Kopenhagen, 18 Sept.
Gestern Nachmittag gegen 4 Uhr wurde auf dem Nikolaithurm die Flagge aufgezogen, welche uns die Annäherung unsers gefeierten Thorwaldsen verkünden sollte. Kaum eine Viertelstunde nachher bedeckte eine unzählige Menschenmenge die Zollbude, die Lenje-Linie, die Esplanade und die ganze Umgegend. Um 5 Uhr passirte die vom Dampfboot Wilhelmine von Helsingör (woselbst sie einige Tage widriger Winde wegen gelegen hatte) hieher bugsirte Fregatte Rota die Batterie Drei-Kronen, und alsbald verließen gegen 60 mit Flaggen und Emblemen gezierte Boote mit einer Deputation, einem Musik- und Sangerchor und vielen jungen Künstlern und Studenten die Zollbude, und ruderten der Fregatte entgegen, an deren Bord sich die Deputation begab, nachdem zum Willkommen ein Gesang ertönt war. Darauf bestieg Thorwaldsen in Begleitung des Capitäns und derjenigen jungen Künstler, welche die Reise von Italien mit ihm gemacht hatten, die Schaluppe der Fregatte, und begab sich, von allen übrigen Booten begleitet, nach der Zollbude, woselbst die Professoren der Kunstakademie ihn begrüßten, und eine Equipage zu seiner Aufnahme bereit stand. Sobald Thorwaldsen diese bestiegen hatte, wurden unter dem Jubel der unzähligen Volksmenge die Pferde abgespannt, und der Wagen von jungen Künstlern und Studenten durch die Amalienstraße nach Charlottenburg gezogen. Mitten auf dem Amalienburger Platz machte der ganze Zug Halt, brachte dem Könige, welcher sich mit der königlichen Familie auf dem Balcon des Schlosses zeigte, so wie Thorwaldsen ein donnerndes Hurrah, und setzte dann unter gränzenlosem Jubel seinen Weg fort. Thorwaldsens Wohnung auf dem Charlottenburger Schloß (der Akademie der schönen Künste) war auf das eleganteste eingerichtet, und mit reichen Blumenguirlanden und Kränzen aufs geschmackvollste verziert, der ganze Schloßhof mit Grün und Blumen bestreut. Ueber diesen Hof wurde der Triumphator mehr getragen als geführt von seinen Freunden und Schülern, denen er in seinem Atelier, umgeben von seinen unsterblichen Meisterwerken, mit kurzen, Herzlichen Worten seine Freude über seine Rückkehr ins Vaterland und die ihm erwiesene Ehre bezeugte. Bald nachher zeigte Thorwaldsen sich auf dem Balcon des Schlosses der zahllosen jubelnden Volksmenge auf dem Königsmarkt, und redete auch diese mit wenigen herzlichen Worten an. Abends 3 Uhr brachten junge Künstler beim Fackellicht im botanischen Garten ihrem großen Meister ein Lebehoch und einen Festgesang. ‒ Thorwaldsen scheint sich einer ungeschlachten Gesundheit zu erfreuen, aber die Zeit hat während seiner 19jährigen Abwesenheit sein Haar gebleicht und seinen Rücken etwas gekrümmt. Die Dauer seines hiesigen Aufenthalts soll leider auf wenige Wochen beschränkt seyn. Die Fregatte Rota ist mit einer großen Menge Kunstwerke beladen, auf deren Ausstellung man sehr begierig ist.