Verehrungswürdigster Herr von Thorwaldsen!
Möge Gott Ihr Herz rühren daß Sie gütigst auf die Bitte einer Frau herabseh’n welche ohne Ihre Hilfe allem Jammer preisgegeben ist.
Unsere Lage mein guter Herr von Thorwaldsen ist gewiß höchst bedaurenswerth. In 14. Tagen sollen wir eine jährliche Hausmiethe mit fl. 120. bezahlen sonst fallen wir der Obrigkeit in die Hände, und unsere Betten, und alles was wir haben wird öffentlichem Verkauf ausgesezt. Mein Gatte wird diese Schande nicht überleben, halb wahnsinnig geht er herum, kann es nicht faßen, daß ein Mann wie er, der so viel leisten könnte, und leisten würde ohne einen theilnehmenden hilfeleistenden Menschen, unbeachtet dastehen muß, während andern alle mögliche Unterstüzung genießen und nichts geistiges hervorbringen.
Das zweite radierte Blatt – Kains Vermählung – ist vollendet, und mitten unter den drükensten Nahrungssorgen den[n]och so vollendet, daß es ganz gewiß Ihren, und jedes Kunstkenners Beifall erhalten wird, 2 Ex davon werde ich Ihrem Herrn Banquier dem Baron von Eichthal überbringen mit der Bitte solche bald Ihnen zuzusenden.
Subscribenten haben wir bereits 30. dieses würde uns dann einstweilen vor den täglichen Nahrungssorgen schüzen. Aber nun ist wieder der Jammer da daß wir den Druk nicht beförderen können weil es uns auch zu diesem Zwek an Gelt fehlt.
Sie sind ein so guter theilnehmender Herr helfen Sie einem fleißigen ehrlichen Künstler und Famillienvatter durch ein Darlehen von fl. 150. wieder auf, damit er die drükende Schuld bezahlen, und noch etwas zur weiteren Beföderung seines Geschäftes anwenden kan, dann ist sein Geist freier und alles wird beßer werden. Nach Verlauf eines halben Jahres könnten wir mit Gotteshilfe den Anfang machen, in monatlichen Abzahlungen das uns gütigst geliefene Gelt dankbarst abzutragen.
Mein Glaube an Ihre Hilfe steht felsenfest. Können Sie mein hoch verehrtester Herr von Thorvaldsen bei dem König oder sonst bey jemand etwas gutes für meinen Gatten auswürken, ach und das könen Sie gewiß wie könte der König Ihnen etwas ausschlagen, und besonders da es ja einen Seiner Unterthanen betrift, und noch dazu ein Künstler, daran Beschüzer zu sein Er in allen Seinen Gedichten so schön ausspricht, und dazu einen Fürsprecher wie Sie mein guter Herr von Thorwaldsen da kann es nicht fehlen. Als Zeichnungslehrer und in der Perspektivlehre da wäre mein Gatte auch herrlich zu gebrauchen. Ach! es muß ein beseeligendes Gefühl sein eine seit drithalb Jahren unschuldig in diese drükende Lage gekommene Famillie glüklich empor gehoben zu haben.
In Ihre Hände Verehrungswürdigster Mann! lege ich unser Schiksal. Ihre Seelengüte die in jedem Züge Ihres Angesichts sich deutlich auspricht ist mir Bürge naher Hilfe.
Die Bitte um recht baldige Antwort werden Sie einer tief bekümmerten Gattin und Mutter nicht übelnehmen.
Mit innigster Hochachtung | |
Verehrungswürdigster Herr! | Ihre ergebenste |
Nette Wenng | |
München d. 7. Aprill 1830. | Rumforderstraße No. 481 /a |