Im Laufe der letzten zehn Jahre sind mehrere Sendungen von Thorvaldsens Arbeiten, sowohl in Gyps, in Marmor, als in gebranntem Thon, hier angekommen. Die Frauen-Kirche und das Schloss haben ihren Theil davon erhalten, und was noch davon in Corridoren und Seitengemächern umhersteht, wird doch dareinst dazu gelangen, seine Bestimmung zu erfüllen, und das Gebäude, zu dessen Aussmückung es dienen soll, zu verherrlichen. Aber die grösste Anzahl dieser Kunstwerke, welche keine solche feste Bestimmung hat, und theilweise Thorvaldsens Eigenthum ist, findet sich theils auf Charlottenburg, theils im Schlosse, theils in den Magazinen zerstreut, da es an einem Platze fehlt, wo man sie nur einigermassen passend vereinigt auffstellen könnte.
Unter diesen Arbeiten sind nicht wenige unvollendete, und zwar theils solche, welche für das Schloss und die Kirche bestimmt sind, theils solche, von deren Bestimmung wir nichts sicheres wissen, und deren Absendung hieher uns also zwecklos erscheinen muss, wenn wir sie nicht mit einer von Thorvaldsen so oft und so ernsthaft, besonders in den letzten Jahren, wiederholten Aeusserung in Verbinding setzen wollen, dass er Dänemark wieder, und dem Anscheine nach auf längere Zeit, zu besuchen gedenke.
Ausserdem dürfen wir neue Sendungen erwarten, welche uns sicher mit den vortrefflichen Werken bekannt machen werden, die wir unter den bereits empfangenen ungern vermissen. Die mit deren Aufbewahrung und Aufstellung verbundenen Schwierigkeiten werden sich alsdann auf’s neue geltend machen, und eine wirkliche Verlegenheit würde entstehen, wenn der Meister selbst kommen sollte, ehe man mit Ernst daran gedacht hätte, jenem Mangen abzuhelfen. Sehnsucht nach der Heimath ist das Band, welches ihn am stärcksten zu uns zieht; doch folgt er ja zugleich oft wiederholten Einladungen, und erfüllt einen allgemeinen Wunsch; wie unfreundlich wäre es also, wenn wir nicht dafür sorgen wollten, dass er ungehindert unter den bekannten Gegenständen verweilen könnte, welche ihn Italien in Dänemark wiederfinden, und ihn in der Erinnerung seine gefeiertesten Mannsjahre auf’s neue durchleben lassen würden da, wo er die bedeutungsvollen Denkmäler seiner Jugend erblicken, und vielleicht am liebsten wünschen würde, die Ruhe zu finden, nach welcher auch der Unermüdetste zuletzt sich sehnt.
Hier ist nicht die Rede davon, für ein Atelier, und was dazu gehört, zu sorgen; denn, wenn Thorvaldsen kommt, findet er, seinem Wunsche gemäss, Charlottenburg bereitet, ihn zu empfangen, und die Werkstatt fertig, um, sobald er will, den Schlag des Meissels erklingen zu lassen. Aber hier fragt es sich, ob es sich ziemt, dass seine abgeschlossenen Arbeiten, die schon hier sind oder noch erwartet werden, an sehr verschiedenen Stellen zerstreut bleiben, oder in Kisten liegen? und auf welche Weise man ihnen am besten einen würdigen Sammelplatz bereiten könne?
Wie die erste Frage zu beantworten, darüber werden alle einig seyn. Auch für eine würdige Aufbewahrung von Thorvaldsens Arbeiten wir der Wunsch gewiss allgemein seyn. Aber hier wird mehr gefordret; hier werden vollkommene Beweise dafür geforert, dass wir würdig sind, jene bei uns zu bewahren, dass wir ihnen vollen Werth erkennen. Denn diese Werke haben einen doppelten Werth: sie enthalen eine reiche Quelle des edelsten Genusses, und sie öffnen unser Auge für die Herrlichkeit in der antiken, sowohl als in der christlichen Kunst.
Als Thorvaldsen seinen Jason modellirt hatte, erstaunte Rom bei’m Anblick einer Bildsäule, welche auf denselben unabweichlichen Grundsätzen beruhte, wie die bewunderten Arbeiten des Alterthums. In mehr als dreihundert Jahren hatte man im Lande der Kunst Antiken aufgesucht, gesammelt, gepriesen; aber gleichwohl schwankte die moderne Sculptur unsicher hin und her, bis ein dänischer Künstler ihr Ruhe und Festigkeit gab. Und dieses allein würde hinreichen, ihn zu verewigen.
Doch Thorvaldsen hat noch einen höheren Anspruch auf unsre Bewunderung und Dankbarkeit. Keiner unter allen seinen Zeitgenosssen hat kräftiger gestrebt, die leeren, leblosen Formen zu vernichten, in welche man die Kunst während so langer Zeit einzwängen wollte; und in höherem Grad als irgend einer von ihnen vereinigte er eine unbefangene Empfänglichkeit für das Schönste in der Kunst der Vorzeit mit Selbstständigkeit, Unschuld und Stärcke in seiner Weise, Gegenstände zu betrachten und aufzufassen. Antike Naivitet und christliche Frömmigkeit haben sich abwechselnd und eigenthümlich in seinen Arbeiten ausgeprägt. Er lehrte die moderne Plastik, was Raphael so herrlich in der Mahlerei gezeigt hatte, dass nicht die Form das Wesen und den Charakter der Kunst bestimmt, sondern der höhere Geist, welcher sich rein und kräftig in ihr ausspricht, und dass dieselben Formen zu heidnischem Trotz erstarren, oder zu christlicher Demuth sich beugen werden in den Händen des Künstlers, wenn der Ausdruck dieser Gemüthsstimmungen sich stark und klar in seiner Seele abgespiegelt hat.
Die wurdigste Art einer schaffenden Genius zu ehren, besteht darin, ihm die freieste und edelste Wirksamkeit zu eröffnen. Dass es Thorvaldsen nicht an dieser Ehre gefehlt hat, davon können wir uns leicht überzeugen, wenn wir sehen, wie seine Arbeiten über einen grossen Theil von Europa verbreitet sind, wie sie Landsitze schmükken, Königsburgen verherrlichen, Ehrfurcht und Ernst gebieten in Kirchen und auf öffentlichen Plätzen. Aber ein launenhaftes Schicksal waltet oft hier, und mitten in all seinem Glücke hat unser Landsmann doch eine Wohltat entbehrt, welche eine der erhabendsten für den Künstler seyn muss, eine Wohlthat, wie die, welche unzertrennlich Raphaels Namen mit dem Vatican, den des Phidias mit den Tempeln in Athen und Olympia verbindet. Obgleich Thorvaldsens umfassendere Compositionen für ansehnliche, ja weitberühmte Gebäude bestimmt und darin aufgestellt, obgleich sie zum Theil für namhafte Baumeister oder in Vereinigung mit ihnen ausgefürht sind; so sind die Umgebungen doch niemals so günstig gewesen, und hat der Künstler nicht so freie Hände gehabt, dass hieraus ein wesentlicher Vortheil für seine Arbeiten wäre gewonnen worden. Von keiner derselben kann man wohl mit Fug sagen, die Architektur habe sich dabei so mit der Sculptur verbunden, dass daraus eine höhere Einheit entstehe; von mehreren derselben kann man vielmehr behaupten, dass sie isolirt gesehen werden müssen, wenn sie genossen und geschätzt werden sollen, wie sie es verdienen.
Aber der reiche, abwehselnde Kreis von Hervorbringungen, welche ihr Daseyn einzig und allein der Sehnsucht des Künstlers verdanken, die Bilder festzuhalten und zu verwirklichen, welche auffordernd oder begeisternd ihm vorschwebten, – alle die Bildsäulen und halberhobene Arbeiten mit dem frischen Abglanz von Griechenlands ewig jungen Götter= und Helden=Leben, wie sind sie nicht weit umher erstreut in den Ländern, wie stehen sie nicht fremd und verlegen da mitten unter ihren Bewunderern, weil die Umgebungen sie ängstigen oder drücken, oder weil das Licht ihnen fehlt, in welchem sie am klarsten ihre ganze Schönheit offenbaren könnten! Selbst der Beifall, mit welchem sie empfangen wurden, hat sie unfreundlich von einander geschieden, und das grosse schöne Bild seines Künstlerlebens so zerstückelt, dass dessen volle Bedeutung nach und nach geschwächt werden und sich verlieren muss. Schon jetzt – wie wenige von Thorvaldsens Bewundern, welche nicht zu verschiednen Zeiten in Rom gewesen sind, kennen wohl den ganzen Umfang von erotischer Laune und tragischer Tiefe, der sich in diesen Werken bewegt.
Glücklich muss gewiss der genannt werden, welcher kräftig dazu beiträgt, dass der Künstler unsterbliche Werke hervorbringen oder vollenden kann; und, wenn von Thorvaldsen die Rede ist, so können wir uns mit Reicht darüber freuen, dass die Ausschmückung der ersten Kirche der Hauptstadt die Kunst und uns mit Statuen und Fronton=Gruppen bereichert hat, voll von Ernst und Würde, von biblischer Kraft und Einfalt. Aber auch das ist eine schöne, eine heilige Pflicht, das Andenken des Künstlers zu bewahren, die vollständigste, klarste, lebendigste Erkennung seiner Verdienste zu befördern, und so seinen Genius unaufhaltsam und ungeschwächt auf kommende Geschlechter wirken zu lassen. Und mit Rücksicht auf unseren Künstler, wem sollte da dieses Loos näher anheimfallen, als seinen Landsleuten? Wem könnte es lieber und erfreulicher seyn, diese Pflicht zu erfüllen? Und wo könnte sie besser und vollständiger erfüllt werden, als in seiner Vaterstadt, welche allein seine fruheren, schon so viel versprechenden Jugend=Arbeiten aufzuweisen hat und zugleich mit nicht wenigen der vollendetsten Werke seines Mannnes=Alters geschmückt ist?
Denken wir uns ein Gebäude, aufgeführt und eingerichtet um alle Abgüsse seiner Modelle aufzunehmen, welche sich hier und in seinem Römischen Atelier finden, und alle die Arbeiten in Marmor und gebranntem Thon, welche keine andre Bestimmung haben. Der Raum müsste so gut benutzt, die architektonische und gemahlte Decoration mit so vielem Geschmack angewandt, das Licht so wohl berechnet, und die verschiedenen Gegenstände in grösseren und kleineren Kreisen verwandter Darstellungen so geordnet seyn, dass die plastischen Arbeiten sich dort gleichsam heimisch fühlen, und ruhig und klar hervortreten müssen, mit aller der künstlerischen Wirkung, welche in ihnen niedregelegt ist, und, wo es nöthig, so zu sagen vervolllständiget durch einen entsprechende Umgebung. Denken wir uns dieses Gebäude zugleich als ein würdiges nationales Denkmal mit Rücksicht auf seinen architektonischen Charakter und seine Belegenheit, so haben wir hier den ersten schwachen Umriss zu einem Museum, wo ein vollständiges, harmonisches Bild von Thorvaldsens thatenreichem Leben dem Beschauer entgegentreten konnte.
Dass ein solches Unternehmen Thorvaldsen als die schönste Anerkennung seiner Verdienste erscheinen würde, davon können wir überzeugt seyn, und mit Freude würde er seine Arbeiten so gesammelt und aufgestellt, so aufbewahrt und kommenden Zeiten überantwoertet sehen. Dieses würde eine wirksame Anleitung für unsre Künstler seyn, sich ihres grossen Meisters und des Zutrauens des Volks würdig zu zeigen. Es würde einen Wettkampf, ein Zusammenwirken der verschiedenen Kunstfächer und Gewerbe hervorbringen, welches nicht ohne heilbringende Folgen seyn würde. Nur mit ausharrender Anstrengung, mit der Bereitwilligkeit zu Opforn, welche die Begeisterung für ein solches Unternehmen, und die feste Ueberzeugung seiner Nothwendigkeit hervorruft und unterhält, kann dasselbe ins Werk gerichtet und vollführt werden. Aber die Opfer, welche die Kräfte Einzelner übersteigen, oder für eine Classe der Gesellskaft abschreckend erscheinen möchten, können ohne Schwierigkeit gebracht werden, wenn alle Stände sich dazu vereinigen. Denn es gilt ein Werk, welches seine kräftigste Aufforderung hat in der Ehre der Nation, und erst dann seine volle Bedeutung gewinnt, wenn es der Nation gehört. Und handeln wir denn bloss aufopfernd? Können wir es als einen geringen Ersatz betrachten, dass die Luft zum veredelnden Genusse der bildenden Kunst und der Sinn für das Schöne kräftig geweckt, der Gemeingeist gehoben, die Achtung der Fremden gewonnen wird? Nur durch ein solches Unternehmen können wir, die wir es einem Fremden überliessen, des auftretenden Thorvaldsens Wohlthäter und Beschützer zu seyn, das Reicht wieder gewinnen, den vollendeten Künstler unsern Landsmann in der schönsten Bedeutung des Worts zu nennen.
Als Thorvaldsen uns im Jahre 1819 besuchte, empfiengen wier ihn mit jubelnder Begeisterung, denn er hatte seinen wohlbegründeten Europäischen Ruhm an den Dänischen Namen geknüpft. Wir waren hingerissen, als wir ihn unter uns erblickten, denn die Hoheit des Künstlers wurde vergessen über der liebenswürdigen, herzlichen Persönlichkeit des Landsmannnes. Damals kamen wir ihm nicht allein mit jugendlichem Enthusiasmus entgegen, sondern wir bereiteten ihm zugleich einen neuen Kampfplatz, auf welchem er einige seiner reichsten Ehrenkränze errungen hat.
Empfiengen wir ihn damals so, wie sollen wir ihn denn jetzt empfangen, wenn er kommt im vorgerückteren Alter, ruhmgekrönt, begleitet von neuen Schätzen, um unsre Hauptstadt zu bereichern? Wie traurig, wenn er finden sollte, dass jene Begeisterung nur eine schnell aufflakkernde Flamme gewesen wäre, und dass Gleichgütligkeit und Kleinlichkeit über die uns anbetraueten Kunstwerken walteten! Lasst uns nicht vergessen, dass der Mann, welcher von mächtigen Herrschern als der erste Künstler der Gegenwart geehrt wurde, in Dänemark geboren ist, und dass wir es unsrer eignen Würde als Nation schuldig sind, hier so zu handeln, dass kein Verdacht auf uns ruhen kann, als wenn wir das Glück nicht zu schätzen verständen, welches uns widerfahren ist, und dass wir nicht andern gleichsam gestatten, sich die Ehre zuzueignen, welche uns zukömmt.
Lange dürfen wir auch nicht bedächtig zögern mit dem, was wir thun wollen. Funfzig Jahre sind schon vergangen, seit Torvaldsen die erste aufmunternde Belohnung der Academie erhielt, und können wir auch hoffen, dass er einem kräftigen Greisen=Alter entgegengeht, so müssen wir doch zugleich uns erinnern, dass unser Unternehmen eine mahrjährige Vorbereitung erfordert, und dass wir uns gegen den lähmenden Einfluss sichern müssen, welchen ein unerwarteter Schlag auf die zu grosse Zuversicht zu haben pflegt.
Mit Beziehung auf Vorstehendes wird hierdurch eine Subscription zu einem Museum für Thorvaldsens Werke eröffnet. Der nächste Zweck dieser Subscription ist indessen, bloss unsere Landsmännern und Landsmänninnen Gelegenkeit zu geben, ihre Beiträge zu zeichnen, und eine genauere Angabe der erforderlichen Summa scheint deshalb überflüssig, um so mehr, da dieselbe, ohne auf einen vollständigen Bauplan begrundet zu seyn, die nothwendige Zuverlässigkeit entbehren würde. Dass bedeutende Summen zu Ausführung eines solchen Monuments erfordert werden, wird man leicht einsehen; aber werden diese Summen über einen so grossen Theil der Nation vertheilt, wie zu wünschen ist, damit es in Wahrheit ein nationales Denkmal werde, so wird der Beitrag kaum für jemand beschwerlich fallen, zumal da er über drei Jahre vertheilt werden kann. Auch ist für die Grösse des Beitrags keine Gränze gesetzt, da es eben so unbillig scheint, die Freigebigkeit zu hindern, zu welcher grösseres Vermögen befähigt, als selbst das geringste Schärflein auszuschliessen, welches mit wohlwollender Gesinnung dargeboten wird.
Kopenhagen, d. 10. Januar 1837.
H. N. Clausen, Professor. |
Collin, Conferentzrath. |
Reventlow Criminil, Kammerherr und Graf. |
Dumreicher. Etatsrath. |
H. Freund, Professor. |
Gamst, Fabrikant. |
Hambro, Hofrath. |
N. Höyen, Professor. |
C. Moltke, Kammerherr und Graf. |
v. Prangen, Obrister. |
H. Puggaard, Kaufmann. |
Rathgen, Justitzrath. |
P. B. Scavenius, Kammerjunker. |
Schouw, Professor. |
I. Thiele, Professor. |
Treschow, Etatsrath. |
P. M. Tuxen, Commandeur=Capitain. |
Namen und Wohnort der Subscribenten. |
Beiträge ein für allemal. |
Jährliche Beitráge in drei Jahren. |