Hrn Sulpiz Boisseree
Wohlgeb. zu Stuttgart
Ich schäme mich in der That, Ihren lieben Brief vom 22 Januar so lange unbeantwortet gelassen zu haben. Die gütige Andenken Ew: Wohlgeborn, Ihres Hrn. Bruders, des vortrefflichen Danneckers und der übrigen ausgezeichneten Männer, mit denen ich in Stuttgart so schöne Stunden verlebte, hat mir ungemein viele Freude gemacht – so auch die vier ersten Lieferungen des lithographischen Werks über Ihre in ihrer Art einzigen Gemäldesammlung und das Exemplar des Bildnisses S.[einer] M.[ajestät] des Königs von Württemberg. Wir sind hier, so viele diese Lieferungen bei mir gesehen haben, in Erstaunen über den hohen Grad der Vollkommenheit, welche die höchst wichtige Steindruckkunst schon bei Ihnen gewonnen hat. Auch hätte sich diese deutsche Kunsterfindung nie ein schöneres Ziel setzen können als gegenwärtiges: Ihre unvergleichliche Gemäldesammlung der Welt recht bekannt zu machen. Ich sehe mich gar nicht satt an diesen schönen Sachen, und wünsche recht von Herzen dieser wichtigen Unternehmung, sowie Ihrem interessanten Werk über den Cöllner Dom und die alte Kirchenbaukunst den allerbesten Fortgang.
Sie haben mich durch dieses angenehme Zeugniß Ihres gütigen Andenkens, sowie auch durch die höchst zuvorkommende Aufnahme, die ich bei Ihnen früher gefunden, außerordentlich verbunden, und ich wünsche nichts herzlicher, als irgend eine Gelegenheit zu finden um Ihnen meine Dankbarkeit und Ergebenheit erzeigen zu können. – Haben Sie nun auch die Güte mich wissen zu lassen an wen ich den Pränumerationspreis dieser und aller folgenden Lieferungen bezahlen kann; ich werde dann solches sogleich berichtigen.
Da Sie sich auch für meine Kunstthätigkeit interessiren, so nehme ich mir die Freiheit Ihnen zu melden, daß ich die Modelle der colossalen Christusfigur, sowie zwei von den zwölf Aposteln (des Petrus und des Paulus) für den Dom von Copenhagen vollendet habe; desgleichen die Portaitstatue des Grafen Pototsky, und daß ich jetzt besonders mit drei ziemlich bedeutenden Arbeiten beschäftigt bin: mit den Frontonfiguren der Facade des Doms von Copenhagen, und mit zwei colossalen Modellen der Statua equestris des Prinzen Joseph Poniatowsky und einer Statua sedens von Copernicus. Diese beiden letzten kommen nach Warschau. Die Statue des Grafen Pototsky aber nach Cracau.
Was das Denkmal für den edlen, großen Göthe betrifft, da sehne auch ich mich sehr ein Näheres darüber zu erfahren.
Hr. Begasse konnte mir nicht beßer empfohlen werden und es wird mir unendlich lieb seyn, wenn ich ihm auf irgend einer Weise nützlich seyn konnte.
Mit den allerbesten Grüßen für Ihren Hrn Bruder, für den lieben Dannecker und die übrigen ausgezeichneten Männer die mir so viel Wohlwollen zu erzeigen beeifert waren, und dem ferneren Andenken Ew. Wohlgeboren mich empfehlend verharre ich mit ausgezeichneter Werthschätzung, Hr Boisserée
Ew. Wohlgeboren
Rom d 30 Maj 1822.
Ganz gehorsamst ergebener
Freund und Diener
A. Thorwaldsen
P.S. Beigelegt ein Brief für Sie von dem Hrn Capelmeister Lauska.