Wien den 26ten Nov.
Meine theure Lotte!
Wie unendlich lange habe ich Dir Du Gute nicht geschrieben, doch nicht Nachlässigkeit war die Ursache – Erst bei meiner vor einigen Wochen erfolgten Rückkunft aus Ungarn erhielt ich einen Brief von Dir durch Mak – u einige Tage später einen zweiten, lieben langen durch Parisch, begleitet von dem allerliebsten geschmackvollen Kästchen – Wie danke ich Dir Du Gute für dieses allerliebste Geschenk – mit welchem Du mir so grosse Freude machtest. Das liebe Kästchen verschllesst meine Arbeit u begleitet mich, wohin ich immer gehe. Jeder lobt es mir u frägt woher ich es habe, u so gewährt es mir noch obendazu die Freude, Dich oft zu nennen, oft von Dir zu reden. – Leider machte es mir Parisch als ich nicht zu Hause war u kam kein Zweitesmal – Da ich mich nach ihm erkundigen liess, sagte man mir er sey schon abgereist, was mir sehr leid that, weil ich dadurch die Gelegenheit versäumt hatte, Dir durch ihn Nachricht von mir zu geben – u auch bedauerte ich es sehr nicht seine persöhnliche Bekanntschaft gemacht zu haben – da er Dir so sehr verwandt ist.
Frl. v. Meden suchte ich gleich in den ersten Tagen meines Hierseyns auf doch ohne sie zu finden, weil Fr. God. noch auf dem lande wohnte. Vor 8 Tagen besuchte sie mich mit ihren 2 Eleven u ich freute mich sehr ihre Bekanntschaft zu machen – sie scheint ein gar liebes gutes Mädchen zu seyn – auch waren wir nicht wie Fremde gegeneinander – sondern wie alte Bekannte, die sich wieder finden. Kannten wir uns doch wechselseitig durch Dich u da wir Dich beide lieben fehlte es uns nicht an Stoff zur Unterhaltung. Ich habe ihr angeboten, sie bei einigen meiner hiesigen Bekannten einzuführen, was sie annahm, doch leider kam ich diese ganze Woche nicht einmal dazu sie u besuchen – Vielleicht gelingt es mir heute – Die Fürstin nimmt den grössten Theil meiner Zeit in Anspruch – selten gelingt es mir am Tage auszugehen – u des abends ist es hier, wenn man nicht équipage hat – so schwer Einrichtungen zu treffen – Doch wenn ich sie einmal bei meinen Freunden eingehführt habe – so werden wir uns erst verabreden können, uns zu begegnen – Die Eleve[?] der Fürstin – Fr. Fing[?] ist Braut u heirathet im Frühjahr. Da giebt es dann ewige Verabredungen – Consulten – Schneiderin Schuster Kaufmann & & & recht eklige langweilige Dinge die mir den Contrast dieses Winters mit dem Vorigen in ein recht grelles Licht stellen – oft möchte ich verzwifeln – wenn ich an mein himmlisch poetisches Leben in Rom denke. Hier möchte man in der Prosa ersticken. Ach meine himmlischen Tage im göttlichen Italen sind dahin! – Ob sie jemals wiederkehren?? – Tadle nicht meine Lotte mein Gefühl für Th. u vermenge es nicht mit dem gemeinen Worte verliebt seyn. Was ich für ihn, den herrlichen empfinde, ist edlerer Art – u ein Gefül das bleibt wenn auch Alles in u ausser mir sich ändert. Wir beide bewunderten schon vor 3 Jahren den grosen Mann, der so bescheiden, so anspruchslos liebenswürdig vor uns stand. Meine Wünsche zu ihm zu erheben – dieser stolze Gedanke hätte mir nie einfallen können – dazu hätte mir der Mut gefehlt. Doch nun frage ich Dich Lotte – Welches Mädchen wäre unempfindlich geblieben bei der Überzeugung von ihm geliebt zu seyn – sein Auge sein Blick verriet mir seine Liebe, die mir später sein Mund bestätigt. Kein Vorwurf lastet auf mir u war auch seine Liebe zu mir die Ursache dass er Bande zu zerreissen suchte, in welchen er ohnehin nicht glücklich war, so lag die Schuld doch nicht an mir, dass kann Dir Jeder bestätigen, der uns sah. Die Welt tadelte ihn bitter – das that mir weh. Die ehemalige Braut erhielt allgemeines Mitleiden u Th nannte man flatterhaft, unzuverlässig u höchst tadelnswerth. Ich begreife die Welt u ihr Urtheil. – Mich liess Tho. in das Innerste seines Herzens blicken – sein ganzes Leben deckte er vor mir aus – u entschuldigen muss ihn mein Herz, wenn es ihn auch manchmal tadeln muss – so ungewöhnliche Menschen dürfen nicht mit den gewöhnlichen Massstäben, gemessen werden – Seine [xxxxxxx] Jugend, seine Verhältnisse ja selbst sein Talent – zogen ihn mit Gewalt auf Abwege, von welche ein andrer durch liebende Fürsorge u glückliche Verhältnisse abgehalten wurde. Das grösste Übel ist, dass die Verhältnisse ihm die Kraft des Wollens geschwächt haben. Es fehlt ihm an Mut, durchzugreifen, irgend ein Schicksal selbst zu wählen u nie wird der herrliche Mann glücklich werden – jetzt steht er an dem Scheidewege der Jugend u des Alters – er fühlt, dass er viele herrliche Gefühle an unwürdige vergeudet hat – er sehnt sich nach häuslichem Leben u glaubt sich zu alt eine Frau beglücken zu können. Donna Maria – die die Mutter seines Kindes ist – droht mit Gift u Dolch – sein Herz klagt ihn an, Miss Makenzie unglücklich gemacht zu haben u obgleich sie beide gebrochen, sieht er sich nicht als frei an. – So stehen die Sachen meine Lotte.
Er wollte schon bei der Hinreise nach Kop[enhagen] – über Wien gehn – aber er ändert den Plan, er hatte mich gebeten, ihm hier ein paar Worte – mit meiner Adresse zu lassen durch Gut (?) doch da er nicht kam, erfuhr ich nichts unmittelbares von ihm. Kömmt er auf der Rückreise hierher, so werde ich ihn sehn – u mein Herz schlägt diesem Wiedersehn mit bangigkeit entgegen. Du wirst vielleicht mehr von ihm wissen, wirst ihn sicher in Hamburg sehn. Meine Lotte schreibe nur dann gleich – grüsse ihn freundlich von mir u sage mir wie es ihm geht. Sollte auch seine Liebe für mich nur augenblickliche Leidenschaft gewesen seyn, so wird ihm doch davon ein freundlicher Nachhall im Herzen geblieben seyn, denn nichts Bitteres mischt sich in das Andenken von glücklich miteinander verlebten Stunden – Was Du mir wegen Th:[?] vorwirfst ist falsch – Ein grosses, ausgezeichnetes Talent kann mich so begeistern, dass wer mich nicht näher kennt, mein Gefühl leicht misdeuten kann, wie jedes Gute. Tobie gewann mich durch seine Liebe u unaussprechliche Herzensgüte. Als seine Frau wäre ich glücklich gewesen. Doch da dieser vereinigung Hindernisse im Wege standen, musste das Verhältnis in nichts zerfallen. Mein Verhältnis zur Fürstin war in der Zeit wo ich Tobie kennen lernte sehr lieblos unfreundlich u kalt – ferne lebte ich von allen lieben Freunden u liebe war meinem Herzen immer so nöthiges unbedingtes Bedürfniss, da kam mir Tobie liebevoll entgegen – u das übrige weiss Gut[?] – doch gestehe ich die[?] ein, dass ich klüger vorsichtiger hätte handeln sollen. [Die] natürliche [xxxxxxx]tigkeit liess mich oft die Gränzen der Klugheit überschreiten.
Von Rom hatte ich kürzlich Nachrichten – Die Familie Rheden, wo er hannöverscher Gesandter ist sehr liebenswürdig u sehr gut für die deutschen Künstler gestimmt. Quandt, der eine Reisebeschreibung von Italien unter dem Titel Streifereien im Gebiete der Kunst herausgab, bringt mit seiner Frau den Winter in Rom zu, ist sehr reich u will viele Bestellungen machen. Cornelius arbeitet schon in München – auch Eberhardt ist dorthin zurückgekehrt. Beide Schadow u der aeltere Veit sind noch in Berlin – werden aber wahrscheinlich zurückgehen. – Ich schrieb Dir schon in meinem letzten Briefe dass ich in Neapel keinen von unseren Bekannten sah. Wenn Du an Olympia schreibst, grüsse sie von mir. Rössel war einige Wochen hier, während ich auf dem Lande war u ist jetzt in Berlin établirt. Von Pubechheim weiss ich nichts. Die Schlegel bleibt den Winter in Rom. – Meine gute Mutter bringt hier den Winter zu – ich kann Dir nicht sagen wie glücklich mich das macht –
Grüsse Deinen Louis – Carl u küsse den Vater – Jeanette grüsst Dich. Schreibe nur bald an F