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Salomon Ludwig Steinheim [+]

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Altona

Ultimo oktober 1842 [+]

Dateringsbegrundelse

Dateringen fremgår af dokumentet.

Omnes
Resumé

Salomon Ludwig Steinheim beskriver sit tilfældige møde med Thorvaldsen og roser ham i højstemte vendinger.

Se original

Ein Zusammentreffen mit Thorwaldsen auf der Lüneburger Heide.

Die Erde wird doch nur schön durch die Menschen. Reis, wohin du immer magst, besuche die malerischten Landschafte, die höchsten Berge die geheimnißvollen Thäler; besuche Seen und Wasserfälle; betrachte die Natur in ihrer Erhabenheit und in ihrer Anmuth; schön wird sie doch nur durch ihre Menschen, und wäre es in der Lüneburger Heide!
Thorwaldsen ist nach seiner Heimath zurückgekehrt, die Kunstwerke in jenem, von der Stadt Kopenhagen eigends dafür errichteten Museum aufzustellen. Eine königliche Fregatte war abgeschickt, jene Schöpfungen unsers großen Meisters nebst seinen übrigen erworbenen Kunstgegenstände und Alterthümern, die er insgesammt seiner Vaterstadt zum Geschenk gemacht, abzuholen. Bald nach der Absendung der Kunstwerke entschloß sich Thorwaldsen, sie selbst aufzustellen, reiste, um die Fregatte zur Heimfahrt zu benutzen, nach Livorno, und als diese am Tage vor seiner Ankunft schon abgegangen war, durch Frankreich, die Schweiz und Deutschland, dem Norden zu. Von einer Heimreise, die der Berichterstatter mit seiner Frau unternommen hatte, dem gewohnten Berufe und seiner Heimath zugewandt, ward ihm nach dem Schlusse derselben das Glück eines so überraschenden Zusammentreffens von einer günstigen Gottheit bescheert. Hinausgezogen, die festlichen Naturforscherversammlungen in Mainz und Straßburg zu besuchen, saß er, wie am Abende nach dem Abschiede von einem langen und glänzenden Tage, still und in sich gekehrt in der trüberleuchteten Passagierstube zu Celle, noch einmal die rasch durchlebten Tage durchwandernd, und nicht ohne Sorge, vor der nahen Heimath und ihrer Prosa.
Es ward hier die Post von Hannover erwartet, um uns, die von Braunschweig Kommenden, mit aufzunehmen. Der letzte Schlag der Mitternachtsglocke war eben verhallt, als sich schon in der Nähe das helle Posthorn horn hören ließ, und bald nachher ergoß das trojanische Pferd des Eilwagens seinen sehr reichlichen Inhalt in dieselbe Gaststube. Mit Schrecken bemerkte ich die Masse, die mir einen traurigen Beiwagensitz in Aussicht stellte. Indeß am Schluß einer Reise ist man leicht resigniert. Gleichgültig wurde der Ankömmlinge gleichgültiger Gruß erwiedert, die bald an den Tisch eilten und zum eben eingeschenkten Kaffee griffen.
Da gewahrte ich plötzlich dicht neben mir die wunderbare Gestalt eines kräftigen Greises, die man nur ein Mal im ganzen Leben zu sehen braucht, um sie niemals wieder zu vergessen. Ich traute meinen Augen nicht. Allein er war sie doch leibhaftig, und dieser Leib und diese Form konnte keines Andern sein! Nach einem Momente der Ueberraschung stand ich vor ihm, und fragte, ob er es den wirklich sei, und wie er so unverhofft hier erscheine?
Ich brachte ihm unser Zusammentreffen vor zwei Jahren auf dem Landsitze des Herrn Professors Cl. an dem Ufer der Ostsee bei Kopenhagen in Erinnerung und die Bekanntschaft war erneut, Mich muß die Freude über diese überraschende Begegnung auf der Lüneburger Heide wohl zu Aeußerungen hingerissen haben, die jener Localität nicht sonderlich angemessen waren; indessen schienen die übrigen Passagire gebildet genug, sie erklärlich zu finden. Bald nachdem ich dem außerordentlichen Manne meine Gefährtin vorgestellt hatte, rief von neuen das Posthorn die Reisenden an ihre Plätze. Wir mußten uns fürs erste von gefeierten Mitreisenden trennen.
Albert Thorwaldsen, gegenwärtig in seinem 72. Jahre, ist ein noch sehr rüstiger, jugendlicher Greis, der von den Strapazen der langen, mühseligen Reise – er war schon eff [sic] Nächte unterwegs – wenig angegriffen schien. So kletterte er, um sich von der guten Stellung eines Verschlages, der vermuthlich zerbrechliche Gegenstände enthielt, zu überzeugen, über das hohe Wagenrad auf den Eilwagen in die s. g. Vache zu sehen, und vollzog es mit der Sicherheit und Kraft eines jungen Mannes. Als am Morgen zwei Plätze im Eilwagen frei wurden, eilten wir, Besitz von denselben zu nehmen, und seitdem befanden wir uns viele Stunden lang in der nächsten Nähe, im kleinen Raum eines Eilwagens, mit einem der größten und menschenfreundlichsten Männer unsers Jahrhunderts beisammen.
Hat jemals die Natur ihrem Geschöpfe ein ausgeprägtes Siegel der Vollendung aufgedrückt, so hat sie dies an diesem ihren Liebling vollzogen. Das Haupt des Künstlers gleicht selbst einer Antike, ist, wie sein übriger Körper, fast kolossal gebaut; allein in so edlen und harmonischen Verhältnissen, daß nirgend etwas Unangemessenes auffällt, wie man es sonst wohl bei Menschen findet, die in auffallend großen Dimensionen gestaltet erscheinen. Eine Fülle silberweißer Locken fällt, wie eine Löwenmähne, auf die verhältnißmäßig kräftigen Schultern herab, die sie in einem angemessenen Torso fortsetzen. Wenn sich diese Gestalt erhebt, und mit vorschreitendem rechten Fuße – eine gewöhnliche Stellung des Künstlers – vor uns hintritt; wenn sodann über den hohen Ernst des edlen Angesichtes sich die unvergleichliche Anmuth und Freundlichkeit eines kindlichen Sinnes und jugentlicher Heiterkeit wie eine Lichtmasse ausgießt; so möchte man sich einbilden, den lächelndnickenden Zeus Homers vor sich zu sehen; und wenn er sodann seine schöne und volltönende Stimme vernehmen läßt, so könnte man sich gar in jene Wundertage zurückversetzt glauben, da noch die Götter unter den Sterblichen wandelten. Mehr aber, als Alles, überrascht uns die gemüthliche Ruhe, die Kindlichkeit in der Größe dieses Genies. Sein blaues Auge, voll Feuer und Milde, leuchtet von ewigen Schöpfungsgedanken, und ruhet gleichwohl mit rührender Lust auf der Einfalt einer spielenden Kinderwelt, ergötzt sich an ihren Tändeleien und nimmt gern Antheil davon. In der sogenannten großen Gesellschaft scheint er sich wenig zu Hause zu fühlen, und oft fand man ihn, als er sich all dem Glanze still entzogen hatte, mit den Kindern spielend.
Und doch erscheint erst seine ganze Größe in solcher glänzenden Versammlung am auffallensten. Dort wird man es inne, wie sehr ihn die Natur bevorzugt, und ihn zu einem wahrhaften Menschen-Exemplar gestempelt hat. Ich hatte Gelegenheit, ihn mehrere Male in einer großen glänzenden Versammlung zu sehen. Er erschien das eine Mal in seiner Ordenskleidung in violetsamtnem, breit mit Goldstickerei verbrämten Galaweste, und von seiner Schulter herab hing ein sehr breites Ordensband, das einen Theil der zahllosen Sterne auf seiner Brust überdeckte. Nach dem Schlusse jener Versammlung trat ich zu ihm und bot ihm lächelnd die Hand, die er mir nach seiner gewohnten Weise herzhaft drückte, und das Lächeln erwiederte, dessen Bedeutung ihm nicht entgangen war. Unsere Reise war beendigt. Ein Geschäft hielt mich noch in Harburg zurück, während unsere Mitreisende mit dem nächsten Dampfboote über die Elbe fuhren. Bevor wir uns trennten, sagte ich ihm, daß ich es für ein Glück achten würde, wenn er mein Haus mit seiner Gegenwart beehren würde. Die Abende währen schon länger und es sei jedenfalls erfreulicher, die einsamen Stunden im Kreise einer Familie, als in einem Gasthause zuzubringen. Mit jenem ihm eignen seelenvollen freundlichen Lächeln sagte er mir zu und hielt Wort. Am zweiten Abende [sic] nach unserer Ankunft waren einige Befreundete, uns zu bewillkommen, um den Theetisch versammelt, als an die Thür geklopft ward und Thorwaldsen herein trat. Man muß den Eindruck, den sein persönliches Auftreten macht, selbst erfahren haben, um das stille Staunen zu begreifen, das sich der ganzen, kleine Gesellschaft, als er mitten in derselben war, bemeistert hatte. Eine feierliche Stille herrschte zuerst, und nur nach und nach entwickelte sich das Gespräch, das später durch ihn – wider seine Gewohnheit – anhaltend lebhaft wurde. Da wich denn allmählich die feierliche Scheu; seiner vertraulichen Mittheilung erschlossen sich die Seelen der Anwesenden. Eine der anwesenden Frauen, eine unserer besten Pianistinen [sic], hatte mit großer Aufmerksamkeit die Hände des Künstlers betrachtet, die, wie seine Gestalt überhaupt, wegen ihrer harmonischen Bildung ihre Bewunderung rege gemacht hatten. Es wurde bemerkt, daß man dem Organe nicht immer seine Fähigkeit ansehen könne und wenn es auch die Hand des Menschen, eins seiner charakteristischen Organe, beträfe. Daß das, was diesem seine Vorzüge gewähre, nicht örtlich gebunden zu denken sein möchte, sondern einem höheren Centralsitze angehöre. Als nun ein Andrer dagegen bemerklich machte, daß dennoch immer ein Theil jener bildenden, geistligen Kraft in das lebendige Instrument übergegangen sein müsse; daß die Energie des Gebrauches auffallend bildend auf das Organ, durch welches die Bildung vollstreckt werde, einwirke; daß mithin auch die Hand in ihrer äußerlichen Gestaltung einem Ausdruck jener entfernteren innerlichen Kraft darbieten werde: nahm ein dritter das Wort, indem er die beiden Hände der Künstlerin faßte und emporhielt und fragte, ob man wohl diesen Fingern die ungewöhnliche Geschicklichkeit ansähe, die sich erst am Fortepiano kund giebt? Nach einer Aufforderung, der besonders des großen Meisters Bitte Nachdruck gab, trug jene treffliche Frau die Ouvertüre zur Semele, einem der Meisterwerke Händels, vor. Thorwaldsen schien von der außerordentlichen Schönheit dieses Tonstück, das mit tiefem Gefühle vorgetragen ward, besonders befriedigt; es schien, als wenn er in jenem Kunstwerke im erhabensten antiken Colorit das ihm selbst Analoge empfunden und gefunden hätte. Er stand ganz hinlauschend und auf seinem edlen Gesichte sprach ein Anch‘ io! in einem beredten Schweigen. Nach Beendigung des Stückes lobte er mit Beredsamkeit das Talent der Künstlerin.
Thorwaldsen schied, nachdem er jedem der Anwesenden herzlich die Hand gedrückt hatte, mit dem Versprechen, wieder zu kommen. Wir hatten wirklich das Glück, ihn noch einmal vor seiner Abreise nach Kopenhagen bei uns zu begrüßen.
Thorwaldsen gehört zu jenen großartigen Gestalten, wie sie die Natur nur selten, vielleicht nur mit einem gewissen Aufwande von Kraft und Stoff, nach einem Jahrhunderte der Ruhe vielleicht, als Paradigmata der Menschheit hervorbringt. Ist es doch, als wenn diese Größe und Herrlichkeit sich bis auf das Zufällige seines vollönenden [sic] Namens hat erstrecken sollen! Die plastischen Naturkräfte haben sich gewissermaßen zusammengenommen, um in einem Brennpunkte alle die tausend zerstreueten Strahlen des bildnerischen, nachahmenden Talentes zu einem großen Genius, zu vereinigen. Da haben sie denn zuerst einen Organismus zu dieser Bestimmung mit Allem, was Kraft und Grazie heißt, ausgestattet und gewissermaßen einen hinreichenden Ueberschuß ihrer selbst aufgewandt, damit sich sogleich dieser Ueberschuß in unvergängliche Bildung des Meißels, in eine reiche Welt organisirten Marmors, hinaus ergieße. Dieser gewaltige Schöpfungsdrang, diese Uebermacht erklärt es denn auch, wie der Künstler noch im höheren Alter in einer ununterbrochenen Thätigkeit des schaffende Genius sich befindet, die sich in zahlreichen größeren und kleineren, erhabenen und innigzarten Schöpfungen kund giebt. Wir erkennen in ihnen die Fortsetzung jenes göttlichen Geistes, der ihn selbst so wunderbar geschaffen hat und verehren jene Offenbarung der verborgenen tiefen Weltseele, die sich in ihrer Welt verherrlicht hat. – Vielleicht hat die Schöpfung ein so deutlich, deutlicher gewiß niemals, den Beruf des Mannes in seiner Bildung ausgesprochen, wie in Thorwaldsen, der auch das Eigenthümliche, mit jenem hehren Geiste, den wir in der Natur verehren, gemein hat, daß er zwar mit stillem Wohlwollen den Blick auf seinen Werken weilen läßt; einen Blick, in dem das Wort liegt, daß Alles gut sei; aber mit eben derselben Bescheidenheit, mit einem gewissen Sich-zurückziehen von denselben redet.
Es wäre möglich, daß die nordische Hauptstadt, durch Thorwaldsens Meisterwerke verherrlicht, von nun an das Ziel der Wanderungen gebildeter Reisenden werde, und daß von Süden her nach dem nordischen Tempel der bildenden Kunst gewallfahrt werde, den seine Mitbürger erbaut, und den er mit einem neuen herrlichen Olymp bevölkert hat.

Altona, Ende Oktober 1842.


[Med Dr. L. Lucas’ hånd:]
Steinheims Schilderung der Begegnung mit Thorwaldsen. Für die Richtigkeit

Glogau 20. X. 1901. Dr. L. Lucas
Generel kommentar

Denne tekst handler om Steinheims og Thorvaldsens tilfældige møde på deres fælles rejse fra Celle til Altona 16.10.1842.
Steinheim er, som det fremgår, meget begejstret for mødet, og der er næsten ingen grænser for hans beundring for billedhuggeren: Han sammenligner ham med Zeus, og kalder ham også “Paradigmata der Menschheit”.


Denne tekst blev trykt i tidsskriftet Telegraph für Deutschland, se Steinheim, op. cit., men forfatteren er dér anonym. Der hersker dog ingen tvivl om Steinheims forfatterskab, da han sendte den trykte artikel til Thorvaldsen med sit følgebrev af 24.11.1842.
Nærværende tekstudgave er en afskrift af originalmanuskriptet til den trykte artikel. Originalmanussets opholdssted kendes ikke i dag. Som det fremgår af påskriften for neden, modtog Thorvaldsens Museum afskriften i 1901 fra en efterkommer af Steinheim, rabbineren og religionsforskeren Leopold Lucas i Glogau, det nuværende Głogów i det sydvestlige Polen.

Arkivplacering
m30 II, nr. 78a
Thiele
Ikke omtalt hos Thiele.
Andre referencer

  • NN [S.L. Steinheim]: ‘Ein Zusammentreffen mit Thorvaldsen auf der Lüneburger Heide’, in: Telegraph für Deutschland November 1842, Nr. 188, p. 749-752.
Emneord
Idolisering af Thorvaldsen · Karakteristikker af Thorvaldsens person · Landsindsamlingen til Thorvaldsens Museum · Rejsen til Danmark, oktober 1842 · Selskabsliv, andre steder · Thorvaldsens jødiske venner og bekendte · Thorvaldsens udnævnelser
Personer
H.N. Clausen · Bertel Thorvaldsen
Sidst opdateret 08.08.2016 Print