Montenero den 9tenSeptbr 1808
Theuerster Freund
Ihren letzten Brief vom 8tenJuly erhielt ich hier in Montenero ich wollte Ihnen sogleich darauf antworten, aber so manche Abhaltungen verzögerten dies bis heute, wo ich dann endlich einige ruhige Augenblikke zum Schreiben habe, um nun auch viele meine Schuld abzutragen; Schade nur daß ich Ihnen so wenig sagen kann was Sie interessirt, denn meine Entfernung von Rom hindert mich, Ihnen wie gerichelich von allem was dort in der Künstlerwelt vorgeht umständliche Nachrichten zu geben, ich will Ihnen indeß mittheilen was meine Correspondenten Rauch und Moller mir von daher geschrieben haben, und so erhalten Sie wenigstens die vorzüglichsten Neuigkeiten; doch vorher erst zu Ihren Briefen.
Ich freue mich sehr daß Sie mit Ihrer gegenwärtigen Logi und mit Ihrer Einrichtung zufrieden sind, und stelle mir diese so angenehm vor, das es nur möglich ist sie außer Rom zu finden, und wahrlich Sie haben sehr viele Vortheile die manche Andere die in ihr Vaterland zurück kehren gewiß nicht finden, doch denke ich wird Ihnen die Erinnerung von Rom immer lieb und theuer bleiben, und Ihre Außerung [sic], daß Sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben einst dahin zurück zu kehren, macht mich glauben, daß Sie bey allem Angenehmen Ihrer gegenwärtigen Verhältniße, es doch fühlen wie einzig Rom dem Künstler ist, deßen Sie dieser Gefühl zur festen Ueberzeugung werden, und kehren Sie bald zu mir zurück; es würde mir äußerst angenehm seyn Sie noch da wiederzusehen; wie lange es mir noch vergönnt seyn wird in Rom zu seyn, weiß ich selbst noch nicht, doch wenigstens noch ein Jahr, in unsere Zeiten darf man keine feste Pläne machen. Die Wanderungen nach Schandan u. s. w. hatte ich gerne mit Ihnen machen mögen; lebhaft schweben noch die Bilder jener gewiß schönen Gegenden vor mir, und ein wahrer Genuß würde es mir seyn sie einmal in guter Gesellschaft zu durchwandern, zumal wenn man gemeinschaftlich Vergleichungen mit so manchen anderen Gegenden machen kann die wir zusammen gesehen haben. Ueber die Theurung dort wundre ich mich sehr, zwar macht der Wein einen bedeutenden Unterschied indeß auch ohne der, finde ich es theurer da, als in der Land[xxxxxx]gen um Rom, wo man doch mit 60 Paoli täglich recht gut lebt. Schandan muß übrigens jetzt sehr angenehm seyn und durch diese neue Einrichtung gewonnen haben. Daß Ihre Arbeiten Ihnen Vergnügen machen und gelingen habe ich mit Theilnahme gelesen, es ist doch der größte Genuß für den Künstler, und der schönste Ersatz für so viele Jahre und Aufopferungen. Es muß sehr angenehm seyn, so wie Sie, ohne Sorge für die täglichen Ausgaben, und ganz nach eigner Willkühr, nun in Ruhe alle gemachte Erfahrungen anzuwenden, und dies an einem Orte wo die schöne Natur, und eine so vorzügliche Gallerie Ihnen beständig als Muster dienen, und wo Sie Sich immer Rath holen können. Daß Sie sehr eingezogen leben finde ich sehr natürlich, und ich glaube Sie haben selbst wenig Versuchung jene Gesellschaften zu sehen; wo denen nur wenige Ihnen intereßant seyn können, zumal da Sie in Ihrer Familie die beste Unterhaltung finden.
Daß Matuszewsky Sie von neuen geplagt hat, ist doch arg, in Rom weiß man jetzt gar nichts von ihm, ich habe aber immer gefürchtet, daß er den tollen Einfall haben würde wieder dahin zurück zu kehren; um uns von neuen zur Last zu fallen.
In meinen letzten Briefe, glaube ich Ihnen schon gesagt zu haben, daß ich einige Monate hier auf Montenero zubringen würde, dieser Vorsaz ist dann ausgeführt, und am 20 sten July reißte ich in Gesellschaft von Wahl, Mathiay, Cramer und dem Grafen Elking nach Livorno ab. Dieser Gr. Elking kam im vorigen Herbst nach Rom, und da er mit Cramer in einem Hause wohnte, wurden sie bekannt mit einander. Jetzt da C. durch Umstände geruht ist wieder Rom zu verlaßen, weil er von Hause nicht mehr Moneten erhielt, entschloß er sich mit dem Grafen in die Schweiz zu gehen, und dort einige Monate bey ihm zuzubringen; er hat ein Landgut in der Nähe von Zürch [sic], was Clarisegg heißt, und dort wird Cramer bleiben, in der Hoffnung es aus zu wirken, daß er wieder nach Rom zurückkehren könne. Er hat mich sehr gedauert, daß er gezwungen wurde von Rom zu gehen, und ich glaube daß wenn er jetzt wieder dahin käme er mehrere Nützen von seinem Aufenthalt haben würde. Er blieb einige Tage in Livorno ging dann mit dem Grafen über Genua nach Mailand, und wird jetzt wahrscheinlich schon in der Schweiz seyn. Er hatte eine sehr brave Composition gemacht, die Hermannsschlacht, worin so wohl in der Anordnung des Ganzen als in einzelnen Gruppen sehr viel Gutes war; jedoch ziehe ich seine andere Composition vor den [xxxxxx]sen vor, weil der Gegenstand an sich mir mahlerischer scheint wie zum Schlacht. Wie ungern er Rom verlaßen hat können Sie Sich leicht vorstellen.
Wir leben hier auf Montenero sehr angenehm, der gute Baron hat uns ein eigenes Haus ganz für uns einrichten laßen, wo wir außer einigen sehr dezente Wohnzimmern auch ein vortreffliches Studium zum arbeiten haben. Eberlein war bey unserer Ankunft schon 8 Tage hier, er hatte eine Reise nach Oberitalien ins Venetianische gemacht. Wir sind alle beschäftigt, gehen zu weilen nach Pisa, wo ich mit Wahl in Campo Santo einige Zeichnungen nach den alten Meistern gemacht habe, und so ist mir die Zeit sehr schnell vergangen, doch wirds jetzt bald wieder nach Rom gehen, wir werden die Reise wieder zu Fuß über Florenz u Perugia u Terni machen, um dort vor der Mitte Octobers dort zu seyn. Ich sehne mich auch sehr mein untermeltes Gemählde wieder vorzunehmen, daß wie man mir schreibt vortrefflich ausgetrokknet ist. Thorvaldsen u Rauch die uns hier abholen wollten, haben diesen Plan aufgegeben, ersterer hat einen ganz vorzugliche [sic] Figur gemacht, zwar nicht doppelt coloßal wie der gute Arbeiter zu sagen beliebte, aber doch mehr als selbst Sch[xxx]rzische Lebensgroße [sic]. Rauch hat einen Orpheus gemacht auch als Lebensgröße, eine runde Figur die ihm sehr gut gelungen ist, u ihm viel Ehre machen wird.
Mehrere Wiener Künstler die zu Anfang des Sommers nach Rom kamen, sollen schon wieder abgereist seyn, daß Jagemann mit ihnen gekommen glaube ich Ihnen schon geschrieben zu haben, er wohnte erst in seinem alten Quartier, hatte aber vor seiner Abreise die Wohnung der Angelica gemiethet, ob er noch da ist weiß ich nicht. Ferner sind vor einige Wochen angekommen der Jahrmarktsmann u sein Bruder aus München, wie Rauch uns schriebt. Daß Wagner hier seine Gemälde 1000 Zechinen, schreibe tausend Zechinen bekomme, werden Sie wahrscheinlich früher erfahren haben als ich, vielleicht kommt er jetzt wohl wieder nach Rom zurück.
Grass ist gegenwärtig in Palazzuola, er war im Frühjahr in l’Arriccia. Krälius ist seit Welkers Abreise in v. Humboldt Hause, an deßen Stelle getreten, sie sind jetzt in Albano in Villeggiatura, wo auch Göthe, Küster, und auch mehrere andere sind. Mad: Brun war auch da diesen Sommer, sie ist seit einigen Tagen in Livorno um die beyden Töchter dort von den lutherischen Prediger confirmiren zu laßen.
Link der Herr Vetter, der neben mir nun die Zimmer hat, wo die Riepenhausen u Rumohr wohnte, war dieser Frühjahr in Subiaco, er erzählte mir eine Neuigkeit die Sie intreßiren wird, nemlich daß ein junger Pasticetto, (wenn ich nicht irre Ihr schöner Mensch) von einigen Sbirren erstochen ist, weil er diese ältere sehr beleidigt hatte. Daß in Rom auch der schöne junge Ziegenhärt der der [sic] Modell macher erstochen worden werden Sie vielleicht schon wißen. In Rom wird jetzt viel todt gestoßen i[xx xx] d[xx] Popolo, anstatt zu hängen.
Camuccini und Landi haben ihre beyden großen Gemählde die für eine Kirche von Piacenza bestimmt sind bald fertig, der der ersteren habe ich untermelt gesehen und ich glaube er wird ein vorzüglicher Bild, lezterer sah ich noch nicht, aber man sagt von beyden sehr viel Gutes. Canova hat seinen Napoleone zu Pferde fertig, der Fuß des Modells in natürlicher Größe, ich sah es vor meiner Abreise, er wird nach diesem das große Thonmodell machen, noch einmal so hoch, und dann diese [xxx]ste[xx] Statue in Bronze gießen; folglich haut er diesmal nicht darnach, macht aber das Modell selbst. In den Pfingstfeyrtagen grade wie auch Sie Ihre Wanderung nach Schandan gemacht haben, war ich mit Moller, Hopfgarten u Jollage nach Albano u. s. w.; wir machten den gewöhnlichen Giro, und die drey die diese herrliche Gegenden noch nie gesehen hatten, waren sehr entzükt davon. Reinhart der jetzt in l’Arriccia ist, hat sein kleinstes Mädchen verlohren.
Unsere kleine römische Colonie hier grüßt Sie freundschaftlich. Was macht Mathiay wie ich höre wird er zu Micheli Hochzeit halten u was macht Pochmann, Rösler u. s. w. grüßen Sie doch alle von mir, auch Friderich wenn Sie ihn sehen, ich denke Sie werden wohl jetzt meine Anweisung und die 50 rs erhalten haben; u danke Ihnen für diese Bemühung. R[xxx]en Sie noch zuweilen im Weiszenschen Hause? Ich bitte auch da viele Empfelungen von mir zu bestellen. Ihre Antwort hierauf bitte ich wie gewöhnlich nach Rom zu schikken, denn ich bleibe höchstens noch 3 Wochen hier. Von Rom aus hoffe ich, Ihnen dann einen weniger unintereßanten Brief zu schreiben wie den gegenwärtigen, ich sehne mich selbst darnach einmal wieder zu sehen was die Leute in Rom machen. Leben Sie wohl und schreiben bald
Ihrem Freunde JLLund
Ist Blachmann schon bey Ihnen angekommen?