Nizza d 22 Merz 1827
Theuerster Freund
Das Schicksal hat mich Ihnen um einige Hundert Stunden näher geführt u ich habe eine schwache Hoffnung, Sie noch einmal in der herrlichen Roma wiederzusehen u die Meisterstücke des Mannes zu bewundern der die Bewunderung der Welt u der Stolz seines Vaterlandes ist der es mir aber erlaubet, ihn noch immer mit dem Gruß alter Freundschaft zu begrüssen.
In Kopenhagen hat man mir einen ganz allerliebsten kleinen Amor übergeben, in welchen alle Kopenhagener Freunde u Mädchen verliebt sind. Man hat mir gesagt Sie, lieber Thorvaldsen, hätte ihn für mich bestimmt. In der That war ich dabei in einiger Verlegenheit, denn bei aller Überzeugung Ihrer gütigen, freundschaftlichen Gesinnungen für mich, weiß ich doch nicht wodurch ich diese grosse Güte verdient habe, oder ob ich vielleicht diesen freundlichen Gott in Gemäßheit einer Bestellung, die mir jetzt entfallen ist, erhalte. Immer ist er mir der schönste Trost für die Zeit meiner alternden Tage, seit die Rosen der Liebe wie die der Jugend mir nicht mehr blühen. Ich hoffte mit meinem jungen Prinzen, den ich auf einer Reise begleite, auch nach Rom zu kommen u dann mit Ihnen, theuerster Freund, hierüber zu sprechen, da ich weiß, daß Sie die Correspondenz nicht lieben. Indem ich heute aber Ihre Güte bei einer anderen Gelegenheit in Anspruch zu nehmen wünsche, muß ich Ihnen doch ein Wort drüber sagen, wie herzlich ich mich gefreut habe, irgend etwas von Ihrer Arbeit zu erhalten u daß ich sehnlichst wünsche zu erfahren, wie ich eigentlich diesen Schatz anzunehmen habe.
Da ich mein Vaterland sogleich verlaßen mußte u warlich in meinem Breitenburg keinen würdigen Platz für den herrlichen Amor sogleich bestimmen konnte, so habe ich ihn einstweilen der liebenswürdigen Prinzes Caroline Amalie in Pflege gegeben. Haben Sie ihm doch ursprünglich zu den Grazien gesellt – welcher Platz konnte also angemeßener seyn. Ich fürchte nur, er wird sich hernach in meinem Hause sehr schlecht befinden.
Hier in Nizza habe ich die Bekantschaft eines Profeßor Risso gemacht, eines vortrefflichen, unterrichtteten Mannes. Er wünscht den beifolgenden Brief durch eine sichere Hand seiner Bestimmung zu überliefern. Ich hoffe Sie werden diesen neuen Beweis Ihrer Freundschaft mir zeigen u bitte ich Sie sogleich meinen Dank dafür anzunehmen. Der Prinz Friedrich grüsst bestens u meine beiden Reisegefährten, Ewald u Holmer, wollen Ihnen angelegenlichst empfohlen seyn. Mit inniger Verehrung u Freundschaft der Ihrige
Rantzau