Gutenberg-kommissionen
Mainz
Omnes
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Aufruf
um das herannahende
Säcularfest der Buchdruckerkunst
durch
Errichtung eines Monuments
zu Ehren ihres Erfinders
Joh. Gensfleisch zum Gutenberg
würdig zu feiern.
Mainz/
gedruckt bei Florian Kupferberg.
»Nicht allein Deutschland, nicht allein Europa, sondern der ganzen Welt gebührt es, dem Mainzer Gutenberg ein Denkmal der Dankbarkeit zu errichten.»
Micheletti, ein gelehrter Neapolitaner.
An die gebildete Welt.
Unser Zeitalter vergleicht sich mit Recht dem schönsten altgriechischen. Auch darin ist es ihm ähnlich, daß es über den Glanz der Gegenwart nicht die Heroen der Vergangenheit vergißt. Mancherlei Denkmäler zeugen davon. Baierns König hat selbst ein deutschvaterländisches Pantheon oder Walhalla angelegt.
Wer aber hätte größeren Anspruch auf die Ehre eines erhabnen Monuments, als Gutenberg, der Erfinder der Buchdruckerkunst!
Er gehört zwar nicht in die Reihe der Dichter, Weltweisen und Künstler, die im Felde der Wissenschaften und schönen Gebilde, nicht unter die Staatslenker und Helden, die mit Scepter und Schwert sich und ihren Völkern Unsterblichkeit errangen. Sein Werk ist andrer Natur, dem Anscheine nach minder glänzend, doch in Wahrheit gleich inhaltschwer, ja von ausgedehnterer Wirkung, durch Raum und Zeit von unendlichen Folgen. Es möchte schwer halten, seinen Werth in vollem Umfange zu schildern, während er zugleich so klar am Tage liegt, daß ein schlichter Landmann, die Kinderwelt sogar, und in allen fünf Welttheilen, davon reden könnte. Welche den Geist fördernde sinnvolle Erfindung, mit Ausnahme der göttlichen Schreibkunst, möchte solcher Wirkung, so allgemeiner Anerkennung, sich rühmen!
Gutenberg war ein Deutscher. Seine Erfindung jedoch, nicht im geringsten von blos nationalem Nutzen, hat kein einzelnes Land beglückt; allen angehörend, machte sie ihn zum Wohlthäter aller bildungsfähigen Völker, zum gemeinsamen Heros der Menschheit. Kein Wunder also, wenn man häufig die Frage hört: warum zu Mainz noch kein Monument den Platz bezeichne und verherrliche, der Gutenbergs Namen führt? und wie es möglich gewesen, daß die gebildete Menschheit vier Jahrhunderte konnte vergehen lassen, ohne dem großen Manne den Dank, der ihm lebend nicht zu Theil wurde, nach seinem Tode abzutragen?
Auffallend ist es gewiß! doch jeder Gedanke an die Abtragung einer so heiligen Schuld stieß auf unerwartete Hindernisse; sogar 1804, als Napoleon einem vorgelegten Plane seine Zustimmung gegeben. Fast könnt’ es scheinen, als habe man auf neue noch unerhörte Wirkungen der Druckpresse gewartet, um ihren Werth in erhöhtem Maaße und bis zur Begeisterung zu empfinden. Oder lag es im Geschicke des Plans , daß vor seiner Ausführung erst die bildende Kunst zu größerer Gediegenheit gelangen, und der Sinn dafür allgemeiner verbreitet werden sollte? ‒ Wäre dies der Fall, nun wahrlich, so brauchen wir nicht zu zaudern; denn schwerlich möchte die Kunst der Monumente nach den außerordentlichen Leistungen der letzteren Jahre noch höher steigen, schwerlich die Bedeutung der Druckpresse noch lebhafter empfunden werden! und überhaupt, welcher Zeitpunct könnte günstiger sein, als der jetzige, wo die Wiederkehr des Säkularfestes der Gutenbergischen Erfindung herannaht?
Es tritt nemlich mit Ein Tausend Acht Hundert Sechs und Dreißig die Buchdruckerkunst in ihr fünftes Lebenssäculum, ‒ ein Geburtsjahr das, wenn irgend eins in der Geschichte der europäischen Menschheit, festlich begangen zu werden verdient.
1856 muß den Manen Gutenbergs werden, was die ihm nähere Nachwelt nicht zu gewahren vermochteI. Das 16te Jahrhundert war in kirchlicher Zerwürfniß befangen, in der ersten Hälfte des 17ten wüthete der dreißigjährige Krieg, und hundert Jahr später litt Deutschland noch an den letzten Nachwehen desselben, nemlich an einer geistigen Gedrücktheit, die erst vor Friedrichs 11. Heldenbahn und vor der gleichzeitig mit ihr anbrechenden Morgenröthe unsrer neuen Literatur verschwinden sollte. Jetzt, wo die Morgenröthe längst zum vollen Lichte des Tages geworden, wo die Werke des deutschen Geistes in brüderlicher Wechselwirkung mit denen der wissenschaftlichsten Völker fast nur Eine große gemeinsame Literatur ausmachen, kurz ‒ im neunzehnten Jahrhundert ‒ was stände da der Erfüllung unsers Wunsches, der allgemeinen Feier der Gutenbergischen Erfindung, in allen Klassen der gebildeten Welt noch entgegen!
Dies ist es was uns kühn macht, gleichsam in Auftrag des Geistes unsrer Zeit mit gegenwärtigem Worte hervorzutreten, und die ganze Mitwelt anzurufen, daß sie zur Errichtung eines erhabnen Monuments am Säcularfeste der Buchdruckerkunst 1858 die Hand bieten möge.
Zu früh kommt der Aufruf nicht. Trotz den vier Jahren von jetzt bis zum Feste verlangt das Unternehmen noch besondere Beschleunigung. Drum wär’ es viel werth, wenn die Entwürfe dazu schon in bestimmten r Umrissen und Angaben öffentlich könnten vorgelegt werden. Dies ist jedoch nicht eher thunlich, als bis die zu erhaltenden Summen mit einiger Wahrscheinlichkeit sich abschätzen lassen. Nach ihrem Ertrag muß die Ausstattung des Kunstwerkes sich richten, das entweder aus dem kolossalen Standbilde Gutenbergs allein, oder aus einer Verbindung desselben mit emblematischen Figuren und Basreliefs bestehen wird. Unstreitig wäre letzteres vorzuziehen, indem sich alsdann das Kunstwerk deutlicher aussprechen und mehr zum eigentlichen Denkmale der Erfindung selbst erheben würde.
Eben deshalb geziemt es sich auch nicht, irgend einen Künstler eigenmächtig mit Entwurf und Ausführung zu beauftragen, obwohl die Nähe bedeutender Talente, sowohl hier am Orte als im benachbarten Elsaß, leicht dazu verlocken könnte. Ein Monument, das dem großen Publikum verschiedner Länder sein Dasein verdankt, bedarf freier Concurrenz unter den Meistern, und nur derjenige Entwurf, der von Kennern geprüft als der zweckmäßigste und schönste sich erweist, muß dem Modelle zum Grunde gelegt werden.
Ein eignes Wort an die Künstlerwelt wird sich näher darüber aussprechen. Den gegenwärtigen Aufruf schließen wir mit der inständigen Bitte, daß jeder, der die Wichtigkeit des Unternehmens fühlt, sich auch kräftig dafür verwenden möge; was theils durch eigne beliebige Geldbeiträge (auch die kleinste Gabe ehrt den Geber und unterstützt das Werk) theils durch Anlegung größerer und kleinerer Sammlungen geschehen kann. Es scheint dies vorzüglich ein angemessenes Geschäft für Buchhändler und Inhaber von Druckereien so wie für Herausgeber öffentlicher Blätter und Zeitschriften, für Vorsteher literarischer, artistischer, wissenschaftlicher Institute zu sein, so daß wir überzeugt sind, unsre Bitte werde sich ihnen mit günstigem Erfolge ans Herz legen.
Wo aber eine allgemeine Aufforderung an die Gebildeten der Menschheit ergeht, da richtet sich der Blick doch vor allen auf die Angesehensten, auf höhere Behörden, gesetzgebende Körper, auf Fürsten und Könige, die nicht nur durch Rang und Hoheit, die auch in humaner Würdigung alles Großen und Unsterblichen an der Spitze der Völker und ihrer Civilisation zu stehen berufen sind. Ihrer fordernden Theilnahme empfehlen wir demnach diesen Plan und Aufruf mit besonderer Ehrfurcht und vertrauenvoller Erwartung.
Ueber den Fortgang des Unternehmens und über die Beiträge, die man gefälligst an «die Bürgermeisterei von Mainz» einsenden möge, wird das Publikum von Zeit zu Zeit durch die gelesensten Tagblätter gebührende Nachricht erhalten. Auch gedenken wir sämmtliche Namenverzeichnisse der Geber, um deren Aushändigung wir gleichfalls bitten, in ein großes Buch vereinigt, auf der hiesigen Stadtbibliothek niederzulegen, zu Jedermanns Einsicht und zu ewigem Gedächtniß.
Mainz, im Februar 1832.
Die zur Errichtung eines öffentlichen Monuments für Johann Gutenberg gebildete Commission.
J.B. Pitschaft, Präs., Th. Schacht, erster Secr., C.V. Dahm, zweiter Secr., Fl. Kupferberg, Cass., G.E. Arnold, F.P. Aull, F. Geier, A. Leroux, J. Neus, C.A. Schaab, Mitgl. der Commission.
Denne tekst er udkommet i et trykt hæfte.
Johann Gutenberg, 3. februar 1834 - 28. juni 1834, inv.nr. A114 |
Sidst opdateret 06.06.2014
[I teksten markeret som note med følgende indhold:] Es ist historisch erwiesen, daß Joh. Gensfleisch zum Gutenberg, Mainzer Patrizier, bereits im Jahre 1436 zu Strasburg, wo er sich eben heimischer Unruhen halber aufhielt, die von ihm gemachte Erfindung beweglicher Lettern einigen vertrauten Bekannten mittheilte. Die weitere Ausführung seines Vorhabens stieß hernach auf so viele Schwierigkeiten, daß er erst geraume Zeit nach seiner Heimkehr in die Vaterstadt den Druck eines Buches bewerkstelligen konnte. Siehe die Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst von Schaab, Mainz 1831, 3 Bände in 8. ‒