München am 2 August 1837.
Verehrthester Freund!
Sie werden hier in München sehnlich erwartet, doch hat man ietzt für dieses Jahr das Vergnügen aufgegeben Sie hier zu sehen. Ich sage Sie haben Recht nicht von Rom weg zu gehen, oft, ja sehr oft gedenke ich Ihrer, wenn Sie mir sagten der Künstler muß in Rom leben, und wenn er nur troken Brodt zu essen hat. Das Klima ist hier in München entsetzlich, es kommt mir hier vor als stürmte die Natur hier besonders auf die Menschen ein um ihn zu vernichten. Ich leide entsetzlich an Kopf und Zahnweh; wir haben seit 3 Wochen hier wieder so entsetzlich naßes kaltes Wetter, wie etwa in Rom zu Anfange des Winters.
Ihre beiden Statuen haben hier allgemeinen Beifall gefunden, in der Königl Gießerei wo dieselben aufgestellt waren, ist man in Schaarre hinaus gezogen, wie zu einen Wallfarthsort. Hr Stieglmeyer hat die Statuen sehr gut ausgepackt und zusammengesetzt; ich bin hinaus gegangen bei der Ersten wie Sie mich beauftragt hatten und habe genau nachgesehen. Hr Stiegelmeyer ist ietzt sehr gut im Zuge mit der großen Gießerei, es fehlt ihm hier nicht an Gelegenheit sich zu üben, der Kopf und der Oberkörper des Maximilian sind schon gegossen, und zwar ganz vortrefflich; das Gesicht wird zu meiner großen Freude nicht ziselirt, es ist sehr rein gegossen. Schwanthaler ist mit Arbeiten überhäuft. Die Composition des Fronton für Walhalla die Hermannschlacht, gefällt mir recht wohl, so wie auch die Skitze zu der 60 Fuß hohen Bavaria. Die Allerheiligen Kapelle ist im innere ein sehr schönes imposantes Werk neuerer Zeit. Die Malereien auf Goldgrund von Heinrich Hess nehmen sich sehr brillant aus. Der König ist ganz entzückt davon. Cornelius schreitet sehr voran mit seinem jüngsten Gericht, der Malerei wird weit besser als den in der Glypthothek, er befindet sich recht wohl mit seiner jungen Frau, es geht ihm so gut wie es nur immer möglich ist. Er war sehr erfreut daß Sie ihm die Ehre erzeugt und seiner Frau die Hand zu Wagen reichten; es hat ihm wahrhaft gerührt.
In der Zeitung habe ich gelesen daß man in Rom wegen der Colera sehr im Aengsten ist; da ich nuhn die Colerazeit in München mitgemacht habe, so halte ich es für Pflicht Ihnen von meinen Erfahrungen mitzutheilen. Ich habe mich sehr ruhig zu Haus gehalten und gearbeitet, besonders des Abends nicht ausgegangen, ich habe weder Colera Kranken noch Leichen gesehen, es ist besonders gut wenn man so viel als möglich den Umgang mit Andern meidet und sehr mäßig leben, sich nie ganz fett essen, lieber öfter des Tages etwas genießen, besonders nur leicht verdauliche Speisen. Jedermann fühlt ein gewisses Grimmen im Unterleibe, was immer stets warnt sehr vorsichtig zu seyn, und wenn man das geringste Abweichen verspürt gleich zum Arzt schicken, das ist eine Hauptsache damit vorgebeugt wird daß die Krankheit nicht zum Ausbruch kommt. Ich habe hier recht kluge Leute gekännt, welche aber diese oben erwähnten Vorsichtsmaßregeln nicht beachteten und sie sind als schnelle Opfer dieser Seuche gefallen. Brechmittel, Aderlaß, und Reiben des Körpers, sind die praktischen Heilmittel dagegen. Der Arzt bei der K.K. Oest[er]reichschen Gesandschafft in Rom, scheint mir eine gute Art der Heilmethode zu haben. Zum Winter gedenke ich wieder nach Rom zu kommen, in 14 Tagen reise ich von hier nach Dessau ab. Mehrere Arbeiten haben mich hier wieder Willen aufgehalten. Wagner sehnt sich recht nach Rom zurück, er ist schon längst von hier nach Würzburg abgereißt. Er sagte mir auch Sie hätten vollkommen recht daß Sie nicht von Rom fort gingen, wozu ich dann ganz miteinstimmte.
Bitte grüßen Sie mir Ihre liebe Frau Tochter Casa Buti, die cara Helena und Hr Kolb.
Mit wahrer Verehrung
Ihr
F Woltreck.