Bonn im Juny 1825.
Theurer Freund!
Nach mehreren Jahren bietet sich mir die erste Gelegenheit dar, mich in Ihr Gedächtniss zurückzurufen, und Ih
Der Ueberbringer, Herr Regierungsrath und Professor Graff aus Königsberg steht seinem Fach und Beruf nach möglichst entfernt von Ihnen, und scheint mir doch eine nicht unbedeutende Beziehung zu Ihnen zu haben. Er sucht nemlich die Grammatik der althochdeutschen Sprache in ihr wahres Licht zu stellen, und macht darum, begünstigt von der Preussischer Regierung Reisen nach den Bibliotheken: werth ist er Ihrer Güte dadurch, dass er seine Forschungen auf eine Art anstellt, welche der erste Kenner diesser Sache, ein wahrer Meister, für meisterhaft mit höchstem Lobe erklärt hat. Haben Sie Gelegenheit ein Wort zu seinen Gunsten zu sagen, das ihm dienen könnte irgend einen jener Schachten leichter und ungehinderter zu nutzen, so thun Sie es auch mir, nach Ihrer alten Freundschaft gegen mich, zu Liebe. Ich meyne in Rom darf der Deutsche den Dänen auch als Landsmann ansprechen, und wenn Sie einen Landsmann empfehlen, so ist er wohl aufgenommen in Rom. Ueberdem macht sich Hr. Graff eine grosse Freude daraus, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen.
Niebuhr lebt hier mit seiner Familie gesund und sehr vergnügt, liest fleissig Colleg, hat einen Garten gekauft und denkt sich ein Haus zu bauen. Von Humboldt hatte ich vor wenigen Wochen Nachrichten – er lebt ähnlichen Studien wie Hr Graff mit hohem Eifer – Auch Rauch liess mir einiges sagen. Cornelius haben wir vor einigen Wochen hier durch das Land verlassen sehen, ins grossen Bedauern. Schüler von ihm fü[ren] in einem Saal der Universität bede[cken mit] Wandgemähle aus. Schöne Talente, und [weite] Felder.
Der Himmel sey mit Ihnen, mein verehrter Freund, und lasse mich einst Sie noch gesund und heiter wiedersehen, ohne dass Sie einer so vorübergehenden und anspruchslosen Erscheinung in Ihrer ewigen Roma vergessen haben.
F.G. Welcker.