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Allerdings steht es hinter den vorzüglichsten Compositionen eines Thorwaldsen zurück, und man fühlt bei der Beschreibung, daß das Poetische im Grunde mehr dem Stoff als dem Künstler angehört, aber es liegt doch unserem Herzen näher, als die griechischen, und als der erste geniale Versuch in seiner Art verdient es sicher Aufmerksamkeit und Beleuchtung. Oehlenschläger berührt in seinem Prometheus diese Arbeit von Freund, und wendet dagegen ein, daß sie wohl noch zu griechisch sey. Dabei spricht er sich über das Eigenthümliche der nordischen Kunst mit folgenden Worten aus, mit denen wir die Betrachtung dieser Arbeit schließen wollen: “Stehen die Menschen des Südens wirklich an Schönheit über denen des Nordens, so ist dies vielleicht in der Entwickelung des Körpers, die nicht an dem nordischen Fett leidet. Aber in den nordischen Gesichtern ist mehr Feinheit und Charakter, auch vielleicht mehr Seele. Das tiefe Gefühl und der Ernst des Nordens gibt ihnen einen von griechischer Schönheit verschiedenen Ausdruck. Freilich, in der nordischen Kunst muß mehr Sentimentalität als Naivetät seyn; aber auch dies ist ein Grund mehr, sie zu bearbeiten. — In Thorwaldsen’s Christus, in seinen Aposteln sehen wir einen guten Anfang; laßt das Genie auf ähnliche Weise das Sentimentale, das Tiefsinnige in der nordischen Mythologie erfassen!”
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