An Thorvalsen | Carlsbad d: 11 August 1810. |
Sie lieber Thorvalson gehören zu den Wenigen, von denen ich die schöne Ueberzeugung habe, dass Entfernung des Ortes Ihre Freunden nicht aus Ihrem Gedächtnisse entfernt. Das Andenken der in Ihrem Umgange genossenen Stunden lebt in meiner Seele fort durch herliche Erinnerungen: schenken Sie mir die Freude auch ferner an Ihre fortdauernde Freundschaft glauben zu können. Sorgen Sie dafür, dass meine letzte bei Ihnen abgesetzte Kiste mit den kleinen Marmorbüsten, so bald und so vortheilhaft als möglich, nach Gotha an Herrn Kauffmann Wilhelm Buttstädt für mich gesandt werde. Nach einem heute von Frau v. Humboldt erhaltenen Briefe, sind die grossen Marmorbüsten schon nach Gotha an Wilhelm Buttstädt abgesandt. Frau von Humboldt schreibt mir zugleich dass die fünfte Kiste mit den kleinen Büsten, bey Ihnen abgesetzt sey. Ich hoffe, dass in einer der 4 abgesandten Kisten, meine Bücher, Zeichnungen, Kupferstiche und Reinhardts Landschaft befindlich seyn wird; das Brief unsrer theuren Frau von Humboldt drückt sich hierüber eben so unbestimmt aus als über die Dauer ihres Aufenthalts in Rom; daher schreibe ich dieser Freundin dies noch nicht, sondern wende mich an Sie mit der Bitte mir so bald als möglich, unter den vortheilhaftesten Bedingungen auch meine bey Ihnen abgesetzte Kiste zukommen zu lassen. – Ach, lieber lebte ich unter Ihrem herlichen Himmel, als hier wo mein Körper so oft vom bösen Einflusse der Witterung leidet. In kranken trüben Stunden erheitert mein Gemüth sich noch jetzt durch Erinnerungen an Rom, die meine Seele so bereicherten. Oft wandle ich in Gedanken unter Ihren herlichen Schöpfungen und seufze, dass ich Ihre Fortschritte nicht mehr in der Nähe bewundtern kann. Freund Tiedge lebt noch immer kränkelnd bei mir, Henriette ist glücklich verheirathet, und Mutter zweyer Knaben. Kürzlich hatte ich die Freude sie 4 Wochen bey mir zu sehen. Oft – oft versetzten wir uns da mit unsren Gedanken zu Ihnen nach Rom. Sulzer wirkt fort als wohlthätiger Arzt in seinem Kreise. Rösler ist in Dresden Familienvater und macht keine Fortschritte als Mahler. Kaatz hat eine traurende Wittwe, und traurende Freunde hinterlassen; eine sehr schmerzhafte Krankheit rafte diesen bilderen Künstler dahin. Als Mensch und Künstler machte er mit jedem Jahre alle Fortschritte; jetzt ist der vielleicht von vielen verkannte Kaatz über jedes Erdenleiden erhaben, und seine Wittwe hat den Trost, dass sein Andenken in Dresden hoch geachtet, und seine nachgelassene Kunstprodukte gesucht werden. Der Tod unseres würdigen Zoëgas ist ein Verlust auch für mein Herz und für meinen Geist. Giuntotardis Andenken gehört zu meinen schönen Erinnerungen. An Freund Reinhard habe ich oft geschrieben, ohne durch eine Antwort erfreut zu werden; indessen bitte ich Sie grüssen Sie diesen Kraftmenschen von mir, Tiedge und Henriette recht herzlich. Werden wir uns wohl noch in dieser Welt wiedersehen.
Elisse von der Reke