Die Braut der Tiefe an Pygmalion
Thorvaldsen.
Im hohen Norden da steht ein Berg
Mit dürren Flechten umstrikket,
In des Berges Schooß wohnt Alraun und Zwerg
Vom Tageslicht nimmer umblikket:
Doch lebet und webt’s in des Berges Schlund,
Allein es schweiget der Tiefe Mund,
Vom einsam nächtlichen Walten.
Es keimet’ und wuchs seit Jahrtausenden schon,
In dunkelbrütender Stille;
Dort bildet der Urzeit mächtiger Sohn
Eigir, in unendlicher, fülle!
Es sank zu Boden wie reiner Schnee,
Und wuchs in die Breit’ und wuchs in die Höh’
Mit dunkeldurchstrahlendem Glanze.
Und gebildet war’s, und es war vollbracht,
Bei der Nornen ahndendem Sange;
Und der Marmor glänzt durch der Tiefe Nacht,
Und er harrt dem erwekkendem Klange
Denn was steigen soll aus der Tief hervor,
Durch Gesang nur steiget’s aus der Licht hervor,
Der das Bildungslose gestaltet!
Und die Leyer erklang in Bragurs Hand,
Die Erwekkerin deß was noch schliefe:
Und im blendendstrahlenden Lichtgewand,
Stieg die Marmorbraut aus der Tiefe,
Wer vermählet den Geist mit dem Wiederhall?
Wo weilt der erwekkende Liebesstrahl
Wer rufet die Schöne ins Leben?
Denn seht sie steht mit geschloßenem Blik
Ihr Busen will sich nicht heben!
Sie schreitet nicht vor, und nicht zurük,
Von feßelnden Banden umgeben!
O Bildner, eile von Westen her,
Über Berg über Thal, über Land und Meer,
Zu lösen die feßelnden Bande.
Zu beleben den alternden starren Nord,
Mit der Schönheit Himmelsgebilden;
Und zu wirken auf kommende Zeiten fort,
In der heiligen Kunst Gefilden!
O Thorwald, es harret die reine Braut,
Dir ward sie geboren, dir anvertraut;
O rufe die Schönheit ins Leben!
[Herefter tilføjet med anden hånd:]
Friederike Brun
geb. Münter.
Eigir der Meeresgott.
Nornen die Schicksalsgottinen.
Bragur Gott der Dichtkunst.