Frankfurt 9 July 1825.
Hochwohlgebohrner Herr!
Hochgeehrtester Herr Ritter!
Ihr freundschaftliches Schreiben wom 20 Mers ist mir durch Ihren Empfohlenen, Herrn M. Oppenheim, vor Kurzem zugestellt worden. Es hat mich außerordentlich gefreut, bei dieser Veranlaßung zu erfahren, daß Sie meiner freundlich gedenken, und den sehnlichen Wunsch theilen, welchen ich schon lange unterhalte, daß wir uns bald wieder einmal sehen und sprechen mögen.
Nicht minder befriedigend, war mir die gütige Außerung, daß Sie, Ihres Versprechens eingedenk, auch einem würdigen Gegenstand spähen, um mein Musaeum mit einem Kunstwerk von Ihrer Hand zu bereichern. So sehe ich mich bescheide, daß Ihre Zeit, durch die Wünsche anderer Kunstfreunde bereits in großen Anspruch genommen, der Verwirklichung des meiniger bis daher nicht zugewendet werden konnte, und so überzeugt ich bin, daß bei Kunstwerken, deren Sujet der freyen Wahl des Meisters anheim gegeben ist, die Stunde der Inspiration abgewartet werden muß, so glaube ich doch, Sie, verehrtester Freund, werden mir es nicht als Unbescheidenheit auslegen, wenn ich Ihnen gestehe, daß ich – durch die Flucht der Zeit gemahnt – recht begehrlich den Moment herbeizaubern möchte, wo Ihre Spähe den Ruhepunkt, Ihr Genius den zusagenden Gegenstand finden könnten.
Einstweilen, und bis Sie die Güte haben werden, mir einiges Detail über dasjenige zu geben, vorauf ich hoffen darf, erwarte ich mit Ungeduld das Hiehergelangen des Grabdenkmals, deßen, bevorstende Absendung Sie erwähnen, überzeugt, daß es mein Verlangen, Selbst ein Werk von Ihnen zu besitzen, von neuem stacheln wird.
Um auf Ihren Empfohlenen zurükzukommen, habe ich die Ehre Sie zu versichern, daß Hr Oppenheimers schön aufgeblüthes Talent, das noch bedeutende Leistungen von ihm erwarten läßt, unter den hiesigen Kunstkennern verdiente Anerkennung gefunden hat. Morgen werden 3 seiner vorzüglichsten Bilder: Susanna, Saul & Abraham in dem Städelschen Kunstinstitut öffentlich ausgestellt.
Indem ich Sie nochmals bitte, Ihre gütige Zusage in freundlichem Andenken zu behalten, und ihre Einhaltung nicht allzu weit hinaus zuschieben, beharre ich in den Gesinnungen unwandelbarer Freundschaft und Verehrung
M Bethmann