An Thorwaldsen
(: Gelesen in der Gesellschaft [den] ”Zwanglosen” zu München aus 15 Juli 1841;)
Klagend saß auf Roma’s Trümmern Lang die hohe Bildnerkunst; Keine Hoffnung sah sie schimmern, Daß sich neu ihr Licht entzünde, Daß sie einen Jünger finde, Welcher werth sey ihrer Gunst. Sehnend blickte sie vom Zügel In die blaue ferne hin, Und der Wünsche rascher Flügel Trug zu ihres Ruhmes Wiege, Zu dem Lande ihrer Siege, Trug nach Hellas ihren Sinn. ”Soll er nicht von dort erscheinen, Der mich liebt und ganz versteht? Soll ich ewig Euch beweinen; Bringt Athen wie, Argos nimmer Wieder Eurer Tage Schimmer, Phidias und Polyklet?” Kaum entfloh das Wort dem Munde, Horch, da rauscht’ es leise nah; Reich an frohen Trostestunde Steht von des Olympos Höhen Hergesandt wie Sturmeswehen Hermes, der Beschwingte, da. Mit dem leichten Götterstabe Deutet er zum Meeresstrand; ”Nicht von Hellas naht die Gabe”; Blick’ – so ruft er – blick’ nach Norden; Dort ist er geboren worden!” – Sprach es lächelnd und verschwand. Als noch staunend’ sann die Hehre Ob dem räthselvollen Wort, Nahte schon aus nord’schem Meere, Fern wo Thule’s Felsen ragen Durch die Wogen kühn getragen, Sich ein Schiff des Südens Port. Und heraus mit offnen Mienen Sprang ein Jüngling hellen Blicks: ”Deine Gunst will ich verdienen!” Rief er hingewandt zur Frohen; – ”Alles dank’ ich dir, der Hohen; Bist die Schöpf’rin meines Glücks!” – Bald begann es sich zu regen An der Tiber ohne Rast; Von der Meißels ems’gen Schlägen Durch des nord’schen Bildners Walten Ausgeprägt in Hochgestalten Tönt des Marmors weise Last. Jason ist’s, die goldende Felle Schwingend in der Siegerhand, Der zuerst des Ruhmes helle Vließe reichte seinem Meister Und im Kreis der Bildnergeister Ihm des Sieges Lorber wand. Bild an Bild entquoll seit Jahren Nach der ersten Kampfes Lohn; Vom Olymp in Frohen Schaaren Steigen alle Götter nieder, Und die Rosse lenket wieder Im Triumph Philippos Sohn. Doch des Bildners deutsch Gemüthe, Wenn auch Hellas Geist verwandt, Weiht der Kräfte schönste Blüthe Minder nicht mit voller Stärke Manchem edlen deutschen Werke, Dankbar stets dem Vaterland. Erzgegossen aus der Erde Mußte Guttenberg erstehn, Und des Künstlers schaffend Werde Hat Beschworen Schillers Manen, Ließ uns von den Herrscherahnen Bayerns, Max den Helden sehn. Drauf mit immer stärkerm Drange An der Heimath Jugendglück Mahnt’ es ihn, der schon so lange Sie entbehrt; daß er sie grüße, Eilt er in die alte, süße Nordlandswelt mit frischem Blick. Neugestärkt zum Süden kehrend Hin durch Deutschlands schöne Gau’n, Wo zum Festzug sich verklärend Seine Fahrt ihn stets mit neuen Ruhmeskränzen will bestreuen, Durften Ihn auch wir erschau’n; Dürfen Ihm zum lauten Preise An des Festes heiterm Tag. Weihen schlichte Liedesweise, Die dem Scheidenden noch Ferne, Wenn Ihm leuchten Südens Sterne, Unser Liebe künden mag! |
Dr. Friederich Beck