[Med Dr. L. Lucas’ hånd:]
Auszug aus einem Briefe der Frau Johanna Steinheim an Professor Hanno in Heidelberg. Altona den 29 Oktober 1842
Steinheim hat Euch schon erzählt, wie interessant auch der Schluß unserer Reise war. Das heiße ich glänzend belohnt dafür daß ich nicht mit nach Kopenhagen war. Von Celle aus war ich mit Thorwaldsen in einem Wagen, saß ihm gegenüber, sah diese wahrhafte Göttergestalt, dieses himmliche Lächeln und Freundlichkeit, wie ich noch nie ein menschliches Antlitz gesehen habe. Und wie ist er der große Mann, so schlicht, so einfach, so wohlwollend u. gut, wie gab er wenn er des Abends von uns ging, allen ohne Ausnahme selbst dem kleinen Bernhardt so freu[n]dlich die Hand. Die ganze Stadt war in Bewegung, wie man erfuhr, daß er da sei u. wir sind nicht wenig beneidet worden. Seine Reisegefährtin von Rom aus, ein Fräulein Wallich [Schwester des ausgezeichneten Botanikers Wallich in Calcutta in der ich eine sehr frühe Jugendbekannte wiederkannte, sagte mir, doch [...]
er sich so freundlich über die Stunden, die er bei uns verlebte geäußert, und als er Abschied nahm, reichte und drückte er mir beide Hände so freundlich und herzlich, als hätte er mich lange gekannt. Er sagte mir auch, ich möchte bald einmal nach Kopenhagen kommen, u. alle schönen Sachen da sehen, er wollte mir da vieles zeigen. Beide Liedertafel haben ihm ein Ständchen und Hoch gebracht, alle Künstler Hamburgs, die gesamten Honoratiren [sic], alles kömmt zu ihm. Der Altonaer Postmeister sonst das ausgesuchteste Exemplar von Grobheit und Rohheit, das nur zu finden ist, hatte wie Thorwaldsen dahin kam um nach Kopenhagen abzureisen, es war des Morgens 5 Uhr, alle Zimmer glänzend erleuchtet, u. inmitten stand Thorwaldsen’s Bild mit Blumen festlich bekränzt. So allgemein u. mit solcher wirklichen Begeisterung ist wohl selten ein Mensch geliebt und verehrt wie er. So durchaus frei von aller Eitelkeit und Hochmut ist aber auch wohl selten ein Mensch bei so großer Verehrung geblieben. Das wird nicht blos dem großen Meister, das wird dem besten liebenswürdigsten Menschen. Madame Peterßen hat ihm so wunderschön aus dem Händel bei uns vorgespielt. So habe ich sie noch nie gehört, so begeistert war sie und wir alle noch und werden es noch lange bleiben und ihn nie vergessen. Lebt herzlich wohl und gedenkt meiner in Liebe.
[Med Dr. L. Lucas’ hånd:]
Für die Richtigkeit des Auszuges aus
dem in meinen Händen befindlichen Brief
meiner Großtante Steinheim
Glogau 18. Oktober 1901. | Dr. L. Lucas. |