Eine Zeichnung von Bertel Thorvaldsen
- Galina Kisslych, arkivet.thorvaldsensmuseum.dk, 2001
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Galina Kisslych: ‘Eine Zeichnung von Bertel Thorvaldsen in der Sammlung des Staatlichen Puschkin Museums für bildende Künste Moskau’, in: Meddelelser fra Thorvaldsens Museum (Communications from the Thorvaldsens Museum) p. 2001, p. 202-203.
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Under den Zeichnungen, die 1968 die Sammlung des Staatlichen Puschkin Museums für bildende Künste Moskau als Gabe eines Moskauer Sammlers, des Doktors der Kunstwissenschaften Professor A. Sidorow, bereicherten, war auch die von Bertel Thorvaldsen unterzeichnete Arbeit Madonna. Die Komposition mit der sitzenden Jungfrau Maria mit dem Kind erscheint als eine durchaus vollendete Zeichnung. Sie ist mit schwarzer und weisser Kreide auf gelblichem Papier (323 X 260 mm) ausgeführt, ist aufgezogen und weist rechts auf der Unterlage eine mit Tinte ausgeführte Unterschrift und links die Zahl 150 auf, mit derselben Tinte geschrieben. Die Unterschrift, die offensichtlich später dazugefügt wurde, wie auch die stilistischen Besonderheiten der Zeichnung, lassen keinen Zweifel an der Echtheit der Komposition aufkommen.
Im Jahre 1969 war das Blatt auf einer Ausstellung von Zeichnungen aus der Sammlung von Sidorow gezeigt und im Ausstellungskatalog aufgeführt worden. Seitdem hatte sich niemand mit ihm befasst. Wie die Zeichnung nach Russland gelangte, ist ungeklärt. Aus der von Professor Sidorows Hand ausgeführten Bemerkung auf der Rückseite des Blattes wissen wir, dass es 1948 aus der Moskauer Sammlung Irezkis in seine Sammlung gelangte. Im Laufe der Vorbereitung der Ausstellung Das Land der lebensspendenden Kühle. Skandinavische Kunst aus russischen Sammlungen, Puschkin Museum für Bildende Kunst in Moskau, ergab sich die Möglichkeit, diese Zeichnung zu datieren und sie in die Gesamtheit der graphischen und bildhauerischen Arbeiten Thorvaldsens einzubinden.
Die Moskauer Zeichnung entstand auf der Grundlage einer Zeichnung im Thorvaldsens Museum (Inv.Nr. C522; 1802-03, schwarze Kreide auf Papier, 415 X 234 mm). Diese von sicherer Hand, aber flüchtig ausgeführte Skizze wurde zur selbständigen, mit zwei Stiften angefertigten Zeichnung.
Wie viele seiner römischen Künstlerkollegen wendet sich Thorvaldsen Anfang der 1800er Jahre dem Schaffen Raffaels zu, und eine Serie von freien Kopien zu den Raffaelschen Madonnen entstehen. Mit dieser Serie sind einige andere Zeichnungen sowie einige der frühen plastischen Arbeiten Thorvaldsens verknüpft.
1804 erhält er durch Baron Schubart den Auftrag aus Dänemark von der Gräfin Charlotte von Schimmelmann zur Ausführung eines Taufbeckens für die Kirche in Brahetrolleborg auf der Insel Fünen. Zudem schlägt Thorvaldsen einen Marmorunterbau mit vier Reliefs für das Taufbecken vor. Im Jahre 1805 vollendet Thorvaldsen das erste Relief – Die Taufe Christi, 1806 das zweite – Maria mit Jesus und Johannes, wobei er sich von seinen Madonnen-Zeichnungen inspirieren lässt.
Das Jahr 1806 war ein besonderes im Leben und Schaffen Thorvaldsens. In diesem Jahr wurde ihm von Anna Maria Magnani der Sohn Carlo Alberto geboren. Es lässt sich vermuten, dass die Moskauer Zeichnung nicht nur von den Rafaellschen Madonnen, sondern auch von der Geburt des Sohnes inspiriert wurde.
Last updated 11.05.2017