No. 2345 of 10319
Sender Date Recipient
Franziska Caspers [+]

Sender’s Location

Gödöllő, ved Budapest

Information on sender

Rester af rødt laksegl.

3.8.1819 [+]

Dating based on

Dateringen fremgår af brevet.

Charlotte Thierry [+]

Recipient’s Location

Hamburg

Information on recipient

Udskrift: An Frau Charlotte / von Tiery / gebohrne Godeffroy / Katharinenstrasse in / Hamburg

Abstract

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Gedellö den 3ten August 1819

Ich schreibe Dir, theure Lotte, heute nur wenige Worte, denn Du bist mir noch die Antwort auf meinen langen Brief von Rom schuldig. Man hat mir in Wien Deine Schuld mit einem kleinen Briefchen von Dir übergeben, das Du mir nur als Vorbote eines langen Schreibens schicktest. Doch vergebens wartete ich bisher vergebens auf einen Brief – nach dem mich so sehr verlangt – denn Deine Ansichten u Gefühl über Italien stimmen so vollkommen mit den Meinen überein, dass ich in ihnen nur das Echo meines eigenen Herzens finde.
Ich habe Rom unendlich schwer verlassen – ich denke es wäre gar nicht möglich von diesem geliebten Orte zu scheiden u noch sind meine Gedanken immer, immer dort. Nichts Äusseres zerstreut mich u die Conversationen die hier geführt werden, setzen mich in den glücklichen Stand immer abwesend mit meinen Gedanken seyn zu können. Got welch ein Unterschied zwischen dem war und ist – doch es ist blasphemie, diese beiden nur in eine Art von Vergleich setzen zu wollen. Nicht war Lotte wer nicht in Italien war, weiss nicht, was es heisst geistig leben?
Got bewahre dass ich irgend Jemand meine Gedanken äusserte – ich würde verschrien, verlacht u von Keinem verstanden. Du aber kennst mein Rom u obgleich die Gegenwart Dich mit den schönsten Banden hält, fühlst Du zuweilen eine Sehnsucht nach dem Blütenlande, wie viel mehr ich – die hier nichts sucht u nichts wünscht u alles was mir theuer ist zurückliess. Ich habe leider selten Briefe. Die Entfernung ist leider gar zu gross. – Es haben jetzt viele Künstler Rom verlassen theils auf immer, theils nur für diesen Sommer, einige darunter kennst Du. Die beiden Schadow gingen vorigen Monat nach Berlin, kehren aber den Winter zurück. Rössel verliess sein liebes Rom für immer – er ist in diesem Augenblick in Wien u geht dann nach Berlin. – Thorwaldsen dessen Ruhm mit jedem Tag höher steigt, ist schon abgereist od. reist nächstens – mit dem dänischen Maler Lund. Er geht über Wien nach Warschau, wo er das Locale ansieht für welches er eine grosse Statue zu Pferde von Poniatowsky machen soll. Dann geht er nach Koppenhagen, wo ihn grosse Bestellungen erwarten u kehrt nach Rom zurück. Es ist schon überall bekannt, dass dieser grosse Künstler nach Norden zieht – ein wahrer Triumphzug. In Österreich, in diesem Hottentottenland kennt man ihn nicht viel. Um dergleichen Dinge kümmert sich der Wiener nicht – Ein [xxxxxxx] u Handel ist ihm lieber als 10 Künstler. Der Magen ist u bleibt sein Gott u nie erkalten die Opfer auf diesem Opferaltar. Ruschweyh wollte schon längst weggehen, doch ein schmerzhafter Rhumatisme hält ihn noch in Rom – er besucht in Mecklenburg seine Freunde u verwandte u établirt sich dann in Berlin, wo er das bewusste Bild von Giotto stechen wird. Ich habe die Zeichnung davon gesehen – es ist ganz im ältesten Styl von Giotto gemacht – aber voll heiliger Einfalt u würde e der Ausdruck in dem Apostel ist sehr überraschend zu sehen. Überhaupt finde ich, dass man mehr von Giotto stechen sollte. Seine Sachen gehn sonst ganz zu Grunde, da er nur auf die Wand malte u haben ihn auch spätere Werke bei Weitem übertroffen, so erkennen wir doch in ihm einen herrlichen Geist u hohe würde der Darstellungen – auch bahnte er den Andern den Weg – u wie schade wäre es, wenn er je in der Kunstgeschichte fehlte, was leicht geschehen könnte, wenn nicht gute Meister seine Werke stechen u so sie erhalten. So wie ich die 4 Exemp. für Dich erhalte, schicke ich sie Dir –
In Neapel war ich 3 Wochen, doch kam es mir sehr traurig u verödet vor – Von allen Freunden fand ich nur noch Sigmund Grünzenstein[?], welcher Mélancholisch u traurig ist u sich nicht über den Tod Josephinens getröstet hat. Von unsern italienischen Bekannten, [xxxx] Fürst Carporela, Ponta, Nicolini, Olympia – sah ich keine Seele. Du weisst, wie entfern alles ist, wie [xxxx] u wie wenig Herr ich bin meiner Zeit – es thut mir leid, doch konnte ich es nicht möglich machen, so wie mir niemand mit Bestimmtheit den jetzigen Namen Olympias nennen konnte. – luchesi ist Oberhofmeister an [xxx] Clavio Stelle geworden. Seine Frau ist immer lieb u freundlich u der kleine Ferdinand ein wahrer Engel. Rodino[?] hat eine 19jährige sehr hübsche zarte, freundliche Frau u in der Wiege ein 3monatliches Söhnchen. Seine Frau ist eine Neapolitänerin – hat aber nie Pompeji gesehn. Man hat während unserer Abwesenheit das Forum u noch einige Strassen ausgegraben. Auch heisst jetzt da Quartier der Soldaten – Forum – u es ist erwiesen – dass hier Markt gehalten wurde – u das was Soldaten Stübchen bis jetzt waren muss man nun Bote nennen – Der Vesuv spie sehr viel Feuer u der Lavastrom hatte seine Richtung nach der Stadt. Ich sah in Neapel recht oft einen sehr liebenswürdigen [Lands]mann von Dir – Herrmann Nolte – dem ich auch Deinen Mercur übergab, wel[cher wie] ich hoffe längst in Deinen Händen ist – Nolte ist ein Freund – Philipp Veits [xxxxx] meiner Freundin Schlegel, die mit mir zugleich in Neapel war – Ich freute mich mit Nolte von Dir zu sprechen – er hat mir auch vertraut, dass Dein Louis sehr hübsch u artig sey. – Sage es ihm nicht wieder, denn Ehemänner werden sehr leicht eitel – In Rom war ich so glücklich, alles zu sehen, die Petersbeleuchtung, die girandola & & & es war einzig – Wir dankten es der Gegenwart des Kaisers, doch waren mir all die vornehmen Gäste in Rom sehr zuwieder – Sie passten gar nicht in diesen grossen, einzigen Ort u wussten nicht was sie mit all dem Schönen, das auf sie eindrang, machen sollten. Unter den vornehmen Frauen war es mode, über die deutschen Künstler zu schimpfen – eine plapperte der Andern nach u die Männer Allen. – Es wäre zum todärgern gewesen, hätte es nicht das Lächerliche überwogen. Die deutsche Ausstellung war sehr schön. Es thut mir leid, dass ich keinen Kathalog hier habe – ich würde ihn Dir schicken. – Reinholds sind wol u grüssen Dich. Meine Mappe ist mit 14 neuen Zeichnung bereichert, worunter eine grosse, herrliche von Thorwaldsen ist – ein Amor, der mit einem Schmetterling spielt – Herz u Seele – wie er selbst, der grosse herrliche Mann. Auch schenkte er mir die Kupferstiche aller seiner früheren Zeichnungen – u 2 herrliche von Amsler – nach seinem Tag u Nacht. Ein paar Worte wollte ich schreiben – u kaum genügt das grosse Papier – so geht es mir immer, wenn ich Dir schreibe – u Du bist so faul – Nina Overbec erwartet täglich ihre Niederkunft. Cornelius geht nach München. Pobechheims[?] habe ich nicht begegnet, doch ist Maria nicht mehr Braut – sie hat gebrochen.

[på hovedet i forhold til ovenstående:]
Wir reisten den 23ten May von Rom ab u gingen über Loretto Ancona Bologna Mantua – wo ich herrliche Fresken v: giulio romano sah – Verona – Tyrol – Salzburg u die Kammergüter nach Wien – wo wir den 8ten Juny eintrafen. Dort blieben wir 10 Tage u gingen gleich nach Ungarn – von wo ich Dir schreibe – Ende September sind wir in Wien – doch antworte mir gleich u adressiere wie gewöhnlich den Brief nach Wien – er wird mir geschickt. Ich grüsse freundlich Deinen Mann. In Rom sind vor kurzem einige Maler von den Räubern, welche die Gegenden beunruhigen, ins Gebirge geschleppt worden. Diese Räuber sind mit ächten Perlen u Corallen behangen, tragen Diamantene Ringe u Gürtel mit reichen Dolchen – scharlachne Hosen u Veste – offene Brust – Der Maler Salathe musste sie zeichnen – Der Hauptmann trägt das Crucifix – u küsst es immer in dem er es seinen buon Dio nennt – Doch ich mache nun den Schluss u schreibe Dir die ganze Stelle aus meinem Briefe ab – Lebe wol – Jeanette grüsst freundlich Fanny

[på hovedet ved brevets begyndelse:]
[xxxx] Grüsse an Vater – u viele [xxxxx] an Carl – wenn er bei dir ist –

General Comment

Dette brev blev skænket af efterkommere til Charlotte Thierry til Thorvaldsens Museum i 1975.

Archival Reference
m30A, nr. 92,5
Persons
Samuel Amsler · Peter von Cornelius · J.L. Lund · Ferdinand Ruscheweyh · Johann Gottlob Samuel Rösel · Friedrich Salathé · Rudolf Schadow · Wilhelm Schadow · Dorothea Schlegel · Bertel Thorvaldsen · Philipp Veit
Last updated 17.06.2013 Print