erde freigelassen, in dessen Sphäre wir uns Ansgars Worte schwebend vorstellen können. Indem er in dem Figurenkreis um den leeren Platz noch eine Lücke lässt, bittet Lund die Betrachter des Werks ganz konkret, sich imaginativ an dieser Stelle zu den Zuhörern zu setzen; die Lücke verschafft uns Platz, am Gottesdienst teilzunehmen. Das leere Zentrum des Bildes wird zu einer Art Freiraum für die Vorstellungskraft der Betrachter, es ist eine Einladung to fill with your own imagination, wie man das viel später in der Kunstgeschichte nannte. Mit diesem romantischen Appel an die Phantasie unterstreicht Lund also seine Pointe, das Gemälde als einen Innerlichkeitskatalysator zu verstehen, sowohl für das, was wir abgebildet sehen, als auch für das, was wir uns vor unserem inneren Auge vorstellen können.
J.L. Lund: Die Kreuzigung, 1821
Holtug Kirche, Stevns, Dänemark
Dieselbe zweigliedrige Struktur zeigt sich in weit dichterer Form in Lunds Altarbild für die Holtug Kirche. Hier repräsentiert der gekreuzigte Christus der Katalysator des Bildes oder, anders gesagt, dessen unbewegter Beweger. In den drei weiteren Figuren – von links aus in der Jungfrau Maria, in Maria Magdalena und im Evangelisten Johannes – zeigen sich unterschiedliche Manifestationen der Trauer. Die Jungfrau Maria wendet ihren Blick von Christus ab und scheint nach innen gekehrt, offenbar vor Trauer erstarrt. Maria Magdalena bildet einen expressiven Gegenpol zu ihr. Sie kniet unmittelbar vor dem Kreuz. Der Linienverlauf ihrer Figur – von ihren erhobenen Armen, über das Haar und bis in die Gewandfalten, die sich teilweise noch auf dem Boden ergießen – lässt ahnen, dass sie gerade im Begriff ist, völlig in sich zusammenzusinken. In einer angestrengten Körperhaltung streckt sie noch ihre gefalteten Hände verzweifelt zu Christus empor. Ihre Arme rahmen die fahlen, bluttriefenden und ans Kreuz genagelten Füsse und unterstreichen den Kontrast zwischen Leben und Tod. Johannes repräsentiert eine Position zwischen der starren Ruhe der einen und dem offenen Trauerausbruch der anderen Frau ein. Auch er wendet sich Christus zu, trauernd, aber im inneren Gebet. Das Gemälde bringt also drei verschiedene Trauerphasen zum Ausdruck oder ein Register an Gefühlen, die Trauer und Tod auslösen können.
Lunds zweigliedriger Bildaufbau taucht in einer Reihe seiner wichtigsten Werke auf. Die Struktur lässt sich schematisch folgendermaßen darstellen:
Werk | Titel | Katalysator | Reaktionsagenten |
Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche | Achilles und Hektors Leiche | Fünf Figurengruppen des Vordergrunds | |
Pyrrhus und Andromache am Grabe Hektors | Der Sarkophag | Andromache, Astyanax und Pyrrhus im Vordergrund und die Griechen und Trojaner im Hintergrund | |
Die heilige Anna lehrt der Jungfrau Maria das Lesen | Buch | Anna und Maria | |
Die Kreuzigung | Christus am Kreuz | Maria, Maria Magdalena und Johannes | |
Die Einführung des Christentums in Dänemark | Ansgar und das Kruzifix | Die Zuhörer | |
Nordische Opferszene aus der Odin‘schen Zeit | Statue von Thor | Die Versammlung | |
Fronleichnamsprozession aus der katholischen Zeit Dänemarks | Die geistliche Prozession | Die Knienden | |
Die Anbetung der Sonne | Das Sonnenlicht | Die anbetenden Menschen | |
Lutherischer Gottesdienst | Das Abendmahl | Die übrige Gemeinde |
Wie schon angedeutet, scheint Lund sich häufig mehr für die Darstellung von Gefühlsreaktionen zu interessieren, als für das, was diese ausgelöst hat. Diese Behauptung wird durch die beiden Bilder mit Szenen aus Andromaches Geschichte in der Ilias bestärkt. In der Ölskizze zu Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche hat Lund ganz einfach im Hintergrund den Streitwagen des Achilles mit der Leiche Hektors, Andromaches Mann, ausgelassen. Im Zentrum stehen die in Ohnmacht fallenden Frauen vorn, wogegen die Ursache ihres Affekts weniger wichtig ist. Für Lund ist das emotionale Potenzial der mythologischen Szene die Hauptsache.
Skizze für
J.L. Lund: Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche
[aber ohne Hektors Leiche!]
Statens Museum for Kunst, Kopenhagen
In dem zweiten Andromache-Gemälde ist Hektors Grab das Bildelement, das Gefühle auslöst. Hektor wurde aber verbrannt und seine Asche kam in einen Grabhügel, sodass Lund hier die Geschichte ändern musste, damit sie in seine Bildstruktur passte. Ebensowenig wie die ganze Szene ein Vorbild in der Ilias hat, hat auch der große, graue Sarkophag keine literarische Grundlage. Dieser ist eine Erfindung Lunds, weil er am besten als Katalysator der Szene funktionieren konnte, ohne dabei jedoch selbst zum Mittelpunkt des Geschehens zu werden. Der Sarkophag ist – wie Christus in Holtug – eine Art unbewegter Beweger. Er ist Ursache des pathetischen Aufzugs, zu dem es davor kommt. Diese Manipulationen des Katalysatorelements in den beiden Andromache- Bildern zeigen, dass Lunds künstlerisches Streben nicht darin bestand, eine mythologische Szene korrekt nach ihrer literarischen Vorlage wiederzugeben und sie gleichsam zu illustrieren. Sein künstlerisches Streben war es, so die These, einen adäquaten Gefühlsausdruck zu schaffen.
J.L. Lund: Pyrrhus und Andromache an Hektors Grab, 1807-1811
Statens Museum for Kunst, Kopenhagen
Körper-Arabesken und Geschlechter
Ein zentrales Mittel in Lunds Projekt vom Gefühlsausdruck war ein besonderes Figurengruppen-Motiv, das in seinem Werk häufig vorkommt. Hier einige Beispiele aus Lunds erhaltenen Zeichnungen in der Kopenhagener Kupferstichsammlung:
Empfindsamkeitssphären
J.L. Lund: Mutter und Kind Kupferstichsammlung |
J.L. Lund: Figurengruppe. Frau und drei Kinder Kupferstichsammlung |
Er setzte häufig zwei bis vier Figuren zu einer geschlossenen Einheit zusammen, sodass sie gemeinsam einen Klumpen aus Leibern bilden. Mutter und Kind in einer Umarmung ist die Grundszene für diese Art der Figurengruppe und taucht in den Zeichnungen oft auf. Sind keine Kinder dabei, bestehen die Figurengruppen nur aus Frauen. Oft beugen sie den Nacken und krümmen den Rücken, sodass sie eine in sich geschlossene Einheit bilden. Hände und Arme schlingen sich um die Körper, Blicke begegnen sich und Draperien scheinen die Figuren noch enger zusammenzuwickeln. Glieder und Draperiefalten bilden mit weichen, wogenden Linien arabeskenartige Muster oder eine Art Körperknäuel. Mit diesen geschlechterspezifischen, intimen Figurengruppen schuf Lund in seinen Werken eine Reihe von emotional dichten Zonen. Genau solchen Gruppen kommt in beiden Andromache- Gemälden die Hauptrolle zu.
Zu Lunds Zeit hatte die dänische Kulturpersönlichkeit Sophie Ørsted einen Blick für das körpersprachliche Ausdrucksvermögen des Malers. Sie sah Pyrrhus und Andromache am Grabe Hektors 1812 in der Kopenhagener Kunstakademie ausgestellt. Sie hob die Gruppe mit Andromache und Astyanax – ihrem und Hektors Sohn – als Hauptmotiv des Gemäldes hervor und schrieb darüber entzückt:
Überwältigt von einem unendlich tiefen und edlen Schmerz sinkt der Arm zu Boden, in dem [Andromache] das Gefäß hält, das ihr für die Opferzeremonie diente […] man kann sich nichts Lieblicheres und Ohnmächtigeres denken als diesen Arm. Der andere Arm ruht auf dem Grab, ihre ganze Figur liegt wie hingegossen auf dem Grab des Geliebten […] Ihr Sohn kniet am Grab, schlingt seinen kleinen Arm um ihren herrlichen Nacken, sucht mit einer wehmütigen, unbeschreiblichen, liebenswerten, kindlichen Unruhe ihren Blick […] Sie schaut mit unerschütterlicher Bestimmtheit auf die Erde hinunter […]; dass ihre Blicke sich verfehlen, oder richtiger: Als sie nach etwas suchen, da gehen sie aneinander vorbei, das hat eine göttliche Wirkung.
Obwohl Ørsted Andromaches unglückliche Geschichte nicht erwähnt – sondern nur in dem körperlichen Pathos schwelgt – weist ihre Lesart doch auf die Komplikationen des Plots hin: Die Trojanerin Andromache wurde als Kriegsbeute dem Griechen Pyrrhus überlassen, der Sohn des Achilles war, Hektors Mörder, und Pyrrhus selbst trug später noch zu den Verwicklungen bei, indem er (einigen Quellen zufolge) Astyanax umbrachte. In der Szene kommt also nicht nur die Trauer vor, die wir direkt sehen können, sondern auch Entführung, Brutalität, Gewalt und Mord. Der Keim der tragischen Entwicklung scheint in Ørsteds unheilverkündender Beobachtung zu liegen, dass die Blicke von Mutter und Sohn „sich verfehlen“. Die Figurengruppe ist bedeutungsgeladen. Der zärtliche Kontakt zwischen Mutter und Sohn dient als Instrument, um das gesamte Drama der Geschichte im Bewusstsein des Betrachters zu entfalten.
Auch die Schriftstellerin Friederike Brun hatte einen Blick für Lunds pathosgeladene Körper-Arabesken. Sie veröffentlichte 1815 in der Athene einen längeren Artikel über Lunds Werke. Der Text gibt vor, ein Brief an Caroline von Humboldt zu sein, zweifellos um einen intimen, zu Lunds „stiller, innerlicher“ Kunst passenden Ton anschlagen zu können. Auch Bruns Beschreibungen kennen gruppierte Figuren, die hinsinken, gleiten, schmelzen, eingehüllt, gestützt werden usw. Über die zentrale Figurengruppe in Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche mit der in Ohnmacht fallenden Heldin sagt Brun: „Diese Gruppe zeigt, außer der inneren ästhetischen Schönheit eines gefühlvollen innerlichen Ausdrucks, zugleich die reizendsten Kontraste der weiblichen Lebensalter [die vier Frauen der Andromache-Gruppe]“, und: „Wie tief diese wahre pathetische Gruppe […] uns immer bewegt hat […], werden Sie, meine empfindsame Freundin, sicher noch deutlich in Erinnerung haben.“ Auch für Brun scheinen die unterschiedlichen Körperkonstellationen die Empfindsamkeitssphären der Kunst zu erzeugen.
Die fünf Körperknäuel in Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche
Siehe das ganze Gemälde unten
In der unteren linken Ecke hat Lund das rote Diadem und das Tuch gelassen, die Andromache im Augenblick vor der hier dargestellten Szene verlor, als sie entdeckte, dass ihr toter Mann auf der Ebene vor den Mauern Trojas weggeschleppt wurde. Diadem und Tuch hatte sie „von der goldenen Liebesgöttin selbst“ bekommen, als sie Hektor heiratete. Auf den ersten Blick ist der verlorene Haarschmuck nur ein dramatisches Requisit, damit wir Andromaches Schock noch stärker visualisieren können. Diadem und Tuch bilden aber auch ein Knäuel, das stark an Lunds Körperverwicklungen erinnert. Das Gemälde hier besteht insgesamt aus fünf Körpergruppen und Lund gibt deren Wirkweisen mit dem Haarschmuck ein selbstreflexives Diagramm bei: Wie die Figurengruppen sind Diadem und Brauttuch kompliziert in sich selbst gefaltet, ineinander geschlungen und schwer mit Empfindsamkeit geladen. Tuch und Band bilden eine Arabeske aus Trauer, Tränen, verlorener Liebe und Zusammenbruch, die das Hauptthema des Gemäldes en miniature wiedergibt. Offensichtlich darf dieses sechste Knäuel als eine Signatur oder ein künstlerisches Glaubensbekenntnis Lunds gesehen werden.
Lunds Signatur
Detail aus Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche
Eine innerliche Historienmalerei
Worauf wollte Lund hinaus? Indem er komplexe Gefühlsreaktionen zum Hauptthema seiner Werke machte, versuchte er, eine andere Form der Historienmalerei zu schaffen. Das Genre hatte er, wie erwähnt, bei David in Paris 1800-1802 erlernt, war aber nach eigener Aussage der französischen Tradition gegenüber skeptisch. Der dänische Pfarrer Frederik Schmidt notierte, nachdem er Lund 1818 in Florenz getroffen hatte, in sein Tagebuch: „… ich hatte […] ein interessantes Gespräch mit Lund über die Kunst, deren begeisterter Verehrer und Anbeter er ist. Die neue französische Schule mag er nicht, sondern sieht deren Werke, wie auch die französische Poesie, nur als ein Produkt von Verstand und mechanischer Fertigkeit, das sich durch Korrektheit auszeichnen mag, dem es aber an Herzlichkeit fehlt.“
Um zu verstehen, wie sich Lunds Historienmalerei von der Konvention unterscheidet, die um 1800 in der europäischen Bildkunst herrschte, liegt der Vergleich mit David nahe. Noch näher liegt, Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche als kritischen Kommentar zu Davids ikonischem Historiengemälde Der Schwur der Horatier zu sehen und damit auch zu der Tradition, die das Gemälde repräsentierte.
Jacques-Louis David: Der Schwur der Horatier, 1784
Louvre, Paris
Der Schwur der Horatier gibt eine Szene aus der römischen Geschichte wieder, in der ein Krieg zwischen Rom und der Nachbarstadt Alba durch einen Kampf der drei römischen Horatier-Brüder gegen die drei albanischen Curiatier-Brüder entschieden wurde. David wählte den Augenblick, in dem der Vater der Horatier seine Söhne bittet, Rom die Treue zu schwören, ehe sie in den Krieg ziehen. Rechts hat David eine kleine Gruppe sitzender Frauen und Kinder platziert, die stark an Lunds Figurengruppen erinnern. Die eine Frau war eine Schwester der Horatier, aber mit einem Curiatier verlobt; die andere war eine Schwester der Curiatier, aber mit einem Horatier verheiratet. Unabhängig also vom Ausgang des Kampfes würde es ein unglückliches Ende nehmen, was die Frauen offenbar begriffen hatten. David hat sein Gemälde deutlich in zwei geschlechtsspezifische Pole geteilt, wobei in der Komposition und nicht zuletzt in der Rezeption des Gemäldes die Aufmerksamkeit für die männliche Seite überwog. Die heroische Maskulinität des Gemäldes wurde sofort als Symbol der höchsten patriotischen Tugend gelobt, nämlich der Bereitschaft, sein Leben für sein Land zu geben. Die weibliche Seite von Davids Gemälde erscheint demgegenüber mehr wie eine Randbemerkung. Die Trauer und der Schmerz, den die Frauen erleben werden, gehören zur Privatsphäre – ihr Verlust wird ein Kollateralschaden sein, überhaupt nicht mit dem angeblich höheren, idealistischen Zweck zu vergleichen, den die Männer verkörpern. Die Perspektive der Frauen ist das Individuelle, während die Männer von dem gemeinsamen Guten entflammt sind, in Übereinstimmung mit dem moralisch und national erbaulichen Endziel der Historienmalerei.
J.L. Lund: Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche, 1803-1807
Dänische Botschaft in Italien, Rom
Dieser Art heroischer Tugenden oder geschlechtlich diskriminierender Stereotypen scheint sich Lund nicht anzuschließen. Er schlägt etwas anderes vor. Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche, sein erstes Historiengemälde nach dem Aufenthalt bei David, muss als Angebot gesehen werden, das Genre zu erneuern. Das tat er, indem er die geschlechtliche Polarisierung in Der Schwur der Horatier auf den Kopf stellte. Indem er die weiblichen Figurengruppen einfach in den Vordergrund und ins Licht rückte, richtete er das Interesse auf eine innerliche „Herzlichkeit“, während die Gruppen mit Männern in das Halbdunkel des Hintergrunds geschoben wurden. Die eine Männergruppe rechts ficht nur parodisch und ratlos mit den Armen, während die beiden Greise im Dunklen links – so wie die Frauen in Der Schwur der Horatier – resigniert zu erkennen scheinen, dass die Anbetung maskuliner Tatkraft nur zu Gewalt, Tod, Machtmissbrauch und Verwüstung führt. Die Kritik des Werks an der traditionellen Historienmalerei scheint sowohl feministisch als auch pazifistisch zu sein.
Andromache ohnmächtig beim Anblick von Hektors Leiche bringt alles auf die Leinwand, was Der Schwur der Horatier vergeblich zu verdrängen sucht. Bei David haben die Frauen begriffen, dass, – egal wie hoch Patriotismus, Idealismus und sogenannte Maskulinität geschätzt werden – nie geleugnet werden kann, dass die Curiatier und Horatier familiär / menschlich miteinander verbunden sind. David aber unterdrückt diese verdunkelnde Erkenntnis mit seinem Fokus auf den reinen, maskulinen Ethos. Lund will das genaue Gegenteil. Er will uns die Augen dafür öffnen, dass alle Dinge vielfach miteinander verwoben sind, indem er seine verknäuelten Körpern die Hauptakteure der Historienmalerei sein lässt. Er will den physischen Ausdruck von Verbundenheit und Nahkontakt darstellen, seine Werke spiegeln das Seelische im Körperlichen, sie vereinen das Innerliche mit dem Äußerlichen. Aus der romantischen Vorstellung von der Welt als zusammenhängenden Organismus heraus schuf er Werke, die in ihrem Charakter undidaktischer, emotionaler, komplexer, ja realistischer waren als die der klassischen Historienmalerei.
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Im Bestreben, seine Werke mit dieser romantischen Sensibilität anzureichern, endete er in einem historischen Niemandsland. Einerseits war man in der Folgezeit zu eifrig bemüht, die Historienmalerei aufzulösen, als dass man einen Blick für Künstler gehabt hätte, die – wie Lund – das System von innen zu reformieren suchten. In der modernistischen Nachwelt führte das nachlassende Interesse an der Historienmalerei zu einem undifferenzierten Blick auf dieses Genre. Daher ist es z. B. eine oft übersehene Tatsache, dass Lund ziemlich frei vom Motivkanon der Tradition arbeitete, er deutete um oder fand ganz neue Motive. Damit zeigte er eine Einstellung, die moderner war, als es die Nachwelt erkannt hat.
Andererseits betrachtete man sein alternatives Angebot einer Historienmalerei zu seinen Lebzeiten als so relativ normbrechend, dass es von den Konservativen zurechtgewiesen werden musste. So fühlte sich der Kunsthistoriker N.L. Høyen dazu berufen, im Namen der Historienmalerei auszurücken, als er 1838 Die Anbetung der Sonne kritisierte: Lund habe gegen die Dogmatik verstoßen und die Historienmalerei in ein „gefährliches Dilemma“ gebracht, weil er „einen rein sinnlichen Eindruck“ wie das Sonnenlicht geschildert hatte. Nach Høyens traditionsgeprägter Ansicht sollte die Historienmalerei „Einheit und Größe im Ausdruck“ darstellen, stattdessen hätte Lund aber „Kontraste“, „Reichtum und Abwechslung“ vorgezogen. Høyen hatte so gesehen einen guten Blick für Lunds Bestreben, verschiedene, körperbezogene Gefühlsreaktionen widerzugeben, hielt diese Strategie aber für einen „Fehlgriff“. Friederike Brun dagegen lobte dieselbe Vielfalt als „Inhaltsfülle”.
Lunds Historienmalerei geriet also in ein weiteres „Dilemma”: Für den Modernismus war sie zu altmodisch und für gewisse Teile seiner eigenen Zeit häufig zu gefühlsbetont. Die Geschichte seiner Kunst hätte sich zweifellos anders dargestellt, hätten Schriftstellerinnen wie Brun und Ørsted den Ton angeben können und nicht eine Reihe gefühlsverschreckter und voreingenommener Herren.
* * *
Die heilige Anna lehrt die Jungfrau Maria das Lesen, B251
Ein Meta-Kunstwerk, das den Kern von Lunds feministischer Strategie enthält:
– ein Innerlichkeitskatalysator / hier: das Buch
– zwei Reaktionsagenten / hier: Maria und Anna
– zusammen ein Körperknäuel / hier: der intime Raum des Lesens
References
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Last updated 17.04.2024