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Ein dritter schmerzlicher Verlust in demselben Monat ist der des Bildhauers Ernst Mayer. Derselbe starb in der Nacht vom 21. auf den 22. Januar, in seinem 47. Lebens jahr. Es scheint, daß ein sehr heftiger Fall auf das Straßenpflaster in der vorhergegangenen Woche, an einer abschüssigen übereisten Stelle, seinen Tod herbeigeführt. Zwar war er nach der Zeit noch in Augsburg, kehrte auch ganz wohl zurück, bekam aber sodann am 19., ohne weitere Veranlassung, eine Verengung des Schlundes, so daß er nicht einen Tropfen zu sich nehmen konnte. Dieser schreckliche Zustand, durch heftige Schmerzen in den Nieren gesteigert, endete nur kurz vor seinem Scheiden. Obwohl schon in der Hand bei Todes, fühlte er sich mit einem Male gesund, und schlief in der Hoffnung auf völlige Genesung für den nächsten Morgen sanft ein, ohne wieder aufzuwachen. Er war 1796 geboren in Ludwigsburg und daselbst Schüler des Hofbildhauers Isopi, bei welchem er den Grund zu seiner geschmackvollen Ausbildung im Gebiete der plastischen Ornamentik legte. Durch den Geheimerath v. Klenze wurde er in München im J. 1818 für die Glyptothek beschäftigt, und an der Restauration antiker Bildwerke zu arbeiten. 1821 ging er auf fünf Jahre nach Italien, und arbeitete theils für sich, theils in dem Studium von Thorwaldsen. Seit wieder in München, hatte er für den König Ludwig Verschiedenes aus zuführen; auch in dem Palaste des Herzogs Maximilian in Bayern, in der Michaelskirche bei dem Monumente des Herzogs von Leuchtenberg ist Mehreres von seiner Hand. Seine letzten Arbeiten waren die Roma und die Athena über dem Eingang zu dem königlichen Hofgarten und mehrere reiche Candelaber für die Walhalla. Ueberhaupt war er in der Ornamentik besonders ausgezeichnet, und wirkte auf diesem Felde auch als Professor der polytechnischen Anstalt. In der leztverflossenen Zeit hatte er sich mehr gewerblicher Technik zu gewandt, und namentlich den Bau einer nach neuen Prinzipien construirten Getreidemühle in der Nähe von Augsburg betrieben. Mayer hinterläßt den Ruf eines durchaus unbescholtenen, rechtschaffenen Mannes und eines eben so anspruchslosen als gewissenhaft tüchtigen Künstlers. Er war ein herzlicher, wohlwollender Freund, ein liebevoller Gatte und Vater, und Vielen geht sein Scheiden nahe.
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