Rom, d. 6 Dec. 1823.
Verehrter Lehrer!
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Durch anhaltenden Fleiß und hauptsächlich durch vollkommene Gesundheit in den letzten Monaten, wie auch durch den Beistand Thorwaldsen’s gelang es mir Ende Novembers, nachdem ich 6 Monate gearbeitet hatte, mein Modell zu des letztern Zufriedenheit zu vollenden – Ich lege Ihnen hier eine flüchtige Zeichnung von Gegenbaur bey, um Ihnen wenigstens eine Idee des Ganzen und hauptsächlich der Veränderung zu geben. – Ich glaubte Th. weder wegen der Stellung noch wegen den Attributen widersprechen zu können. Vorzüglich weil er mir zu verstehen gab, daß er ja auch zwey zu machen habe und wünsche, daß sie zusammen harmoniren. Wegen den Attributen behauptete er, ausser Johannes seyen die drei übrigen ohne diese gar nicht zu unterscheiden und auf keinen Fall werde man sehen, daß es Evangelisten seyen. Es seyen Figuren die schreiben, oder auf ein Buch oder Tafel hindeuten. Er meint sogar auch Johannes könne sich ohne Adler nicht gut aussprechen. – Th. nahm sich meiner sehr an und ich glaube Ursache zu der Meinung haben zu dürfen, daß er aufrichtig gegen mir war, das er gerade nicht gegen jeden ist. Er sagte mir öfters ein junger Künstler müsse die Natur sehr respektiren um etwas Gutes zu machen und machte mich oft auf Nuancen aufmerksam, erst in den letzten Wochen sprach er sich vortheilhaft über meine Arbeit aus. Wie er das letzte Mal da war, fragte er mich, wie meine Figur den jungen Künstlern gefalle, worauf ich ihm sagte, daß er selbst wissen werde, daß sich wenige so aussprechen, wie sie denken und ich mich deswegen nicht darauf verlassen könne. Er sagte mir ich solle nun formen lassen. Den andern Tag kam er noch mit dem Ob. Bau Intendanten v. Klenze, der mir im Weggeben sagte, da Th. so wohl zufrieden sey, so wolle er mir nichts sagen! –
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Ihrem dankbarsten Schüler
Theodor Wagner