Hochgeschätzster Herr und Freund
In einem Gespräche, welches ich bald nach meiner Rück[k]unft hieselbst mit I. K. Hoheit der verwitweten Frau Herzogin von Leuchtenberg über die Errichtung eines Grabmales für den trefflichen verstorbenen Herzog, ihren Gemahl, hatte, theilte Sie mir auch ich Ihr die wechselseitigen Gedanken über diesen Gegenstand mit. So faßte ich eine Idee darüber welche der Frau Herzogin so gefiel daß sie mir auftrug eine Zeichnung davon zu machen. Ich zeigte mich hiezu bereit, indem ich jedoch bemerkte daß ich als Architekt die Idee nur ihrer allgemeinen Form nach angeben könne, und für die Skulptur auf das größten Bildhauers neuerer Zeit, auf Thorwaldsens Güte rechnen müße, von welchem ich als von meinem Freunde hoffen könne daß er gern mit Rath und That zu einem gemeinschaftlichen Unternehmen der Art mitwirken werde.Da mir die Frau Herzogin damals bemerkte daß ihre großen Arbeiten und Unternehmungen, ihnen wohl nicht erlauben würden diesen Denkmale welches in kürzester Zeit und ohne große Kosten in’s Werk gestellt werden soll, viele Zeit zu widmen, so beruhigete ich Sie, mit der Versicherung daß Ihnen geschickte Schüler zu Gebote ständen, und gab mich davon die verlangte Zeichnung zu machen.
Hier nun meine Idee und ihre Motive. Sie wissen wie des Herzogs ganzes Leben, auf dem Schlachtfelde das eines Helden, neben dem Throne aber das eines großen Staatsmannes, dem die Regel der Rechtschaffenheit nie verleid war. Im den letzten Jahren seines Lebens aber erfüllte er, vom politischen Schauplatze abgetreten, ganz die höheren Pflichten des Vaters, Privatmannes und des Christen, letzteres aber in so strengem Sinne, daß man glauben sollte, er habe eine Ahnung seiner baldigen Verklärung gehabt. Dieser Ahnung Erfüllung nun glaubte ich zum Hauptmotive seines Grabmales machen zu müssen. Er steht vor der geöffneten Thüre seines Grabmals, abgelegt hat er alle Zeichen seiner irdischen Größe und irdischen Ruhmes; Krone, Schwerdt, Marschallstab und Waffenrüstung liegen in eine Trophäe vereiniget zu seinen Füßen, und noch ein leichtes Untergewand und ein zurückfallender Mantel bekleiden ihn. Mit einem Fuße die Stufen zum Eingange hinanschreitend, nimmt er, die rechte Hand auf’s Herz, mit der linken das letzte Zeichen seiner irdischen Größe: des Ruhmes Lorbeerkranz, vom Haupte, um ihn der danebensitzenden Muse oder Göttin der Geschichte zu übergeben, auf deren Tafel schon sein Wahlspruch: Ehre und Treue, eingeschgraben steht. Statt dieses irdischen Kranzes aber reichen ihm zwei über dem Eingange schwebende Engel den Sternenkranz der Unsterblichkeit. Das Grabmal wird von dem Konstantinischen Zeichen ‡: Durch dieses Zeichen wirst Du siegen, gekrönt.
Da mir nun zugleich der Platz in der Kirche bezeichnet ward, wo dieses Denkmal stehen soll, so komponirte ich die architektonische Gruppe für das Ganze der Idee und für den Platz paßlich, wobey ich jedoch die Stellung der Figuren nur insofern angab, als es nöthig war, die ganze Idee zu versinnlichen. Die Zeichnung nun, von welcher ich eine Pause machen ließ, um sie Ihnen hinbeyzulegen, legte ich der Prinzeßin vor, und sie ist von Höchstderselben in allen Theilen angenommen worden, so daß mir der Auftrag ward, sogleich Anstalten zur Ausführung zu treffen, woran die erste der Kostenanschlag sein soll. Die Frau Herzogin erneuerte mir nun die Hoffnung, daß Sie, mein hochverehrter Freund, die Ausführung, oder wenigstens die obere Leitung derselben übernehmen würden, und sagte mir erst bey dieser Gelegenheit, daß die Herzogin von Saint Leu, Schwester des Verstorbenen, schon über den Gegenstand mit Ihnen gesprochen, jedoch eine Idee angegeben hätte, welche Ihnen nicht gefallen. Sie trug mir also vom Neuen auf, Ihnen über die Ausführung der angenommenen Idee zu schreiben in der Art, wie ich selbst mich früher geäußert hatte.
Da nun, wie gesagt, die mit der Würde des Gegenstandes zu vereinbarende Ersparung der Kosten mir vorgeschrieben ward, so habe ich vorgeschlagen, alles was Architektur und Ornament ist, hier machen zu lassen, wo wir schöne Marmorarten aller Farben und Arbeiter haben, welche unter meiner Leitung gebildet, es mit einem Jeden aufnehmen können. Was nun die Figuren, nämlich die des Herzogs, der Geschichte und die Waffengruppe, anbelangt, so läßt Sie, mein hochgeschätzter Freund, die Frau Herzogin durch mich ersuchen, es zu übernehmen, dieselben wenigstens nach ihren Skizzen und unter ihrer Leitung von ihren Schülern modellieren und in karrarischem Marmor erster Qualität, so wie Sie es mit den Aposteln und den Evangelisten für Würtemberg thaten, ausführen zu lassen. Da die beyden Engel über der Thür, obschon in Altorelief, doch aus den Steinen der architektonischen Masse (welche ebenfalls weißer Marmor ist) gearbeitet werden müssen, so würde es genügen, daß Sie gute Gipsmodelle dazu hierherschickten, nach denen von geschickten Arbeitern hier gearbeitet werden könnte. Es bleibt Ihnen, werthester Freund, nun zwar ganz überlassen, welchen von Ihren Schülern Sie diese Arbeiten und ihre Ausführung übertragen wollen, jedoch würde es der Frau Herzogin angenehm seyn, wenn die bayrischen Bildhauer in Rom dabey beschäftigt würden. Ich bin so frey, ihnen nebst Tenerani auch Leeb und Meyer (für die Trophäe vielleicht) zu nennen. Wie gesagt, habe ich die Figuren, um die Idee und Anordnung des Ganzen deutlich zu machen, zeichnen müssen, daß es aber Ihnen frey steht damit zu machen, was ihnen gefällt, versteht sich von selbst; nur muß die ganze Idee, Maaß und Anordnung, insofern sie zur Architektur paßt und gehört, beybehalten werden. Die Größe und Form des Ganzen ist durch den gegebenen Raum an einer flachen Wand unter einer großen Arkade, zwischen zwei Thüren, bedingt. Dieser Raum ist zwar nicht ganz schlecht, aber doch nur durch ein Reflexlicht beleuchtet, welches für Arbeiten en relief nicht günstig wäre; deshalb habe ich auch geglaubt, diese ganz aufgeben zu müssen, und sie, wo sie wie bey den obern Engeln angewendet werden muß, sehr erhaben zu halten.
Der untere Absatz des Denkmals würde aus schönem hellbraunem, alles Uebrige aus weißem oder hellgrün geadertem Tyroler=Marmor gemacht; das Feld der Thür, woran die Hauptfigur, würde schwarzer Marmor werden. Der untere Sockel, welcher, wie der Grundriß zeigt, 2½ Fuß obere Fläche darbietet, trägt die Figur der Geschichte und die Trophäe; die des Verstorbenen steht auf den beiden Stufen. Daß diese Figuren ganz frey stehen und ringsherum bearbeitet sind, versteht sich von selbst. Die beyden Engel würden, wie gesagt, hocherhaben gearbeitet und den Sternenkranz in horizontaler Richtung über dem Haupte des Verstorbenen halten. Die architektonische Gruppe und selbst die Säulen habe ich etwas pyramidal gehalten.
Ich soll Sie nun, werthester Freund, im Nahmen der Frau Herzogin fragen, ob Sie die Anordnung, obere Leitung und Ausführung der Skulptur an diesem Grabmale in obgenannter Art übernehmen wollen, und welches der Preiß dieser Arbeiten, nemlich der 2 Figuren und Trophäe in Marmor und des Modells für die beiden himmlischen Genien, seyn würde. Ich wage zu glauben, daß unsere Freundschaft dazu beitragen wird, eine günstige Antwort von Ihnen zu erhalten, und brauche Ihnen nicht zu bemerken, daß die Umstände die Frau Herzogin zwingen, auf möglichste Ersparung bey diesem Unternehmen zu denken. Es wird überdem zur Bedingniß gemacht, daß diese Arbeiten 2 Jahr nach der definitiven Bestellung in Rom zum Transporte fertig und bereit wären, weil ich bis dahin auch mit der gleichzubeginnenden Ausführung des architektonischen Theiles fertig sein werde. Sobald ich eine günstige Antwort von Ihnen erhalten haben werde, so sollen Ihnen die nöthigen genauere Maaße, Profile p.p. geschickt werden, damit unsere Arbeiten zusammenpassen. Dagegen müßte ich bitten, mir, sobald Sie darüber mit sich selbst einig sein wurden, eine kleine Skizze über die Anordnung, Stellung und Bekleidung der Figuren zu schicken. Hr Gutensohn habe ich für diesen Fall aufgetragen Ihnen einen neuen Umriß der Architektur zu machen, um die Skulptur hineinzeichnen zu können. Wie leyd thut es mir statt des Schreibens nicht eine halbe Stunde über diesen Gegenstand mit Ihnen sprechen zu können, gewiß würden wir dann bald über Alles einig werden. Jedoch hoffe ich daß dieses auch so geschehen soll, und bitte Sie mir recht bald Nachricht darüber zu geben.
Ich bin gotlob wieder glücklich hierangelangt und halte mich auch durch 5 Monathe italienischen Himmel gestürkt vollkommen passend gegen das erschreckliche Wetter welches wir hier haben. Möge es Ihnen hochverehrter Freund auch sowohl ergehen, und das Schicksal in Ihnen unserem Zeitalter noch lange eine seiner schönsten Zierden erhalten.
Ich bitte Sie mich in freundlichen Andenken zu erhalten Tenerani, Freund, Begasse und die Familie Butti zu grüßen, und übrigens die Versicherungen der ausgezeichneten Hochachtung zu empfangen womit ich die Ehre habe zu seyn
München d. 24te April 1824 | Ihr ergebener Diener und Freund L. von. Klenze K. Beyr. Hofbau-Intendant pp |
N.S. Ich bemerke mir noch daß in dem Grundriße der Vorsprung des unterem Sockels woauf die Trophän u.s.w. steht, statt den 2½ Fuß welche eingeschrieben nur 2 Fuß breit gezeichnet ist sollte noch mehr Versprung erfordert werden so kann dieses geschehen; ja doch erfordert sowohl den bestimmte Raum als auch ma[n]ch glaube die Schönheit, daß man nicht zuviel Vorsprung gabe.