Da ich mit Freude erfahren: dass eine geistvolle Frau meine Kunstleistungen mit ihrem Beyfall beehrt, und, von dem gewöhnlichen Schlendriann der Schule abweichend, sich einen eignen Weg der Erfindung bahnt; so kann ich nicht umhin, ihr meine Verehrung zu bezeugen, und sie zum Beharren in dieser löblichen Gesinnung mit einem Beyfall aufzuwarten auf welchen ich selbst keinen andere Werth lege, als den, welchem sie selbst etwa geben mag.
Das steife und knechtische Studium der Antique eben so verschmähend, bin ich, doch nicht so glüklich gewesen meine Werkstatt mit lebendigen Modellen bevölken zu können, wie es Ihnen gelungen, daher ich mich nicht wundern darf, dass Ihnen die Genien so wohl gelingen, da Sie, Ihren eignen abgerechnet, immer ein halbes duzend zu Gebote haben – Nächstens hoffe ich Ihnen ein kleines Modell meiner Kleidung pr poste: zu übersenden, damit Sie im benöthigen Falles und wenn es Ihnen belieben sollte auch meine Apotheose zu componiren, nicht an einen passenden KünstlerlCostume fehlen, indem ich als ein geborner Nordländer etwas frostiger Natur bin, und mich, würde Ihre geistvolles Griffel mich in Naturalibus vorstellen, aus rein magnethischen Rapport mit Ihnen, schönaugige Bettine, eine Gänsehaut überlaufen würde – was gar nicht in meinem Geschmack ist.
Da ich aber weis: dass nur der beste Gedanke der Materie als Organ seiner äusern Erscheinung bedarf – und das eleganteste Profil durch einen schlechten Bleistift ein Stumpfnäsgen kriegt, so nehme ich mir die Freyheit ein paar beyzulegen, deren jeden eine Grazie zur Schutzpatronin hat – eben so ein Stükgen Tusche, was, nicht auf den Tisch, sondern in bescheidner Fayern Schaale gerieben, vortreffliche Dienste zu leisten verspricht. Der Sagen des südliches Himmels ruhe auf seine kleinen Gaben, wie er Ihnen bereits seine reichen schöpferischen Gluten angeerbt und Sie mit allem verschen hat was Ihnen in den reichen Cultur des Norden Duft und Nahrung leihen mag –
Rom im März | Thorwaldsen |
1822. |