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Kupferstiche.
I. Alexanders des Großen Einzug in Babylon. Marmorfries im Königlich dänischen Schlosse Christiansburg, von Bertel Thorwaldsen. Nach Zeichnungen von Fr. Overbeck u. A. gestochen von Samuel Amsler. Mit Erläuterungen von Ludwig Schorn. München, Verlag der literarisch-artistischen Anstalt. 1825. XXll Kupfertafeln mit 21 Seiten Text in deutscher, englischer und französischer Sprache. Groß qu. Folio.
II. Die heilige Familie. Raphael Sanzio Welsing pinx. Samuel Amsler sculps. 1836. H. Felsing impr. Seiner Majestät Ludwig I. König von Bayern in allertiefster Unterthänigkeit gewidmet von der literarisch-artistischen Anstalt zu München. Groß Folio.
I. Thorwaldsens Meisterstück, der Alexanderzug im Quirinal, war bekanntlich schon früher durch ein in Frankfurt a. M. erschienenes Kupferwerk veröffentlicht, welches zwei italienische Künstler, Bettelini und Marchetti, nach Zeichnungen von Overbeck gefertigt hatten. Eine höchst elegante und gefällige Behandlung empfahl diese Stiche, doch war darin Manches von der Schönheit der Zeichnungen, welche die Feinheiten der Modellirung mit ungemeiner Zartheit wiedergegeben hatten, unerreicht geblieben. Es entsprach daher dem eigenen Wunsche des Meisters, als Herr Amsler, — welcher damals in Rom sein ausgezeichnetes Talent für Darstellung von Sculpturen bereits in mehreren Blättern nach Statuen von Thorwaldsen beurkundet hatte, — in Verbindung mit dem verstorbenen Freiherrn von Cotta eine neue Bekanntmachung des Werkes unternahm, in welcher alle Platten von ihm selbst nach denselben und mehreren neuen Zeichnungen gearbeitet werden sollten. Nachdem im J. 1811 das erste Exemplar des Reliefs für einen Saal des quirinalischen Palastes, welcher damals zum Empfang des Kaisers Napoleon geschmückt ward, in Gyps ausgeführt worden war, hatte Thorwaldsen zunächst von dem Grafen Sommariva den Auftrag erhalten, für dessen Villa am Corner See dasselbe Werk in Marmor zu fertigen. Die Dimensionen des Saales, für welchen der Fries bestimmt war, hatten eine Vermehrung von zwei Gruppen nöthig gemacht; noch mehrere Zusätze erforderte ein drittes Exemplar, welches bald darauf ebenfalls in Marmor nach größerem Maßstabe der Figuren für das Königl. dänische Schloß Christiansburg in Copenhagen bestellt wurde. Dies leztere hat fünf Gruppen vor dem Quirinal – Exemplare voraus, die erst allmählig, so wie die Arbeit in Marmor von Statten ging, von Thorwaldsen vollendet wurden. Daher sind diese neuen Zusätze weder in den Umrissen, welche Hrn. Thiele’s biographisches Werk über Thorwaldsen begleiten, noch in den zu Rom erschienenen vollständig enthalten. Die gegenwärtige Prachtausgabe ist vielmehr die erste, welche das lezte und größte Exemplar des Alexanderzuges nach seiner ganzen Ausdehnung wiedergibt, und wir dürfen hinzusetzen, auch diejenige, welche die vollkommenste Vorstellung von Thorwaldsens Behandlung erweckt.
Was den Inhalt und die Schönheiten des plastischen Werkes betrifft, so wollen wir das in der beigegebenen Erläuterung Gesagte hier nicht wiederholen. Thorwaldsen hatte die tiefe Bedeutsamkeit, welche in der symbolischen Auffassung und Anordnung, und die großen dekorativen Vortheile, welche in der plastischen Behandlung des griechischen Reliefstyls liegen, erkannt, und es gelang ihm, wie den Hellenen, durch einfache Gruppirung edler Formen über den Ernst der Erfindung jene ruhige Heiterkeit zu verbreiten, welche der unvergängliche Stempel des ächten Schönen ist. Bei der Einfachheit, in welcher er Nacktes und Gewänder, mir Verschmähung aller dem Modell abgeborgten zufälligen Wahrheit oder auf willkührlichen Effect berechneten Uebertreibung zu behandeln pflegt, ist für die Nachbildung äußerst wichtig, daß sie das feinere Detail mit vollkommener Verständniβ und Treue darstelle, ohne den allgemeinen Eindruck des Styls zu verwischen, welcher seinen Werken vorzugsweise eigen ist. Dies zu leisten, war Amsler’s gründliche Zeichnung und in ihren Mitteln sehr mäßige, aber dabei höchst wirksame Grabstichelbehandlung vorzüglich geschickt. Die Spuren von Härte und Aengstlichkeit, welche man noch in den, unsers Wissens nicht in den Kunsthandel gekommenen Blättern nach dem Schäfer, der Speranza u. s. w. wahrnimmt, wir möchten sagen gerne wahrnimmt, weil sie sich mit einer außerordentlichen Wahrheit der Charakterauffassung vereinigen, sind unter der Hand des Künstlers in dem vorliegenden Werke verschwunden, ohne daß die Feinheit der Charakteristik dadurch beeinträchtigt wurde, und es tritt dagegen die meisterhafte Sicherheit hervor, welche den mit sich einigen, in seiner Technik sich frei bewegenden Künstler verräth. Bei größter Strenge der Formen und ungemeiner Reinheit und Kraft der Modellirung ist ein reizender Schmelz über diese Bilder verbreitet, so daß sie vollkommen den Eindruck einer sorgfältig vollendeten, hell und kräftig beleuchteten Skulptur hervorbringen. Vergleicht man sie mir ähnlichen Stichen englischer und französischer Künstler, so muß man die angeführten Eigenschaften als ein hervortretendes Verdienst dieses Stechers um so mehr anerkennen , als die so große und langwierige Arbeit keine Ermüdung, keinen Nachlaß, keine Wandelbarkeit des Verfahrens bemerken läßt, sondern wie sie in den vortrefflichen, von Herrn Felsing besorgten Abdrücken vor unö liegt, gleichsam aus einem Guß hervorgegangen scheint.
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