Friedrich von Warnstedt
København
Omnes
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Thorvaldsens
Arbeiten für die Frauenkirche
in Kopenhagen
Erster Brief.
Kopenhagen. Januar 1820.
Sie wünschen Einiges über Thorvaldsens hiesigen Arbeiten zu erfahren, meine werthgeschätzte Freundinn! und nach lieber, so wie nach alter Gewohnheit muß ich Ihrem Wunsche wohl gehorchen, — wie sehr ich auch fühle, daß ich Ihrem gütigen Ansinnen nicht Gnüge zu leisten im Stande bin. Doch Ihre wahrhaft weiblich und liebevolle Nachsicht, wem flößte sie nicht Muth ein?
Die hier in Kopenhagen von Thorvaldsen begonnenen Arbeiten sind 4 Büsten: die des Königs, der Königinn, und die ihrer beiden Töchter. Schon blos als Arbeiten von so geübter Meisterhand sind sie natürlich schon und vortreflich; aber zugleich sind sie sprechend ähnlich — ein Umstand, der, um so mehr besonders angeführt zu werden verdient, in Bezug auf die Büste der Königinn, da wir durchaus, in keiner Art von Nachbildung etwas Aehnliches, kaum unter vielen Medaillen, Gemälden u.s.w. einige Aehnelnde haben. — Es sey mir jedoch vergönnt, bei der blossen Erwähnung dieser Arbeiten, es bewenden zu lassen; um einige Augenblicke länger dem tiefen Eindrucke nachhängen zu dürfen, der, für eine lange, lange Dauer, der Erinnerung eingeprägt wurde durch die wiederhohlte und jedesmal größere und genussreichere Anschauung jenes wunderschönen Bas-relief, das, noch nicht vollendet, doch — gleich der, dem Meere entsteigenden Sonne, die sich dem menschlichen Auge früher schon herrlich zeigt, als sie in der Wirklichkeit den begränzenden Horizont Überschritten hat, — noch nicht vollendet, sage ich, dennoch jedes gefühlvolle Gemüth eben so, für die versinnlichte Scene wundersam from, als wie auch dankbar gegen den schaffenden Künstler stimmen muß und wird!
Dieß Bas-relief, so wie auch einige andere Arbeiten, dieses unsers berühmten Landsmannes, ist für die Taufkapelle der, unterm Wiederaufbau seyenden Hauptkirche Dännemarks bestimmt. Die Länge desselben beträgt 3 Ellen 12 Zoll; die Höhe 1 Elle 12 Zoll.
Indem ich Ihnen (mit besonderer Rücksicht darauf, daß Sie dieß Meisterwerk noch nicht gesehen haben) nur etwas über die Figuren und ihre Zusammenstellung anführen kann, muß ich mich, in Hinsicht auf den Eindruck, den das Characteristische jeder einzelnen Figur auf den Beschauer hervordringen wird, auf allgemeine. Ausdrücke beschränken. Wie könnte hier das umschreibende Wort, wahr-nachbildend oder genügend seyn?
In der Mitte, etwas höher als alle die andern Figuren, – indem er seinen Standpunct auf dem, um ein Weniges erhöhtem. Flus-Ufer hat, – steht Johannes, der kräftige, abgehärtete seelenvoll-sinnige Mann, in herrlichster Menschenkraft. Vor ihm, in dem etwas tiefer fließenden Bach, Christus – gebückten Hauptes, das heilige Sacrament zu empfangen; indem Johannes die, in der Rechten emporgehobene Muschel, sich herabneigen läßt, die Taufe vollbringen. Christus im Ausdruck des Gesichts, und in der, wenn auch gebückten Figur – doch so hoch erhaben und frey, daß sich wunderbar herrlich, die freye, bewußte Selbstbeugung des Erhabenen ausspricht. Dagegen in dem Gesichte des Johannes, nicht der Ausdruck, das Gefühl des Stolzes; nein! aber der, des from-kräftigen Selbstgefühls, berufen zu seyn diesem hohen, einzigen und ersten Priester- und Weihe-Amte. Mir erscheint in dem lebendig, geistigem Ausdrucke, den der Künstler diesen beiden Figuren zu geben verstand, der schönste Triumpf der Bildenden Kunst; hier, wo in beiden wahr und sprechend: an dem durch alle äußere Umstände, Erhobenen, dennoch der Geist der Demuth; an dem, durch Stellung und Stand, Untergeordneten, oder, wenn das Wort erlaubt ist, Erniedrigten der Göttliche sich unverkennbar ausspricht.
Diese Figuren machen die Mitte und die Hauptpersonen der ganzen Gruppe von 11 verschiedenen Figuren aus. Dann sehen wir links die freudigen Himmelszeugen der heiligen Handlung; rechts die andachtsvollen Erdenwaller – diese als die erste fromme Gemeinde des Menschen-Geschlechts, voll kindlicher Sehnsucht zunächst dem Stifter, in den heiligen Bund aufgenommen zu werden; – jene, als himmlische Zeugen der göttlichen und ersten Taufe, denn: nun der Himmelsbote des Vaters konnte es der Taufe des göttlichen Sohnes seyn!
Lassen Sie uns jetzt auf einen Augenblick der Gruppe links, unsre Aufmerksamkeit leihen. —
Hinter dem Johannes stehen zween wunderschöne Engel-Knaben, die mir, in dem freundlichen, fragendspähenden Blick, als ich sie zuerst sah, jene Engelsköpfen des Rhafaelischen Madonnen-Bildes der Dresdner Gallerie (dessen Genuß Friedrich Müller einem größeren Publicum gleichsam als Vermächtnis hinterließ) in die Erinnerung riefen. Ganz from und freundlich-naiv schauen sie, nach wahrer Art der Knaben, nach — der Muschel, in der erhobnen Hand des Johannes, und wahrlich nicht nach — der Taube! — Ich stand eines Morgens vor diesem treflichen Gebilde; ein mir unbekannter Mann neben mir. „Wie wunderbar schöne Knaben!” sagte ich, voll lebhafter Bewunderung. „Ja, wie sie so recht andächtig nach der Taube sehen,” fügte jener hinzu, als ich des nach Oben gerichteten Blicks erwähnte. Mein Gott! es lief mir kalt überm Rücken, und wäre ich nicht gerade durch die Beschauung so from gestimmt worden, ich glaube ich hätte diesen argen Prosaisten und Wechsler aus den Tempel getrieben; hier, wo in jedem Gebilde, dem Empfänglichen, ein heiliger Geist sich ankündet, ohne der versinnlichenden Taube zu bedürfen. O, – der Aermsten! Und sie glauben und vermessen sich zu deuten das Heiligste und Schönste, sie, die sich so nie des sinnlich und sinnlichsten Stofs und Bildes entäußern können? sie — so gänzlich ohne Ideal, werden sie auch nur von Ferne die höchste Idee begreifen können?
Doch, ich kehre zu meinem göttlichen Bilde zurück. — Etwas weiter hinterwärts, links, schweben zwo größere Engels-Figuren daher. Sie haben den Character und das Gebilde weiblicher Figuren, ganz jugendliche Mädchen-Gestalten. Freundlich verschlungen, Arm in Arm, ist es ohnmöglich, das leise Daherschweben zu verkennen. Obgleich nicht sehr hoch mit der Brust und dem Oberteil des Körpers über die beiden stehenden Knaben erhöht, halte ich es dennoch für ohnmöglich, daß irgend einem Beschauer, auch nur leise der Gedanke werden könnte: „sie werden die Knaben erdrücken, sich nicht schwebend erhalte können ; “ – ein Verstoß, der dem Auge nicht selten, bei nahen Gruppirungen begegnet. Frey, wie sie schweben, scheinen sie auch, gleich dem, in den höchsten Regionen ruhenden Adler nach kühnem Fluge, sanft und schwebend, von den Lüften getragen, blos in Anschauung der vorgehenden Haupthandlung versunken. Wie schön spricht sich hier der tiefe und richtige Sinn des großen Künstlers aus! Das reifere Alter, das weichere, sinnigere Gefühl bezeichnet sprechend an diesen Himmelstöchtern der wonneerfüllte, herabgesenkte Blick auf die Hauptfigur, auf – Christus, in seiner hohen, göttlichen Demuth; da wo der munterer Knabe, zwar von stiller Andacht, dennoch besonders nach dem kühn und kräftig erhobenen, lebendig handlenden Arm des Johanne‘s schaut.
So weit die Gruppe links, hinter Johannes, dessen Gewand, ein rauhes Fell, ihm leicht umschürzt ist, in der Art wie Salvator Rosa‘s, in der Wüste predigender Johannes. Im linken Arm, halb von dem Körper gedeckt, ruht ein leicht und schlank geformter Agnus-Dei-Stab. – Indem die Engel-Knaben ein großes schon vor sie hin geworfenes, faltiges Gewand — das, nur der Hauptperson angehören kann – halten, ist die Himmels-Gruppe aufs schönste und sinnigste mit den beiden Hauptfiguren in Verbindung gebracht.
Wenden wir nun unsern Blick rechts, so stellt sich unserm Auge die herrliche Gruppe hinter Christus dar, aus 5 Figuren bestehend, das Bild des Menschen-Geschlechts, und zugleich auch die Versinnlichung des Bedürfnisses, des Dranges, zur Theilnahme an der heil’gen Handlung, darstellend. Und zwar den allgemeinen Drang, denn die ganze Lebens-Bahn des Menschen, in allen ihren Stufen, zaubert uns hier der tiefsinnige Künstler in den verschiedenen, dargestellten Momenten, vom Neugebornen bis zum greifen Alter, vors Auge. Aber, mannigfach, wie reich! – wie wahr der Character, die Eigenthümlichkeit jedes Alters, jedes Geschlechts!
Ganz im Hintergrunde, bedächtiger, langsamer, also auch zuletzt herannahend, (nicht wie sonst, anführend, leitend, als der Erfahrenste, Weiseste, bei dem gewöhnlichem Gange menschlicher Geschäfte,) sehen wir hier im ehrwürdigen Greise, dennoch das Haupt, dieses in sich geschlossenen, und doch so mannigfachen Familienkreises. Ruhe, Bedacht, mischen sich auf seinem Anlitz mit halben Zweifel, wie es sich dem älteren Glauben, der den Greis auf der längeren Lebensbahn begleitete, geziehmt; aber dennoch zieht ihn ein Etwas zugleich mit den jüngeren, rascheren Gliedern der Familie hin — zur heiligen Stäte. Es ist die große, die unendliche, allen Zweifel, allen Zwiespalt besänftigende Liebe! —
Vor ihm steht die Tochter, mit dem jüngstgebornen Kinde auf dem rechten Arm. Zwei Gefühle haben sich so ganz dieses liebevollen Weibes bemächtigt, daß selbst das natürlichste, das der Mutter für einen Augenblick zu schweigen scheint. Ganz versunken in frommer Anschauung Christi, und wie er so demuthsvoll die heil’ge Taufe empfängt, läßt sie das unschuldigste Knablein gewehren, das, auch schon hinstrebend, wohin die Aufmerksamkeit aller der Aelteren gerichtet ist —sich ihrem Arme entwindet, um sich an dem Halse des, einen Schritt schon vorgetretenen Vaters, anzuklammern. Freudig, muthig, gerührt, wendet dieser den Blick auf einen Augenblick von der Taufhandlung ab, um dieß Kind entgegen zu nehmen; und dieß naturgerechte, unschuldig-freye Streben des Schuldlosesten, verscheucht auch den letzten Zweifel des verständigen, Alles überlegenden Vaters. Dieß scheint, wenigstens mir, ein kleiner wehmüthiger, aber doch freudiger Zug am Munde des Vaters ganz richtig ausdrucken zu sollen.
Jenes andachtsvolle Hinblicken auf Christus, sagte ich, kündete das eine Gefühl dieses liebevollen Weibes an. Sitte ist das nächste; und spricht sich aus, indem die Linke sanft auf der Schulter des älteren Sohnes ruhend, das brausende, kräftige Anstreben der muthigen und sich schon selbst bestimmenwollenden Knaben-Natur zu beruhigen und unter dem Zügel der Sitte zu legen sucht. Dieser Knabe, fast reif in das Jünglingsalter hinüber zu treten, hört, meinem Gefühle nach, mit zu den schönsten und bedeutsamsten Figuren dieser Gruppe und giebt, vor Allen, derselben den Ausdruck und Character des Hinstrebens zum neuen und heiligenden Brauche. Mit voller jugendlicher Kraft schreitet er gar schön und lebendig zwischen Vater und Mutter hervor. Die Rechte neigt sich, vorgestreckt und deutend, hin gegen den Bach, wo Christus steht; fast unmuthig ob des Verzugs streift die Linke schon das Gewand von der rechten Schulter; aber dennoch wendet der rasche Knabe den Blick fragend gegen die Mutter, — gewohnt den kühnen Sinn ihrem liebevollen Willen zu unterordnen. –
Ich fühle es ganz, wie wenig diese kurze Scizze, Ihnen einen deutlichen Überblick dieses herrlichen Meisterwerks geben kann. Doch wage ich es, ohnerachtet der Unvollkommenheit, sie Ihnen mitzutheilen; da sie ja nichts anders seyn sollte und ist, als eine Darlegung meiner Gefühle bey Anschauung dieses Kunstwerks.
Es ist dieß Bas-relief, bey weitem nicht so partiel ausgeführt, wie andre ähnliche Werke; und hätte für den hohen Standpunct wohin es komt, nicht einmal nöthig gehabt so en detail ausgeführt zu werden. Wenn das Modell fertig ist, wird es hier in Gips abgeformt; und wir tonnen es gewiß den, dem Kirchenbau Vorgesetzten, nicht genug Dank wissen, daß sie diese Kirche — deren Wiederaufbau so viel kostete und wozu fast ein jeder Unterchan sein Schärflein beitrug – so bald als möglich mit diesen intermistischen Zierden auszuschmücken, bedacht waren; — bis dieser Schmuck in Marmor, einer Landes-Cathedrale dann doppelt würdig – ausgeführt seyn wird.
Ich nannte eben: „den hohen Standpunct.” Dieß veranlaßt mich Sie zu ersuchen, die Zeichnungen zur Hand zu nehmen, welche, von Herrn Hetsch gezeignet, dem Bericht der Commission für den Wiederaufbau der Frauenkirche (Kopenhagen 1818) beigefügt sind. Denn schließlich muff ich Ihnen doch noch nennen, was wir zur Verschönerung dieser Kirche, theils von Thorvaldsen selbst, theils von, unter seiner Anleitung arbeitenden Künstlern, zu erwarten haben.
Das Kupfer No. 2. zeigt uns den Haupt-Eingang der Kirche. Für diesen sind 3 verschiedene Arbeiten aus Thorvaldsens Attelier bestimmt:
1) Die vier Evangelisten, Lebensgröße, an der Eingangsthür.
2) Ueber dem eigentlichsten Eingang ein Basrelief: Christus, der das Kreuz trägt, darstellend; 23 Ellen 20 Zoll lang; 2 Ellen hoch.
3) Im Fronton: Johannes dem Volk in der Wüste predigend; 28 Ellen lang; größte Hohe 4 Ellen 3 Zoll.
Das Kupfer No. 3 zeigt das Innere der Kirche. Rechts und links vom Altar, werden Sie zwey Eingangs-Thüren bemerken. Sie führen zur Sacristei und zur Taufkapelle. Da das oben beschriebene Bas-relief über dem Eingange angebracht werden soll, so bezog sich darauf mein Ausdruck: „hoher Standpunct.” Diesem Bas-relief gegen über kommt ein zweites, das heilige Abendmahl darstellend. Dieß sind die Bas relief-Arbeiten für die innere Kirche. An Bildhauer-Arbeiten kommen in die Nischen (1stes Kupferblatt, A, i,) die 12 Apostel. Um nun das Ganze harmonisch abzuschließen, schlug unser hoch verehrter Phidias-Thorvaldsen, der Commission vor, statt mit einem Gemälde den Altar zu schmücken, ihm den Auftrag zu ertheilen: für den Altar einen Christus zu fertigen.
Christus, sich nach der Auferstehung seinen Jüngern zeigend, spricht:
Friede sey mit Euch! – Gleich wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich Euch!
Welch’ kühne Aufgabe, welch’ hoher Gedanke! Nur der, dessen Geist ihn gezeugt, vermag, durch die allmächtige Liebe und mittelst höchster Kunst, versinnlichend ihn darstellend, denselben auszuführen; und so sich den Namen des christlichen Phidias den Mit- und Nachwelt zu sichern.
Warnstedt
1820
Dette brev er en trykt udgave og er Warnstedts første brev. Der er to i alt, og det andet er også at finde i arkivet.
Kristi dåb, januar 1820, inv.nr. A557 |
Sidst opdateret 06.11.2013