Trinklied
für deutsche Künstler in Rom.
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Was für stolze Berge hat
Rom, die alte Wunderstadt,
rühmend aufzuweisen!
Aber, lustge Freunde, wi[s]st,
einer doch vor allen ist
laut von uns zu preisen.
Kapitol und Vatikan
glänzen auf des Künstlers Bahn
wohl als höchste Sonnen;
doch die Sonnen blenden oft,
und die Frucht, auf die man hofft,
wird nicht stets gewonnen.
Auf dem stolzen Palatie
ist versunken in Ruin
goldner Vorzeit Schimmer!
„Alle Erden-Herrlichkeit
währt nur eine Kurze Zeit! „
predigt jede Trümmer.
Wohl das schönste Schlüsselloch
zeigt der Aventin, und doch
Kann man dort von Herzen –
sieht man auch Sanct Peters Dom
und ein groszes Stück von Rom –
trinken nicht und scherzen.
Auf dem Monte Pincio
wohnt der Künstler oft recht froh,
doch auch oft voll sorgen:
Heute glückt die Arbeit nicht,
morgen will ein Bösewicht
ihm nicht länger borgen!
Und wenn dort der Ewigkeit
Werk auf Werk ein Meister weiht,
fehlt es nicht an Frechen,
die, nicht achtend ewgen Ruhm,
gierig auf sein Eigenthum,
seine Thür’ erbrechen!
Drum – und wär’ er auch ein Zwerg –
lasset uns den Scherbenberg
laut vor allen preisen!
Denn von Weinkrug und Pokal
hat er Trümmern ohne Zahl
lustig aufzuweisen.
Ei, wie muss getrunken seyn,
eh’ man so viel Krüge Wein
nach und nach zertrunken!
Mancher Zecher, hochvergnügt,
ist dabei wohl, weinbesiegt,
unter’n Tisch gesunken!
Klüglich in die Scherbennacht
hat man dann, wie Schacht an Schacht,
Keller eingegraben!
In den Kellern Fass bei Fass,
und in jedem Fass etwas,
lustig uns zu laben!
Noah, der den Wein erfand,
hat geknüpft ein heitres Band
Zwischen Erd’ und Himmel
Wein erhebt, in Lust und Schmerz,
auch des Künstlers Geist und Herz
über’s Erdgetümmel. –
Mögt ihr Berge allesammt,
denen Roma’s Ruhm entstammt,
noch so hoch stolziren:
höher – wär’ er auch ein Zwerg –
steht uns doch der Scherbenberg,
wenn wir pokuliren.
A. G. Eberhard.