AUFRUF
AN DIE LITERARISCHEN NOBILITÄTEN
DEUTSCHLANDS.
Ein Rückblick auf die letzten vier Jahrhunderte erfüllt unsern Geist mit Staunen über die Fortschritte, welche in allen Zweigen der Wissenschaft und Kunst geschehen sind. Der Geist des Menschen hat sich frei gemacht von tausend hemmenden Fesseln und strebt einem Höhpunkte zu, den wir nur ahnen, nicht überschauen können. Der männlich erstarkende Verstand war der Hebel zu den originellsten, nothwendigsten Erfindungen. Auf den Schöpfungen eines Genies strebte ein anderes kühn vorwärts, es erfolgten Riesenschritte auf Riesenschritte, und indem der Impuls Einzelner die Menge beseelte, wurden die genialen Schöpfungen Gemeingut. Daß die Erfindung der Buchdruckerkunst zu den originellsten und großartigsten Erfindungen gehöret, daß sie auf das geistige Leben des Menschen wahrhaft elektrisch eingewirkt und Millionen Schlaglichter in die Nacht der Finsterniß geworfen hat; liegt einem Jeden klar vor Augen. Ich erlaube mir demnach folgende Hinweisung und Aufforderung.
Bereits sind von Seiten der Buchdrucker und Buchhändler, die sich durch ganz Deutschland verzweigt haben, die thätigsten Anstalten gertroffen worden, das vierhundertjährige Jubelfest der Buchdruckerkunst auf die solennste Art zu begehen. Sollten nun die Männer, welche die Presse geistig in Thätigkeit setzen und deren Geist wiederum durch die Erzeugnisse der Presse angeregt, gestärkt und entzückt wird, genannten ehrenwerthen Männern nachstehen und eine Festfeier, die sie nie wieder erleben, theilnahmlos vorüber gehen lassen ? Nein, sie können, sie dürfen ihrer Ehre Willen nicht anstehen, den Manen unsers unsterblichen Landsmannes, Guttenbergs, ein Denkmal zu setzen, und dies kann wohl am Besten erreicht werden durch ein eigenes
GUTTENBERGS ALBUM
Darum lasse ich hiermit an die bedeutendsten und genanntesten Gelehrten Deutschlands die Aufforderung ergehen:
Zum Andenken des unsterblichen Deutschen Guttenberg einen auf dessen Person oder Erfindung passenden Denkspruch in Prosa oder (von Dichtern) in Poesie nieder zu schreiben und denselben nebst Vornamen, Charakter, Geburtsjahr und Aufenthaltsort an mich, entweder in portofreien Briefen durch die Post, oder durch Buchhändlergelegenheit an die Buchhandlung von Robert Friese hier, wo möglich bis Ende dieses Jahres, gelangen zu lassen.
Das Album soll, auf das Prachtvollste ausgestattet und mit bezüglichen Kupfern, einer Einleitung und den zylographisch wiedergegebenen Namenszügen der Theilnehmer versehen, die bekanntesten literarischen Nobilitäten aus allen Zweigen der Wissenschaft, wie in einem Pantheon, in sich vereinen. Indem wir so den Manen Guttenbergs ein passendes Opfer des Dankes bringen, zeigen wir auch den spätern Enkeln, die dadurch einen Gesammtüberblick über die literarischen Nobilitäten dieser Jubelfeier erhalten, daß wir durchdrungen waren von der Größe dieses Deutschen und von der Wichtigkeit seiner Erfindung. Ich erwarte nicht, daß Einer der gelehrten Zeitgenossen, an welche meine Aufforderung ergeht, aus diesem oder jenen Grunde sein Scherflein verweigern wird, sondern rechne mit voller Zuversicht auf Gemeinsinn, der braven Deutschen zukommt.
Leipzig, den 5ten Nov: 1839. |
Dr. Karl Haltaus Lehrer der Geschichte an der Thomasschule etc. |