Frankfurt a/M den 11 Febr. 1819.
Schon längst verehrter Freund, gehe ich damit um, mich schriftlich an Sie zu wenden, doch erst jetzt bey der Rückkehr in meine Vaterstadt ist dieser Vorsatz durch mancherley zur Reife gekommen. Auf eine recht angenehme Art wurde ich gleich anfangs hier durch das Heft Ihrer Basreliefs, das ich hier zuerst zu Gesicht bekam, an Sie erinnert, und damit auch an meine Schuld; noch mehr aber trieb mich meine Mutter dazu, Ihnen einmal wieder zu schreiben, der es noch immer recht sehr am Herzen liegt ihre frühere Idee ausgeführt zu sehen, den Tod und das Andenken meines Bruders auf eine schöne und würdige Art, und was gab es wohl schöneres, als ihn durch die im Bilde erschienene zarte innere Empfindung und Schöpfung des Künstlers, zu feyern, durch die öftere Nachrichten von dorther kommender Reisenden, daß das Werk seiner Vollendung so nahe sey, und durch seine Schönheit jederman erfreue und entzücke, endlich durch die bildliche Darstellung, die wenn auch nur dürftig im Verhältniß zum Marmor, doch schon eine so erfreuliche Idee davon gab, wurde der Wunsch und di[e] Hoffnung, es vollendet zu sehen, gewährt u belebt, und doch schien sich die endliche Erfüllung derselben mehr zu entfernen als zu nähern. Weder meine Mutter, die selbst viel Sinn für di[e] Kunst hat und die Bestrebungen der Künstler zu schätzen weiß, noch ich, der ich mich Ihrer persönlichen Bekantschaft erfreuen, und noch immer mit Freude an di[e] Zeit, die ich in Ihrer Nähe verleben durfte, zurück denke, möchte vor [bey] Ihnen in dem unangenehmen Lichte erscheinen, als wollten wir Sie auf eine lästige und ungeschickte Art mahnen. Ich weiß zu gut, wie sehr die Frage innere Thätigkeit des Künstlers von Zeit, von Stimmung, ja äußern Umständen, u ich möchte sagen eine Art Eingebung, di[e] sich nicht bannen lässt, abhängt, um Ihnen einen Vorwurf [zu] machen, oder irgend einen Zwang auflegen [aufzulegen] zu wollen. Nur unsere Wunsch glaubten wir Ihnen auf Herz legen zu dürfen, um Ihnen wenigstens zu zeigen, daß von unsrer Seite die Liebe zu dieser Idee nicht erkaltet ist, und daß wir der Vollendu[n]g mit Sehnsucht entgegensehen. Unsre Bitte ist daher nur diese: daß Sie uns doch recht bald entweder selbst, oder wenn Ihnen di[e]ß zu beschwerlich fallen sollte, durch einen Freund Nachricht [zu] geben möchten, wie weit das Werk vollendet ist, ob und wann wir wohl darauf zählen könnten, daß es di[e] gänzliche Ausführung erhielte ? Es versteht sich von selbst, und Sie werden daran auch wohl nicht zweifeln daß meine Mutter ihrerseits nicht zögern wird ihre Verbindlichkeiten gegen Sie zu erfüllen, wenn Sie einen Wunsch darüber äußern sollten. Sie wissen auch, daß meine Mutter entschlossen ist, es hier aufzustellen, woüber Sie sich gewiß mit uns freuen; denn in dem traurigen Livorno auf einem elenden Kirchhofe, wo die Leute selbst Schwierigkeiten machten, es zu zulassen, würde es wie verloren, und der schönste Zweck nicht erreicht seyn; hier aber erfreuen wir alle uns nicht nur daran, sondern es wird dann auch von andern Kunstfreunden gesehen, wodurch ein Kunstwerk doch eigentlich erst recht ins Leben tritt.
Ritter hat kürzlich durch den Professor Hausmann aus Göttingen an Sie geschrieben, der hoffentlich den Brief jetzt schon abgegeben hat. Sie werden an ihm einen recht lieben Mann kennen gelernt haben.
Schließlich empfehle ich mich recht angelegentlich Ihren freundschaftlichen Andenken und verbleibe
mit inniger Hochachtung Ihr
A. Hollweg.