Frankfurth, d: 3te September 17
Sie haben gewiß schon längst einen Brief von uns erwartet, lieber Herr Profeßor, und so sehr wir auch über unser langes Schweigen einer Entschuldigung bedürfen, so können wir doch keine andere finden, als die wenige Ruhe, die einem das fortwährende Reisen läßt. Einige Nachricht und viele Empfehlungen haben Sie hoffentlich durch die Gebrüder Riepenhausen von uns erhalten, denen wir im Juny von Paris aus geschrieben haben. Wir haben zwar noch keine Antwort von denselben bekommen, zweifeln aber deswegen noch nicht an der richtigen Ankunft unseres Briefes. Aus demselben haben Sie auch wohl unsere frühere Reisegeschichte bis Paris etwas kennen lernen. Diese große Stadt, die an ältern Kunstwerken noch sehr viele Schätze, an ganz neuen, besonders in der Sculptur, aber nur sehr wenige besitzt, haben wir Mitte Julys wieder verlassen, und sind über Brüssel nach Aachen gegangen, wo wir einen 14 tägigen Badaufenthalt gemacht haben. Von da sind wir nach Cölln, und so die schönen Rheinufer hinauf gereist, und sind endlich, nach einem abermaligen kurzen Aufenthalte in den Bädern Wiesbaden und Schwalbach, hier in Frankfurth angekommen.
Von Rom haben wir auf diesen unseren Streifzugen so gut, wie keine Nachricht bekommen, und sehnen uns recht danach, bald einmal dorther etwas zu erfahren. Wir stellen uns die Abgüsse, die unter Ihrer gütigen Aufsicht für uns verfertigt werden, jetzt schon fast alle vollendet war, und zweifeln nicht, daß sie recht schön geworden sind. So sehr wir uns auf die Abgüsse der antiken Meisterwerke freuen, so interessirt es uns doch beynahe noch mehr, die von den Ihrigen zu bekommen, die jenen nichts nachgeben, und den Vorzug haben, daß der Meister unser Landsmann und Freund ist. Wir erlauben es uns daher, Sie an Ihre, gütigst uns gegebene Zusage, uns auch von einigen Ihrer Werke Abgüsse zukommen zu lassen, zu erinnern, und Ihnen von neuem bemerklich zu machen, welche große Freude Sie dadurch uns und so manchen Kunstfreunde in Ihrem Vaterlande gewähren, dem es nicht vergönnt war, Ihre Werke bey Ihnen in Rom zu betrachten.
Vielleicht ist ein Theil der uns bestimmten Abgüsse, etwa der Apoll oder die Flora, vielleicht sind schon alle nicht mehr in Rom, sondern unterweges nach unserm Vaterlande. Was fertig geworden ist, haben Sie wohl die Güte gehabt, oder wollen sie haben, nur unserer Abrede gemäß an die Herren Foderhorst & Willerding in Livorno abzusenden. Eine Zeitlang haben uns die Berbaresken unserer Sachen wegen in Angst gesetzt, allein wir haben jetzt Nachricht, daß die größte Vorsicht bey der Absendung wird beabachtet werden. Für Ihre Güte und Gefälligkeit, die Aufsicht über das Abgießen selbst und das Emballiren dieser Sachen zu haben, was Ihnen nicht wenig Mühe machen muß, bleiben wir Ihnen mit dem warmsten Danke verpflichtet.
Sie haben in diesem Sommer gewiß wieder recht viel gearbeitet, und die schöne Venus ist gewiß nun schon ganz vollendet. Könnten wir uns doch ab und zu einmal nach Rom versetzen, und alles das Schöne wieder betrachten, zu dem man erst doppelte Sehnsucht fühlt, wenn man es nicht mehr so haben kann.
Wie steht es mit unsern Gemählden in Rom ? Die Riepenhausen sind wohl schon fertig ? Wie weit sind die Herren Reinhardt und Verstappen vorgerückt ? An Herrn Koch schreiben wir mit heutiger Post; wir hoffen, er so wenig, als Herr Rhoden haben sich durch unser freylich zu langes Schweigen vom Arbeiten an unsern Bildern abhalten lassen. Wir ersuchen Sie, letzterem gefälligst die Einlage zukommen lassen zu wollen.
Sie wollen die Güte haben, alle diese Herren in unserm Namen etwas anzutreiben, damit sie uns nicht gar zu lange warten lassen, und wir erneuern unsere Bitte darum, indem wir zugleich die Hinzufügen, ihnen allen viele Empfehlungen von uns zu machen. Die Gemählde, welche fertig seyn sollten, dürfen wir Sie auch wohl bitten, von den verschiedenen Herren in Empfang nehmen, und für uns, da Sie doch einmal unsertwegen mit einem Spediteur in Unterhandlung treten, an die Herren Foderhorst & Willerding in Livorno senden zu wollen.
Allen, die sich unserer freundschaftlich erinnern, sagen Sie unsern Empfehlungen, besonders auch im Reinholdschen Hause. Auch Herrn Lund bitten wir Sie, vielmals von uns zu grüßen.
d: 5ten September.
Wir haben Gestern einen Brief von den Riepenhausen erhalten, der eine Antwort auf den unsrigen ist, und uns einiges über unsere dortigen Bilder mittheilt, was uns viele Freude macht. Mit Vergnügen haben wir daraus gesehen, daß die Herren Koch und Rhoden so weit vorgerückt sind, und daß diese wohl mit den Herren Riepenhausen zugleich ihre Bilder werden vollendet haben. Ueber den Herren Reinhardt u Verstappen Bilder schreiben sie nichts, von letzteren leider nur, daß er so sehr krank gewesen sey. Die Absicht zu heirathen, setzt jedoch eine gründliche Wiederherstellung voraus. Auch über unsere Abgüsse schreiben die Riepenhausen nichts; und wir behalten daher gleiches Interesse, Sie um etwas ausführliche Mittheilung daüber zu bitten, wenn Sie uns mit einen Antwort auf diesen Brief erfreuen.
In wenigen Tagen werden wir von hier ab, und gerade nach Hause reisen. Nach einer Abwesenheit von zwey Jahren sehnen wir uns recht, unser Vaterland wieder zu sehen. Mögte eine gleiche Sehnsucht sich recht stark bey Ihnen einfinden, so hätten wir vielleicht im künftigen Sommer das Vergnügen, Sie bey uns zu sehen. Wo wir zu finden sind, und welche Freude Sie uns dadurch machen würden, wissen Sie. Für Briefe bleibt uns indessen mehr Hoffnung, als für Ihr persönliches Erscheinen, und [S]ie treffen uns immer unter der Addresse der Herren Johannes Schuback und Sohn in Hamburg.
Nun, lieber Herr Profeßor, leben Sie wohl. Den Riepenhausen sagen Sie unsern freundschaftlichen Dank für ihren Brief, der uns recht große Freude gemacht hat. Auch den Baron Stackelberg und die Herren Schadows bitten wir, vielmals von uns zu grüßen.
In der Hoffnung einer baldigen gefälligen Antwort sind wir
mit der größten Hochachtung
Ihre ergebenen
v. Cronstern.