Euer Hochwohlgebr.
Die Kunst ist Eine, und darum überall und auch in allen Zweigen sich verwandt. An einen Thorwaldsen würde ich nie gewagt haben eine andere als eine Clara Novello, welcher immer der Ruf ihrer göttlichen Stimme vorhereilt, seiner besondern Freundschaft und Gefälligkeit zu empfehlen.
Ach könnten die Gefühle die die Zauberkehle dieser jungen Sängerinn hervorruft nur so dauerend der Nachwelt aufbewahrt werden, wie die Schöpfungen Ihres Meißels, aber so ist der Gesang eine Blüthe, die schon nicht mehr blüht, während Sie blüht oder Blüthe trägt. Die gefeyerte Künstlerinn, welche Ihnen diese Zeilen überbringen wird, hat solche Verehrung für die Künste, daß die Freundschaft und Sorgfalt, welche Sie ihr schenken, eigentlich der Kunst selbst geschenkt ist. Schärfern Beobachtern will ich es überlaßen zu finden, ob ihr Talent, od[er] ihre Liebenswürdigkeit od[er] ihre Bescheidenheit den Vorrang hat. Ich möchte beynahe zweifeln, ob Sie sich meiner noch erinnern; aber die Bekanntschaft mit dieser jungen talentvollen Sängerinn wird mich Ihnen um so angenehmer in Ihr Gedächtniß zurückrufen. Sie werden sich den Dank der liebenswürdigen Künstlerinn schon erwerben, wenn Sie sie nur mit einigen der vorzüglichsten Mahler und Bildhauer bekannt machen, und ihr nur Ihr eigenes höchst wichtiges Studio selbst zu zeigen die Mühe nehmen wollen; denn an der Hand eines solchen Meisters sein eigenen genialen Schöpfungen bewundern zu können, habe ich selbst eingesehen, welchen Werth es hat, und welch’ eine angenehme und bleibende Erinnerung es einem zurückeläßt.
Indem ich von Ihrer Güte überzeugt bin, mit welcher Sie meine Freundinn, die Sängerinn Novello aufnehmen werden, bin ich mit gänzer Seele Ihnen verbunden, und verbleibe bis ich weiter mündlich vielleicht bald die Gelegenheit habe wieder Ihnen meinen Dank auszudrücken
Ihr | ||
ergebenster D[iene]r Joseph Baron von Rahn |
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Münch[en] 7 May 1838 |