Redaktørerne ved Kunst-Blatt, Ludwig Schorn
München
Omnes
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Aus dem Münchner Kunst- und Künstlerleben.
VI.
(SchlußI.)
[…]
Mit der regsten Theilnahme besuchte Thorwaldsen nicht nur die alten und neuen Kunstdenkmäler unserer Stadt, sondern mit besonderer Vorliebe trat er in die Ateliers der Künstler, jüngerer wie älterer, und erfreute sich an dem ununterbrochenen und steigenden Leben der Kunst auf jene Weise, die wir längst an ihm kennen, und die einen Jeden, selbst den Geringsten, ihm nahe bringt. Die Künstler ihrerseits hatten auch nichts versäumt, einen FesttagII zu bereiten, dessen Andenken neben denen von Mainz und Stuttgart nicht erbleichen sollte. Wer in München war, wird die Bierkeller, diese vortrefflichen Anstalten, kennen, von deren Umfang der Name des einen schon („Bierfestung”) einen Begriff gibt. Die große Halle des Knorrschen Bierkellers am Marsfeld war erwählt, den Gast und seine Verehrer aufzunehmen. Zweierlei vor Allem verlangt man, was sich zu widersprechen scheint: Ungeniertheit und festlichen Glanz. Unsere Künstler wissen beides zu vereinigen, indem sie selbst die Schöpfer des Glanzes werden und dann in ihrer Schöpfung sich frei bewegen; sie wissen der Anordnung das Gepräge des Moments zu geben, beleben die Materie und führen sie redend ein. Liebe und Begeisterung stehen ihnen dabei zur Seite, so daß in der kürzesten Zeit Unglaubliches geleistet wird. Genannte Halle, im Grunde genommen nichts als eine ansehnliche Scheune, war in zwei Tagen in einen Thron-, Waffen- und Banquetsaal erster Schönheit umgewandelt. Die kahlen Ziegelmauern wurden mit großen Teppichen zugehängt, in die die Heldenthaten des Otto von Wittelsbach, nach Peter Candids Zeichnungen, gewirkt sind; die Balken und Bretter der Decke wurden rasch mit farbigen, architektonischen Ornamenten bemalt; Eichengewinde zogen sich von da nach den Wänden und zwischeninne hingen die Lustres; Waffen und Fahnen, theils aus alten Schlachten, theils von neuen Festen, waren zu Trophäen aufgebaut, und sowohl zwischen den Teppichen, als an Pfeilern in der Mitte des Saales befestigt. Auf den langen mit Blumen und Früchten besetzten Tafeln prangten die Statuetten der Künstler von der Pinakothek, die Wittelsbacher aus dem Saalbau und endlich Schiller aus Stuttgart und Kurfürst Maximilian in Erz, der hiesigen großen Reiterstatue nachgebildet. In der Mitte der Ostseite des Saales endlich, gerad gegenüber dem Ehrenplatze, stand in einer von blühenden Granaten, von Lorbeer und Orangen gebildeten Tribüne das Bildniß des Königs, von Thorwaldsens Hand in frühern Jahren geformt. Der Anblick war durchaus erfreulich, die Wirkung auf Sinne und Stimmung unausbleiblich, die waltende Hand der Künstler durch und durch fühlbar. Heiter bewegten sich die Hunderte von Teilnehmern in den Gängen zwischen den Tafeln, mit ihnen Hunderte von Andern, die vom Abend nichts verlangten, als einen Blick auf das Arrangement und einen zweiten auf den großen Künstler, der ihnen denn auch bald wurde. Gewiß, es ist der Mühe werth, den Mann irgend einmal gesehen zu haben, diese hohe und innige Vereinigung von Mann, Kind und Greis; allein wer ihn sah, mitten durch die langen Reihen des zujauchzenden Volks in halbgebückter Stellung, als wären der Ehren zu viele und zu schwere, und doch gehalten durch Dank und Liebe, die er nach allen Seiten austheilt, der erst hat ihn wirklich gesehen.
Es wäre nun eine meiner Feder zu schwierige Aufgabe, das Fest, wie es von mehr als dreihundert um lange Tafeln sitzenden Gästen gefeiert wurde, zu schildern.
Wer das Innere eines Waldes malen will, gibt immer nur Waldpartieen; hervorheben laßt sich außer den beiden Toasts auf den König und auf Thorwaldsen nichts; es war ein allgemeines und zwar durch den unabhaltbaren Eintritt von „denen die draußen waren” gesteigertes Festgewirre, aus dem man nach Verlauf einiger Stunden auf kurze Zeit nach der freien Höhe einer dramatischen VorstellungIII gehoben wurde.
Der Autor derselben ist der Landschaftmaler SchillerIV aus Schlesien, der seit Jahren schon die hiesigen Künstlerfeste mit Gaben der Musen zu beleben weiß und dem vor Allen leichter, geselliger Scherz zu Gebote steht. Der Gedanke, der der dießmaligen Aufführung zu Grunde liegt, ist der Anspruch, den verschiedene Städte und Länder an Thorwaldsen erheben, daß er der Ihrige sey, und so treten auf für Mainz Guttenberg, für Stuttgarrt Schiller, für Kopenhagen Christian IV., für München Maximilian I., obendrein zu Rosse, endlich Amerika und Rom auf, um den Besitz des Meisters streitend. Der Streit wird im Angesicht des obersten Gottes geführt; Juno mischt sich hinein, nimmt Partei, und den Gegenstand des Streites selbst in Anspruch mir den Worten:
Nein, Du kannst nicht der Erde gehören,
Näher stehst Du des Himmels Thron,
Ich wills beim Styx, dem furchtbaren, schwören,
Du bist des — Olympus unsterblicher Sohn!
Allein ihr wie allen Andern widerspricht Jupiter mit zornigem Wort, verweist ihnen ihren Unverstand und schließt mit den Worten:
„Ich bin sein Vater, ich Hab ihn geboren,
Die Pallas aus dem Kopf, doch ihn aus meiner Brust,
Zu hohen Dingen hatt’ ich ihn erkoren.
Und schützte ihn mit hoher Vaterlust!
Daher strahlt er in ew’ger Jugend Glanze
Ein Jüngling noch in vollem Silberhaar,
Daher ward ihm der Weg, um nach dem Kranze
„Unsterblichkeit” zu ringen, sonnenklar!
Daher der Phantasie so starke Schwingen,
Die ihn getragen durch das ganze Leben hin.
Daher der Musen Gunst, die ihn umschlingen
Als Bruder mit dem reinsten Schwestersinn!
Daher das Feuer, das er nicht erst brauchte
Zu stehlen, wie Prometheus einstens that,
Das ich ihm selbst in seinen Busen hauchte.
Das ihm zum Höchsten stets beseelet hat.
Nein, dieser Mann gehört nicht einem Lande,
Nicht einer Stadt allein gehört er an,
Denn er umfaßt mit seines Geistes Bande
Die ganze Welt, nur ihr, der Welt gehört er an.”
Dieser so glücklich durchgeführte Scherz war von der heitersten Wirkung; ein allgemeiner Applaus sagte dem Dichter, daß er Gesinnung und Stimmung der Gesellschaft getroffen, und wiewohl er Eingangs der Vorstellung — er kam als Götterbote, und zwar in Pelze eingehüllt gegen das Münchner Klima — der guten Stadt keine Schmeichelei gesagt, erntete er doch volle Kranze von ihren Bewohnern.
Später trat die Liedertafel des Herrn Kunz ein und mit ihr eine neue, und zwar erhobenere Stimmung. Die aufregende und doch ausgleichende Macht des Gesanges that sich bald an der zahlreichen Versammlung kund. Man sammelte sich auf den angewiesenen Plätzen, und selbst zu den fernsten drangen die zahlreichen vollen Stimmen und die kräftigen deutschen Melodien. Die Nackt war schöner, als seit lange eine gewesen, ja vollkommen schön, das Firmament funkelte an allen Enden und der gefeierte Künstler schied mit den unzweideutigsten Aeußerungen, daß es ihm in der Mitte der Münchner und in ihrem Kunst- und Künstlerleben sehr wohl gefalle.
Nach allem diesem, was soll ich noch von den Zeichen der Theilnahme, Verehrung und Liebe sprechen, die ihm während der noch übrigen Zeit seines Aufenthaltes in München zu Theil wurden? Genug, daß kein Tag verging, an dem er nicht der Gegenstand von Aufmerksamkeiten verschiedener Art war. Mit einem indeß sey mir erlaubt, die heutige Erzählung zu beschließen, mit dem Briefe des Königs Ludwig von Bayern, mit welchem der Künstler am Morgen nach dem großen Feste auf’s allerangenehmste überrascht wurde.
„Mein lebhafter WunschV war es, Thorwaldsen, meinen alten guten Bekannten, den größten aller Bildhauer seit Hellas blühendster Zeit, in München wiederzusehen, wo das schönste Denkmahl, welches er verfertigt, Bewunderung erregt. Unerreicht ist Churfürst Maximilians I. Reitersäule. Da ich es jetzt nicht selbst überreichen kann, so trage ich meinem Minister des Hauses und des Aeußern, Freiherrn v. Giese, auf, Ihnen das Großkreuz des Verdienstordens des H. Michael zuzustellen. Nehmen Sie es an als ein neues Merkmahl, daß Sie zu würdigen weiß der, was die Welt von Ihnen besitzt, erkennende
Bad Brükkenau 17. Jul. 1841.” |
Ludwig. |
Denne artikel blev trykt i Kunst-Blatt, 26.8.1841, op. cit. Schorn var bladets redaktør.
Størstedelen af teksten beskriver festen 19.7.1841 i München, som blev afholdt til Thorvaldsens ære.
Artiklen afsluttes med brev af 17.7.1841 fra Ludwig 1., hvor han udnævner Thorvaldsen til Storkorsridder af Den Hellige Michaels Fortjenstorden, se Thorvaldsens udnævnelser.
Sidst opdateret 03.11.2016
Teskten er en fortsættelse af Schorn beskrivelse af Thorvaldsens ophold i München i sommeren 1841, se den forrige artikel 19.8.1841.
Denne fest fandt sted 19.7.1841.
Se teaterstykket af 19.7.1841.
Den tyske maler og forfatter Felix von Schiller.
Dette brev findes i sin originale udgave af 17.7.1841 i Arkivet.