Die römische Geliebte
an
Albert Thorwaldsen.
(Mit einer lorbeer- und myrtenbekränzten römischen Weinflasche.)
O lieber Albert! zürne nicht, Daß meine Seele zu Dir spricht. Du weißt, was in mir ist für Dich, Behalt’ ich niemals ja für mich; Und wie ich Deine Näh vernommen, Hat mich die Sehnsucht überkommen. O lieber Albert, höre Du Der altvertraulen Stimme zu. Nicht wahr? ‘s sind vierzig Jahr und mehr. Daß du gekommen über’s Meer, Durch Noth und Tod zum Tiberstrom, Zum Sitz der Götter, dem alten Rom. Noch keine Stunde warst du da, Als ich in’s helle Aug’ Dir sah, Als Deine Hand, Du theurer Gast, Mich inniglich und warm umfaßt. Als ich, von süßem Drang geführt. Die vollen Lippen Dir berührt. Und Du, als wär’s der beste Wein, Ganz meine Seele sogest ein. O! nie vergeß’ ich diese Stunde, Den ersten Kuß von Deinem Munde, Den ersten, sel’gen Liebesblick; In Strömen gab ich ihn zurück. Dein war ich und in Deinen Armen Fühl’ ich mich immer neu erwarmen. Und steigerte sich meine Glut: Trankst Du aus mir nur Lebensmuth Und Lebensglück und Seligkeiten, Ich wußte sie Dir zu bereiten. Wie oft, wenn Du von Deinen Brettern, Von deinen staub’gen Marmorgöttern Verschmachtet in die Kneipe kamst Und dicht vor mir dein Plätzchen nahmst. Hast Du an mir Dich unvermerkt Zu neuer Lust und That gestärkt. Und — sag’ es ehrlich! — all das Leben, Das deinen Werken Du gegeben. Hat es wohl einen andern Grund, Als unsern stillen Liebesbund? Dafür war ich Dir zugethan. Hing Dir mit treuster Liebe an. Wohin Du nur den Fuß gestellt, Hab’ ich mich gleich zu Dir gesellt; Trast ein Du in die Chiavica So war dein Liebchen auch schon da; Gingst Du zur Censola bei Nacht, Hatt’ ich den Weg vor Dir gemacht. Und keine Kneipe nah und fern. Wo ich Dein nicht geharret gern. Am stillen Ort, bei Lampenschein, Geschenkt Dir süßes Feuer ein Und keine Gunst Dir je verwehrt. Die nur dein holder Mund begehrt. O lieber Albert! zürne nicht. Daß meine Seele zu Dir spricht. Du weißt, was in mir ist für Dich, Behielt’ ich niemals ja für mich. Und wie ich Deine Näh vernommen. Hat mich die Sehnsucht überkommen. O lieber Albert! höre Du Der altvertrauten Stimme zu. ‘s sind freilich vierzig Jahr und mehr. Und Jahre schaden der Liebe sehr. Ja selbst die wildste Leidenschaft Wird durch das Alter fortgerafft. Doch, wie es Dir so wohl ergangen, — Der Frühling strahlt auf deinen Wangen, In vollen Locken wallt dein Haar, Wie es Dein Brauch vor Zeiten war. Das Feuer der Jugend im Auge blitzt, Gott Amor warm im Herzen sitzt — So hab’ auch ich mich gut gehalten. Es zählt kein Mensch mich zu den Alten: Bei Sang und Klang und Jubelei Bin ich die erste stets dabei. In meinen Adern rinnt das Blut In allererster Liebesglut — Und ungeheilt, bis diese Stunde, Blieb mir der Trennung Schmerzenswunde. Durchs Land erschallt’s – o süßes Glück! — Rom wiederhallt’s: Du kehrst zurück! Wie, wenn im Lenz die Rebe blüht. So mir’s in Herz und Adern glüht; Mir ist’s zu eng in meinen Räumen, Es wogt in mir zum Ueberschäumen. Dein harrend, steh’ ich Tag und Nacht An allen Thoren auf der Wacht Und sende meine Seufzer aus: Geliebter! komm’! Komm’ in mein Haus! Da hör’ ich, wie in Ost und West Man nirgendwo Dich ziehen läßt. Wie hohe Ehrenthore prangen. Doch immer nur, Dich einzufangen. Und wie die Jungen und die Alten Mit großer Kunst Dich festgehalten, Und Riesen, übermächtig groß, Aus Stein und Erz und hoch zu Roß, Und was es sonst gibt in der Welt, Dir keck sich in den Weg gestellt — Da hat mich Ungeduld erfaßt, Sehnsucht nach Dir, mein theurer Gast. Die Myrte flocht ich mir ins Haar, Des Lorbeers nahm für Dich ich wahr. Bräutlich geschmückt, noch in der Nacht, Hab’ ich mich auf den Weg gemacht. Ließ hinter mir das heil’ge Rom, Schritt über Tiber- und Arnostrom, Erstieg der Alpen steile Höhn, Vor heißem Verlangen, Dich zu sehn, Und zog auf Deinen Sieqeswegen, Du Heißgeliebter, Dir entgegen. Da bin ich nun. Ich zage nicht. Du bliebst mir treu. Dein Auge spricht. Auch brauch’ ich mich nicht erst zu nennen. Wirst Deine Foglietta kennen! |
E. Förster.