Bonn am Rhein
6. März 1830.
Indem ich Herrn Grafen Beust ersuche, Ihnen meine Grüsse zu überbringen, mein theurer und verehrter Freund, erinnre ich mich lebhaft der Zeit, wo ich so oft mit Freunden oder mit Fremden Ihr Attelier besuchte um irgend ein neues Werk wiederholt in Augenschein zu nehmen. Dieser Vortheil hat man wenn einem lang in Rom zu seyn vergönnt ist. Graf Beust, Director des hiesigen Oberbergamts, und seine Gemalin werden vielleicht zu kurze Zeit in Rom seyn um alles einzeln betrachten und kennen lernen zu können wie sie wohl wünschten, da sie beyde Kunstfreunde sind. Sie werden dagegen von wenigen Stunden eine desto reichere Ausbeute davon tragen, und ich bitte Sie daher, ihnen alle Ihre Werke, so viele Sie noch in Abguss bey sich haben, vom Jason an, zu zeigen und zu deuten – sie werden Ihnen vielleicht auch in Ansehung dessen, was in Sculptur jetzt in Rom zu sehen oder nicht zu sehen ist, unter der Hand die besten Rath ertheilen.
Auch bey mir ist es seit einiger Zeit beschlossen Rom bald wieder zu sehen: und vermuthlich geschieht es noch dieses Jahr im Herbst. Dann werde ich zuerst bey an Ihrer Thüre anklopfen, und Sie wohl und thätig wiederzufinden, dadurch wird sich mir der neue Aufenthalt einigermassen an den wiederanschliessen, der mir sonst oft nur noch wie ein schöner Traum vorkommt.
Mit der alten Freundschaft
Ihr
F.G. Welcker.