No. 6180 of 10319
Sender Date Recipient
Karl Grüneisen
Redaktørerne ved Kunst-Blatt
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Sender’s Location

Stuttgart & Tübingen

4.6.1833 [+]

Dating based on

Dateringen fremgår af tidskriftet, hvor teksten blev trykt.

Omnes
Abstract

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Sculptur.

Leben und Werke des dänischen Bild-
Hauers Bertel Thorwaldsen, dargestellt
von J. M. Thiele ac.

(Fortsetzung.)

Wunderlich ferner und dem Streite jener jonischen Städte um das Vorrecht, den Homer erzeugt zu haben, ähnlich, ist die Meinungsverschiedenheit über Thorwaldsens Geburtsort, da ihn die Einen nach Island versetzen, das eigentliche Stammland seiner Familie, wo sein Grosvater, Thorwald Gotskalksen, Prediger zu Miklabye in Skagafiord gewesen und sein Vater Gotskalk Thorwaldsen geboren ist; Andere nach Copenhagen, womit seine eigenen Aussagen und diejenigen seiner Freunde, auch der Umstand, daß er nicht nach isländischer Sitte Gotskalksen, sondern auf dänische Weise, wie sein Vater, Thorwaldsen genannt worden ist, übereinstimmen; wieder Andere endlich auf das Schiff, welches seine Aeltern von Island nach Copenhagen gebracht habe. Damit hängt auch der Ehrenstreit zusammen, worin drei Nationen ihr Eigenthumsrecht an seinen Ruhm geltend machen, die Dänen, weil er auch im letzteren Falle doch auf einem dänischen Schiffe, die Engländer, weil er auf dem Meer geboren, die Deutschen, weil er unter dem Einfluß deutscher Bildung der große Künstler, den die Welt bewundert, geworden sey. Die Bemerkung indessen, welche der Verf. S. 88 in Anm. 4. macht, daß Thorwaldsen erst um sein fünfzigstes Lebensjahr den Grund und Boden von Deutschland betreten habe, vermag nichts gegen den Ausspruch von A. W. Schlegel, daß die Deutschen sich den gebornen Dänen gewissermaßen zueignen dürfen, weil er nicht nur deutsche Sprache rede, sondern ganz deutsche Bildung besitze. Man will damit Niemanden das Seinige rauben, aber es soll nur, wie der Artikel über deutsche Kunst im Conversationslexikon der neuesten Zeit und Literatur sagt, die Volks- und Geistesvcrwandschaft anerkannt werden, worin die in Thorwaldsen vollendete Plastik der neuesten Zeit mit dem Geist und Entwicklungsgange deutscher Poesie und Kunst stehe. Der große Mann streckt sein Haupt über die Gassen und Schornsteine der Stadt, die seine Wiege war, in die unendliche Welt hinaus, indessen man die Vettern gerne gewähren läßt, wenn sie sich auf den gemeinschaftlichen Stammbaum berufen. Daß nun in einem weiteren und geistigeren Sinne der deutsche Geist auch hier solche Vetterschaft anspricht, sofern er sich überhaupt in der Literatur und Kunst des skandinavischen Nordens wieder erkennt, während sich seine Züge von jenen des französischen Geschmacks oder südlicheren Charakters bestimmt unterscheiden, dieß scheint ein erlaubter Stolz zu seyn, ohne den Rechten Anderer zu nahe zu treten.

Der Vater Thorwaldsens war Schiffsbildhauer, und bei dem Anblick der wiewohl gar nicht künstlerischen Arbeit desselben mag in dem Sohne frühe das Talent rege geworden seyn, zu dessen Ausbildung ein Hausfreund behilflich war, indem er die Abneigung des Vaters dagegen bekämpfte. Im Jahre 1781 trat der eilfjährige Knabe in die unterste Schule der Akademie zu Copenhagen ein. In den spätern Jahren war es besonders der Professor der Modellschule an der Akademie zu Copenhagen, Abildgaard, der den jungen Künstler beobachtete und an sich zog. Im J. 1787 gewann dieser die kleine silberne, i. J.1789 die große silberne, im J. 1791 die kleine, im J. 1793 die große goldene Preismedaille der Akademie und mit letzterer Anspruch auf das Reisestipendium. Von den drei letzteren Bewerbungen sind die Arbeiten Thorwaldsens in der Akademie noch vorhanden und zeugen von dem Fortschritt in der Kunst, vornämlich der Composition, wiewohl unverkennbare Vorbilder auf seine Motive eingewirkt haben. Den wiederholten Wünschen des Vaters, den Sohn in seinem Verdienste sich nun ganz zur Unterstützung beizuziehen, wurde mehr durch Andere, als durch ihn selbst, kräftigst entgegengewirkt, während er dem Vater hülfreich zur Hand ging, Ornamente in Holz schnitzte, Basreliefs modellirte, Porträts zeichnete, mit dem Meisel in Stein arbeitete je nachdem es die Umstände forderten. Mit seinen Kunstgenossen verband er sich zum Studium weiblicher Modelle und zu gemeinschaftlichen Uebungen in der Composition, bei welchen letzteren Zusammenkünften, deren Reiz durch Lesung vorzüglicher Dichterwerke erhöht ward, Thorwaldsen bereits seine große Leichtigkeit der Auffassung und Darstellung an den Tag legte. Durch das Basrelief, womit er die kleine goldene Medaille in der Preisbewerbung davongetragen hatte, darstellend den aus dem Tempel zu Jerusalem verjagten Heliodorus, wurden der Staats-Minister Graf Chr. Friederich Detlev von Reventlow und andere Kunstfreunde, vornämlich auf Betreiben des Historienmalers Wulf veranlaßt, durch Subscription den jungen Künstler zu beschäftigen und zu bilden; so entstand das kleine Basrelief, Priamus und Achilles, später 1792 auf Abilggards Wunsch, der einem von Schadow der Akademie eingesandten Receptionsbilde einen ähnlichen Gegenstand von der Arbeit seines Lieblings entgegensetzen wollte, das Basrelief, Herkules und Omphale. Ins J. 1795 fällt die Erlangung des höchsten Preises der Akademie mit dem Basrelief, die Heilung des Lahmen durch Petrus, nach Apostelgesch. Cap. III. Hier nun entschied sich die Aussicht auf seine künstlerische Ausbildung im Süden. Noch wurden ihm 1794 mehrere weibliche Figuren zur Decoration des dem Erbprinzen Friederich gehörigen Pallastes auf dem Platze Amalienburg zu Copenhagen aufgetragen, welche durch ihre ungewöhnliche Entstehung und Beschaffenheit merkwürdig sind, sofern er sie alla prima modellirt oder richtiger gesagt, vom Grunde aus mit Steinen und Stucco aufgemauert hat. 1795 unternahm er die Umarbeitung eines früher componirten Basreliefs, Numa und Egeria, womit er sich die fernere Unterstützung der Akademie und das Versprechen, das nächste Reisestipendium zu erhalten, sicherte. 1796 fiel ihm dieses Stipendium auf drei Jahre zu. Der Plan, über Dresden und Wien zu reisen, wurde durch eine Krankheit, die ihn befiel, vereitelt und in die Bitte an die Regierung verwandelt, mit der königlichen Fregatte Thetis nach Italien fahren zu dürfen. Allein dieß war gleichfalls eine sehr umständliche Gelegenheit. Die Fregatte kreuzte zuerst in der Nordsee mehrere, Monate vom Maian, ankerte später auf der Rhede von Malaga und im Oktober vor Algier; von hier aus nach Malta gelangt, mußte sie, weil in Algier die Pest hauste, eine strenge Quarantaine halten, ging jedoch später nach Tripolis, vor dessen Küste sie einen höchst gefährlichen Sturm zu erfahren hatte, wiederum nach Malta, wo sie nach abermaliger Quarantaine ausgebessert werden mußte, und wollte eben aufs Neue nach Tripolis segeln, als Thorwaldsen sich entschloß, zurückzubleiben, worauf er auf dem offenen Boote, der Spirinal, nach Palermo ging und von hier mit dem Paquetboot endlich Neapel erreichte. Im Heimweh wollte er zuerst die nächste Gelegenheit zur Rückreise in das Vaterland ergreifen, weil ihn sein Unwohlsein wie seine Unbekanntfchaft mit der Sprache und den Sitten Italiens in eine trübe Stimmung versetzt hatten; doch siegte eine gewisse Scheu und sein Pflichtgefühl, so daß er am 8. März 1797 endlich in Rom eintraf.

Es hat oft geheißen, Thorwaldsen habe die ersten Jahre seines Aufenthaltes in Rom unthätig d. h. ohne eigene Arbeit, mit bloßer Betrachtung der vorhandenen Kunstwerke, besonders der Antike hingebracht, und erst gegen das Ende der Zeit, die ihm von der Akademie zur Reise zugemessen war, habe ihn das Vedürfniß der Existenz bewogen, Hand anzulegen; und nun seyen auch mit Einem Male die Meisterwerke, hervorgegangen, die allem Früheren, was die neuere Plastik geschaffen, den Rang streitig machten und in welchen das Alterthum seine Wiedergeburt feierte. Dieß Mährchen sollte wohl auf der einen Seite die Erscheinung des Wunders der Genialität noch wunderbarer machen; auf der andern. Seite mochte sich auch die Faulheit darin gefallen, etwas mit der Genialität gemein zu haben und der Stunde zu harren, in welcher die wohlgerüstete Göttin der Kunst auch aus ihrem Haupt entspringe. Jedenfalls beweist nun aber der Verfasser das Gegentheil aus der Geschichte der ersten römischen Jahre Thorwaldsens. Er sah allerdings die Antike nicht nur, sondern studirte sie, und hatte darin an seinem berühmten Landsmann, Georg Zoega, an welchen er von dem nachmaligen Bischofe, Professor Munter, empfohlen war, den kundigsten Führer und strengsten Beurtheiler. Besonders aber beschäftigte er sich mit Nachbildung der Antiken. Er modellirte zuerst die Büste, später die ganze Figur des Pollur auf Monte Cavallo, beide in halber Lebensgröße; ferner eine ganze Reihe antiker Büsten, wovon etliche in Marmor ausgeführt sind.

Die erste Originalarbeit in Rom war die Büste des dänischen Etatsraths Tyge Rothe. 1798 wurde er durch das Fieber an Vollendung des Basreliefs, Bacchus und Ariadne, verhindert. 1799 entstanden mehrere kleinere Compositionen, der Frieden, die der Frau Friederike Brun zugehörige Skizze der Melpomene, und Anderes, was er nach seiner Aussage nur zur Hebung gemacht und bald darauf wieder zerschlagen hatte. Um diese Zeit war es aber nicht sowohl Zoega, der den strebenden Geist Thorwaldsens an sich fesselnd bildete, wie groß auch dessen Verdienst um den Künstler gewesen seyn muß, dessen Sinn für das Alterthum den unermüdlichen Beobachtungen und Rügen des scharfen Kunstrichters unstreitig Vieles verdankt; — als der Maler Asmus Jacob Carstens, dessen lehrreichen Umgang Thorwaldsen zwar nur ein einziges Jahr hindurch genießen konnte, den er aber nie aufgehört hat zu bewundern, wie er denn auch neben dem Studium der Antike einen Theil der hinterlassenen Zeichnungen von Carstens copirt hat, und man findet unter seinen täglichen Umgebungen das Eine und das Andere davon in seinen Zimmern aufgehängt. Ob indessen schon in früheren Jahren, während Thorwaldsen noch Zögling der Akademie zu Copenhagen war, ein solcher Einfluß des großen Genius, der die Geister des Alterthums in die Kreise der Kunst zuerst wieder heraufbeschworen hat, wo nicht unmittelbar da, Thorwaldsen mit ihm in Dänemark in keine persönliche Berührung gekommen war, so doch mittelbar durch Thorwaldsens vertraute Freunde, welche Carstens gekannt hatten, ja sogar im Besitze von Handzeichnungen desselben waren, und welche über Ursache und Art seiner Trennung vom Vaterlande sehr unzufrieden waren, — ob ein solcher Einfluß wirklich schon dort und damals stattgesunden habe, was der Verf., ohne es verbürgen zu können, doch S. 7. vermuthet, möchte um so mehr dahinzustellen seyn, als Thorwaldsen, wie gleichgültig er auch von jeher um die Eindrücke des umgebenden Daseyns gewesen seyn und manches Auffallende und Außerordentliche in den Begegnungen seiner Vergangenheit vergessen haben mag, doch gewiß eine Erfahrung geistiger Gewalt und Größe und das Gefühl, davon angezogen und auf höhere Ideen und Bahnen des Strebens geleitet worden zu seyn, um so mehr behalten mußte, je leichter ihm das Uebrige zur Seite liegen blieb. Wenn er daher nicht selbst dergleichen in seinen Erinnerungen trägt, so kann auch die Berührung mit Carstens’ Namen und Zeichnungen in seinen Jünglingsjahren nicht so bedeutend gewesen seyn, als es unter diesen Umständen scheinen dürfte.

Im Spätjahr 1800, als er mit einer Marmorcopie der Büste Rafael’s im Pantheon beschäftigt war, bewog ihn der Gedanke an die nahe bevorstehende Rückkehr in sein Vaterland, eine größere Arbeit anzufangen, die er daselbst als eine Frucht seiner römischen Studien vorzuzeigen wünschte. Dieß ist die berühmte Statue des Argonautenführers Jason mit dem goldnen Vließ, dasjenige Werk, welches den großen Wendepunkt in seiner Geschichte, und man kann sagen, in dem Entwicklungsgänge der neuern Plastik bildet. Er fing dieses Standbild in natürlicher Größe im Oktober an und war damit bis April 1801 beschäftigt, wo nun das Modell im Thone vollendet dastand. Da es aber keine besondere Aufmerksamkeit erregte, Thorwaldsen auch nicht vermochte, es formen und abgießen zu lassen, zerbrach er sein Werk. Obgleich der verlängerte Termin des Reisestipendiums schon jetzt, 1802 abgelaufen war, wurde die Abreise, die zuerst im Frühjahre dieses Jahres hätte geschehen sollen, bis zum Winter des nächstfolgenden aufgeschoben, damit er Zoega, der Professor in Kiel geworden war, nach Dänemark begleiten könnte. Zoega änderte jedoch seinen Entschluß; indessen war Thorwaldsen wieder von der Idee ergriffen worden, die, allen Umständen zum Trotze, ihm den Weg zu seinem unsterblichen Künstlernamen öffnen sollte. Jason war abermals, und zwar diesmal in kolossaler Gestalt unter seinen Händen entstanden. Im Januar 1803 war die Statue so vollendet, daß sie Aufmerksamkeit und Bewunderung von Künstlern und Reisenden erregte, auch den Beifall Zoega’s, der im Anfang so gar wenig sich von Thorwaldfen versprochen batte, gewann, und dem überraschten Canova das Geständnis abnöthigte: Quest Opera di quel giovane Danese e fatto in uno stilo nuovo e grandioso! Friedricke Brun vermittelte die Möglichkeit, das große Werk abgießen zu lassen, um wenigstens das Modell zu bewahren, bis einst im Vaterlande sich Gelegenheit zur Ausführung in Marmor darböte, weil sich in Rom unter den mißlichen Umständen jener Zeit Niemand fand, der eine solche Bestellung machte. Thorwaldsen dachte nun wirklich an die Heimreise, packte seine wenige Habseligkeiten zusammen, schickte seine Bücher und Kupferstiche voraus und wollte eben mit dem Bildhauer Hagemann aus Berlin in den Wagen steigen, als der letztere, dessen Abreise Schwierigkeiten gefunden hatte, um Aufschub auf Morgen bat. Und an eben diesem Schalttag wird vom Lohnbedienten der reiche Banquier aus London, Sir Thomas Hope, nach Thorwaldsens kleinem Studium geführt. Hope, von dem Eindruck überrascht, den die Statue Jason niemals verfehlte, fragte um ihren Preis, wenn sie in Marmor ausgeführt würde, und als Thorwaldsen, dem die Ausführung allein ein hinreichender Vortheil schien, antwortete, daß er sie für 600 Zechinen ausführen wollte, erbot sich jener sogleich zu 800, um ihn zugleich in den Stand zu setzen, die Arbeit unverzüglich anfangen zu können. Von nun an ist Thorwaldsen in Rom wohnen geblieben. Die Vollendung ist nun freilich erst im Jahr 1828, also ein Vierteljahrhundert nach der Bestellung, erfolgt. Allein verschiedene Umstände sind ihr wiederholt hindernd entgegengetreten. Schon 1803 überfiel den Meister die alte Krankheit wieder, und er mußte eine Erholungsreise antreten, die fast das ganze folgende Jahr dauerte. Später kam die Spannung zwischen Napoleon und England, die es nicht erlaubt hätte, nur dafür zu gelten, daß er mit einer einem Engländer gehörigen Arbeit beschäftigt sey. Unterdessen hatten seine eigenen Fortschritte in der Ausübung seiner Kunst ihm die Ausführung einer älteren Arbeit entleidet, mit der er auf seinem weitergerückten Standpunkte nicht mehr zufrieden seyn zu kennen erklärte. Er schlug dem Sir Hope vor, er wollte ihm für denselben Preis eine andere Arbeit überlassen oder eine ganz neue von derselben Größe ausführen; aber es war leicht begreiflich, daß dieser an Jason ein Interesse gefunden hatte, welches kein anderes Werk zu erregen vermochte. Von Zeit zu Zeit kehrte er nun mit dem Meißel daran zurück, und als die letzte Hand davon abgezogen war und der Eigenthümer endlich das Werk empfing, wurden zwei der herrlichsten Basreliefs von Thorwaldsens Erfindung und die Büsten der Frau Hope und ihrer drei Töchter, Alles in Marmor, zum Geschenke an den edlen Wohlthäter mitgesendet.
 

(Die Fortsetzung folgt.)

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General Comment

Dette er en trykt tekst fra det tyske kunsttidsskrift Kunst-Blatt, op. cit. Kun de passager af teksten, der vedrører Thorvaldsen, citeres her.

Thiele
Ikke omtalt hos Thiele.
Other references

  • Kunst-Blatt gebildete Stände, No. 45, 1833, pp. 177-180.
Persons
Friederike Brun · Antonio Canova · Thomas Hope · Christian Ditlev Reventlow · Bertel Thorvaldsen · Georg Zoëga
Works
Last updated 14.08.2017 Print