No. 6182 of 10319
Sender Date Recipient
Karl Grüneisen
Redaktørerne ved Kunst-Blatt
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Sender’s Location

Stuttgart & Tübingen

6.6.1833 [+]

Dating based on

Dateringen fremgår af tidskriftet, hvor teksten blev trykt.

Omnes
Abstract

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Sculptur.

Leben und Werke des dänischen Bild-
hauers Bertel Thorwaldsen, dargestellt
von J. M. Thiele ac.

(Fortsetzung.)

Im Jahr 1803 wurde das berühmte Basrelief nach Homer, Abschied der Briseis von Achill, modellirt. Es existiren hiervon mehrere marmorne Exemplare: in Mitau bei dem Freiherrn von Ropp, in der Abtei Woburn, dem Sommerpallaste des Herzogs von Bedford. Die zuvor genannte Erholungsreise begann Thorwaldsen im Jahr 1804 und ging zuerst nach Neapel, wo der Landschafter Kniep, ein geborner Würtemberger, der früher Göthe’s Wandergefährte durch Sicilien gewesen war, nun Thorwaldsen zu den Ruinen von Pästum geleitete. Von Neapel wandte er sich auf die Einladung des dänischen Gesandten am toskanischen Hofe, Baron von Schubert, nach dessen schöner Villa Montenero bei Livorno und begab sich zu seiner Wiederherstellung in die Lucchesischen Bader. Im Bade selbst beschäftigte er sich mit kleinen Compositionen, und zurückgekehrt? im September nach Montenero, vollendete er daselbst in neun Tagen jenes berühmte Basrelief, der Tanz der Musen auf dem Helikon, womit er seine gastfreie Wirthin an ihrem Geburtstag überraschte. Ferner entstand daselbst die Gruppe Amor und Psyche, später für die Gräfin von Woronzoff und den Fürsten von Putbus in Marmor ausgeführt.

Nach der Rückkehr nach Rom wurden im Jahr 1805 vier Statuen in halbnatürlicher Größe, von welchen Thorwaldsen zum Theil die Skizzen aus Montenero mitgebracht hatte, ausgeführt: Bacchus, gleichfalls zweimal vorhanden im Besitze der Gräfin von Woronzoff und des Fürsten von Putbus; Ganymed, mit dem Adler des Jupiter, in Marmor, der Gräfin von Woron zoff gehörig; Apollo mit der Leyer, Eigenthum derselben Dame; und Venus mit dem Apfel, zuerst für die Gräfin von Woronzoff, später für Herrn von Nopp in Mitau ausgeführt. Da auf die letztere Statue immer neue Bestellungen eingingen, zerbrach der Künstler das Modell und fing 1813 an, dieselbe Composition in Lebensgröße auszuführen, wurde aber erst 1816 mit dem Modell fertig. Das eine Exemplar in Marmor ging an die Herzogin von Devonshire nach England, wurde aber leider beim Auspacken dadurch beschädigt, daß eine Hand abbrach. Das andere, dem Lord Lucan eigentümlich, ist in einem außerordentlich schönen Marmor mit ungewöhnlicher Feinheit von dem Meister vollendet; es hatte das eigene Schicksal, mit dem Schiff, auf dem es die Reise nach England zurückzulegen bestimmt war, im Meere unterzusinken, nach kurzer Zeit aber aus den Wellen der See, wie unser Verf. sagt, als eine ächte Anadyomene, wieder hervorzusteigen, so daß sie doch noch in England ankam. Ueber die Bestimmung eines dritten Exemplars in Marmor, das ohne Bestellung 1824 angefangen wurde, ist nichts beigebracht.

Im Aufträge des Marchese Torlonia, der den Pallast Bracciano mit der berühmten Gruppe, Herkules und Lichas von Canova, geschmückt hatte, sollte Thorwaldsen ein Nebenstück zu dieser Gruppe aus eigener Wahl komponiren, und wählte zuletzt die Darstellung des Mars und der Venus; doch als die Figur des Mars bis auf den Arm, womit dieser die Venus umfangen sollte, modellirt war, gerieth die Arbeit in Stocken. Man hat den Grund hiervon bald in dem Stolze des Canova bald in dem veränderten Plane Torlonia’s gesucht. Später benützte Thorwaldsen das beinahe vollendete Modell des Mars zu einer besonderen Statue des friedenbringenden Kriegsgottes. Aus Veranlassung seiner Darstellung des anacreontischen Liedes von Mars und Amor im Basrelief kam ihm die Idee, die Statue des Gottes wieder in eine Gruppe zu verwandeln, worin der Gegenstand des anacreontischen Gedicktes gleickfalls zum Grunde liegt. Bei dieser neuen Zusammenstellung des Mars mit Amor mußte allerdings an der bereits modellirten Figur des Ersteren eine Veränderung, hauptsächlich in der Haltung des Hauptes und in der Bewegung des rechten Arms vorgenommen werden. Der Verfasser wirft hierbei eine Frage auf: “Inwiefern eine solche Umbildung der einzelnen Theile ein Kunstwerk einer ganz andern Idee völlig angemessen machen könne. Es könne freilich nicht bezweifelt werden, daß die ganze Gruppe von Neuem modellirt worden sey und daß ein Künstler wie Thorwaldsen nicht unterlassen haben werde, mit seinem genau prüfenden Blicke zu untersuchen, ob und was, selbst in den kleinsten Theilen, eine Modifikation erfordert habe; aber es sey doch unlaugbar, daß das Gefühl dadurch verletzt werde, das ganz Zufällige, z. B. das Gewand, die Lanze und der Helm, ganz unverändert aus einer Composition in eine andere übergetragen zu finden.” Dieses Aergerniß dünkt mich aber überhaupt ganz subjectiv zu seyn; da sich in verschiedenen Modifikationen derselben Gestalt und Situation nicht die Armuth, sondern vielmehr der Reichthum des Künstlers an Ideen beurkundet. In spezieller Hinsicht aber auf den vorliegenden Fall gibt sich die große Veränderung, die bei derselben Stellung des Mars doch durch die Biegung und Richtung des ganzen Körpers hindurchgeht, zu erkennen, und es ist auch zwischen den Ideen des friedenbringenden Mars und jenes anacreontischen Dialogs kein Widerstreit, sondern eine nahe Verwandtschaft, wo nun gerade in der ähnlichen Haltung beider Figuren des Mars der Gedanke um so naiver in die Augen springen muß, daß dem friedenbringenden Kriegsgotte die kleinen Pfeile des Liebesgottes keinen Frieden gönnen.

1806 entspann, aber zerschlug sich auch wieder ein Plan, nach welchem Thorwaldsen eine kolossale Statue der Freiheit für die nordamerikanischen Freistaaten zur Aufstellung in Washington ausführen sollte. Ebenso ein Auftrag für ein Denkmal des Dante in der Kirche S. Croce zu Florenz.

1807 kam aus Dänemark von der Gräfin Charlotte von Schimmel mann die Bestellung des Taufsteins, ein Parallelepipedon mit biblischen Darstellungen auf den vier Seiten: die Taufe Christi; Maria mit dem Jesuskind und dem Johannes; Christus die Kinder segnend, und, wieder Verf. die Ueberschrift setzt: drei schwebende Engel. Thiele sagt: “Wir wissen nicht, ob der Künstler eine besondere Bedeutung in diese kleine Gruppe (auf dem vierten Basrelief) legen wollte, und weil sie nirgends anders als eine Gloria erwähnt oder erklärt wird, ist der Verfasser versucht worden zu glauben, daß, dem Künstler unbewußt, eine tiefere Bedeutung, die der heiligen Dreizahl der christlichen Tugenden darin liege. Ist denn nicht der eine Engel, dessen Hand in frommer Hingebung ausgestreckt ist und dessen Blick dem Himmel gehört, das Bild des Glaubens? Ist der zweite, dessen Bewegung ein freudiges Hinaufwärtsstreben andeutet, nicht ein Bild der Hoffnung? Und kann die Liebe wohl inniger vereinen, als wie der dritte die beiden andern umfaßt?” (S. 42.) So nahe nun einem Taufstein die Vorstellung der Trinität des Glaubens, wie sie in der von dem Erlöser eingesetzten Taufformel (Evang. des Matthäus Cap. XXVIII., V. 19.) enthalten ist, oder auch die der Dreifaltigkeit christlicher Tugend (nach dem ersten Brief an die Corinth. Cap. XIII., V. 13.) liegt, so scheint diese Vorstellung in dem Segen, den auf dem dritten Basrelief des Taufsteines Jesus den Kindern ertheilt, bereits eingeschloffen zu seyn, und hingegen die Frage nach dem Zustande frühe verstorbener Kinder um so mehr sich aufzudrangen, als die kirchliche Sitte der Kindertaufe und der Jähtaufe mit der besonderen Hoffnung zusammenhängt, daß der Heiland für die unschuldigen Kleinen, die durch die Weihe des Taufbundes noch auf eine besondere Art ihm angehören, um desto gewisser eine treue Fürsorge haben werde, wenn sie noch im zarten Alter von hinnen genommen werden. Dieser Gedanke, daß die unschuldigen Kinder von Engeln ausgenommen und ins Paradies geleitet werden, liegt unzweifelhaft der Darstellung Thorwaldsens zum Grunde, und es ergibt sich solches schon aus dem Umstande, daß nur die zwei Figuren auf den Seiten Engel sind, die mittlere aber, weil sie keine Flügel hat, die auch bei dieser Gruppirung leicht irgendwie angedeutet werden konnten, auch nur als Kind zu denken ist. Ferner scheint es mir ein gezwungener Versuch, aus den beiden Genien die Andeutungen des Glaubens und der Hoffnung herauszuerklären, wenn auch die mittlere Gestalt, als die beiden a[n]dern umschlingend, für ein Symbol der Liebe gelten möchte, wiewohl auch hier nicht recht zu begreifen ist, warum die Liebe nicht wenigstens dem Einen von den beiden Andern ins Gesicht sieht. Im Gegentheile bietet sich nun die natürlichste Deutung dar, wenn die beiden das Kind umgebenden und mit ihm emporfliegenden Engel zum Himmel aufschauen nach den Wohnungen, wohin sie den neuen Ankömmling zu geleiten im Begriffe sind, während der eine mit der leicht erhobenen Hand seine tröstenden und erheiternden Worte, begleitet; das Kind aber, ihrem Ziehen und Schweben folgend, sieht noch dankend, segnend, grüßend der trauten Stätte seines kurzen irdischen Aufenthaltes nach, die sich wohl bald in höheren Räumen aus seinem Gesichtskreise verlieren wird. Dagegen hat man wohl kein Recht, einzuwenden, daß die mittlere Gestalt nicht von den beiden anderen getragen, sondern eher diese beiden von jener gehalten werden: denn das Erstere ist durchaus nicht nothwendig, da das verklärte Kind in dem Anstande der Verklärung dem drückenden Gesetze der Schwere schon entnommen ist, um sich frei nach seiner ewigen Heimath aufzuschwingeu; und das Andere dient vielmehr zum Zeichen, daß das Kind seine Engel (vergl. Evang Matthäi XVIII., 10.) erkannt und als die neuen seligen Gespielen seines höheren Daseyns liebend umfangen habe. Diese vier Basreliefs, worin Thorwaldsen den Anfang machte mit seinen christlichen Darstellungen, die sich in gleicher Vollendung wie jene aus der griechischen Mythe, und zwar ganz in dem eigenthümlichen Geiste christlicher Innigkeit und Würde zu erkennen geben, sind in dem ersten, der Gräfin von Schimmel mann zugehörigen Exemplar von Marmor zu Copenhagen in der Brahe-Trolleborger Kirche aufgestellt. Im J. 1827 sendete der Meister ein zweites marmornes Exemplar dieses Werkes in das Land seiner Väter, um in der Kirche zu Myklabye auf Island aufgestellt zu werden.

1808 modellirte Thorwaldsen einen Fronten für das neuerbaute Rathhaus in Copenhagen: Jupiter thronend und um ihn Minerva und Nemesis, der Oceanus und die Erde. Die Ausführung ist unterblieben. Dagegen wurden vier runde Basreliefs für Nischen in der Haupteinfahrt des Christiansburger Schlosses komponirt, welche nach der Bestellung: die Weisheit, die Kraft, die Gerechtigkeit und die Wahrheit darstellen sollten. Thorwaldsen, der die Weisheit durch Minerva, welche den von Prometheus geformten Menschen beseelt, die Kraft durch Herkules, dem Hebe den Trank der Unsterblichkeit reicht, die Gerechtigkeit durch Jupiter, welchem Nemesis die Thaten der Menschen vorliest, vorgestellt hatte, war durch eine Verwechslung der dänischen Wörter Wahrheit (Sandheden) und Gesundheit (Sundheden) im vierten Basrelief auf eine Darstellung des Aeskulap mit der Hygeia geleitet worden. Ein anderes marmornes Exemplar dieser Medaillons hatte der Herzog von Leuchten der bestellt. Nach dessen Tode kam es an den Grafen von Schönborn, der es in seinem Lustschloß zu Geibach einem in antikem Geschmack gebauten Saale einverleibt hat. In dieselbe Zeit fällt die Entstehung sowohl der Statue des friedenbringenden Mars als jener des Adonis, die sich nunmehr in der Münchner Glyptothek befindet, und deren ächt antiken Charakter die Leser aus der Beschreibung des Herausgebers des Kunstblattes in der ersten Nummer dieses Jahrgangs kennen. Ueber diesen Adonis von Thorwaldsen soll Canova zu Friederike Brun gesagt haben: Questa siatuetta è bella, è nobile e piena di sentimento ; ll nostro amico davvero è un uomo divino! und hinzugesetzt: II est pourtant dommage, que je ne sois plus jeune!

In demselben Jahr ist auch das berühmte Basrelief: Agenio lumen, komponirt: “Dem tiefen Erkenntnis; daß es der Geist sey, der bei jedem künstlerischen Streben dem Werke Liebt und Wärme verleiht, suchte die Schöpferkraft unsers Künstlers einen dankbaren Ausdruck zu geben. Besonders in dieser Arbeit offenbart es sich deutlich, wie der reinste Wunsch der Seele der einzige Beweggrund gewesen sey, so daß es erhellet, daß er mehr seiner selbst, als Anderer wegen komponirt habe.” (S. 49.) Dieß Basrelief ist zuerst viereckig, später auch rund ausgeführt.

1809 ist für den russischen General Balk das Basrelief komponirt: Hektor, welcher den bei Helena sitzenden Paris aüffordert, die Waffen zu ergreifen. Indessen kam es nicht in die Hände des Bestellers, sondern befindet sich in der Sammlung des Kaufmanns Knudzen zu Drontheim.

Für den Prinzen Malthe von Putbus wurden die vier Basreliefs gefertigt: Amor als Löwenbändiger; die Geburt der Aphrodite; der von der Biene verwundete Amor: Merkur, der den jungen Bacchus der Jno zubringt. Das letzte wurde auch für Lord Lukan in Marmor ausgeführt.
 

(Der Beschluß folgt.)

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General Comment

Dette er en trykt tekst fra det tyske kunsttidsskrift Kunst-Blatt, op. cit. Kun de passager af teksten, der vedrører Thorvaldsen, citeres her.

Thiele
Ikke omtalt hos Thiele.
Other references

  • Kunst-Blatt gebildete Stände, No. 46, 1833, pp. 181-183.
Persons
Bertel Thorvaldsen
Last updated 31.08.2022 Print