Drei etruskische Skarabäen
- Wolfram Martini, arkivet.thorvaldsensmuseum.dk, 1965
This is a re-publication of an article in the journal Meddelelser fra Thorvaldsens Museum (Communications from the Thorvaldsens Museum) 1965, p. 103-105.
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Fig. 1a: Silen med en amfora. Etruskisk skarabæ, I3.
In der antiken Gemmensammlung des Thorvaldsen Museums in Kopenhagen befinden sich drei etruskische Skarabäen, die einen Silen, über ein Gefäss gebeugt, zum Thema haben. Die Skarabäen sind aus Karneol und haben Goldbügel, wohl aus der Zeit Thorvaldsens. Die älteste der drei Gennem (Abb. I a-b und Schlussvignette) ist in einer Technik gearbeitet, die als Vorstufe zur Rundperltechnik (»a globolo«) aufzufassen ist. Das Skizzenhafte der Rundperltechnik kommt jedoch noch nicht sehr zum Ausdruck; die Muskeln und besonders das Gesicht sind recht fein herausgearbeitet. Die deutlich erkennbare Stülpnase und der Pferdeschwanz erweisen den Dargestellten als einen Silen, der, nach links gewandt, eine Spitzamphora an einem Henkel mit beiden Händen halt. Durch die gebückte Haltung, den etwas steif herabhängenden Schwanz und das unsichere Schreitmotiv ist der Silen dem Oval des Strichrandes, das er mit den Füssen leicht berührt, eingepasst. Um den Käfer läuft ein Strichrand. Die plastische Durchbildung des Körpers des Silens spricht für eine Datierung in das V. Jahrhundert v. Chr.
Eine jüngere Zeitstufe zeigt ein Skarabäus (Abb. 2 a-b), der in der Rundperltechnik ausgeführt ist, und damit eine Datierung an das Ende des V. bzw. in das IV. Jahrhundert erlaubt.
Fig. 2a: Silen med en krater. Etruskisk skarabæ, I4.
Auf dieser Gemme ist der Silen nach rechts gewandt und nähert sich mit der rechten Hand einem Volutenkrater; der linke Arm ist zuruckgenommen und bildet zusammen mit dem Schwanz, dem Laufmotiv, dem Volutenkrater und dem Kopf des Silens ein Oval, das in seiner Übereinstimmung mit dem Oval des Skarabäus die gelungene Komposition zeigt. Der das Bild umlaufende Strichrand ist an einigen Stellen von der Darstellung überschnitten.
Dieselbe Zeitstufe und Art der Technik zeigt der dritte zu betrachtende Skarabäus (Abb. 3 a-b). Ein nackter Mann, leicht gebückt, nach rechts gewandt, halt mit seiner Linken eine Spitzamphora unter den aus einem Löwenkopf fliessenden Wasserstrahl. Die Gestalt ist zum Teil von einer Tür verdeckt, die, wie die Beschädigung des Karneols und der andersartige Strichrand an dieser Stelle zeigen, nachträglich gearbeitet ist. Ebenso passt diese Tür nicht zu einem Brunnenhaus.
Fig. 3a: Mand med en amfora ved en fontæne. Etruskisk skarabæ, I34.
Die ursprüngliche Darstellung auf diesem Skarabäus entspricht im Motiv also weitgehend der der anderen beiden Skarabäen. In der nackten männlichen Gestalt ist wohl auch ein Silen zu erkennen; die Stülpnase scheint auch hier den Silen zu kennzeichnen. Indem wir diesen Skarabäus den beiden anderen im Motiv anschliessen, erhalten wir durch das Brunnenmotiv einen Hinweis auf das Thema auch der beiden anderen Skarabäen: Silen am Wasser; dabei ward das Wasser auf den beiden erstgenannten Gemmen durch die Amphora, bzw. den Volutenkrater angedeutet.
Im griechischen Raum scheinen Darstellungen dieses Themas mit Sicherheit bisher nicht fassbar; mit grosser Häufigkeit jedoch treten sie im italisch-etruskischen Raum auf. Diese Darstellungen bestätigen, dass die Gefässe zusammen mit den Silenen auf unseren Skarabäen das Wasser versinnbildlichen. Das Wasser, und zugleich die Quelle, aus der das Wasser fliesst, steht hier sinnbildlich fur Vegetation und Fruchtbarkeit. Die Verbindung von Amphora, bzw. Krater mit dem Silen führt dazu, dass der Symbolgehalt der Gefässe auf den Silen übertragen wird, und er so als Vegetations- und Fruchtbarkeitsdämon gekennzeichnet wird.
Als für den Wein charakteristische Behälter (die Amphora als Vorratsgefäss, der Krater als Mischgefäss) geben diese Gefässe zusammen mit dem Silen wohl auch die Beziehung zum dionysisch-orgiastischen Bereich.
Vielleicht lässt sich auch eine chthonische und sepulkrale Bedeutung mit Amphora und Krater auf Grund ihrer Verwendung als Bestattungsgefässe assoziieren; sicher wohl jedoch im Zusammenhang mit dem Wasser und dem dionysischen Bereich.
Wir können also eine Vielfalt von Vorstellungen feststellen, die sich mit dem Silen am Wasser verbinden lassen: die Vorstellung von der lebensspendenden Kraft des Wassers, Fruchtbarkeit und Vegetation bedeutend; die Vorstellung des dionysischen Bereiches, gewissermassen als Erlösung von der menschlich-irdischen Sphäre, schliesslich die mit der chthonischen Bedeutung verknüpfte Beziehung zur Unterwelt. So ist kaum anzunehmen, dass der Skarabäus für seinen Träger nur ein mehr oder weniger kostbares Schmuckstuck, verziert mit einem bedeutungslosen Genrebild, war, sondern, dass der Skarabäus für seinen Träger einen gewissen Vorstellungskreis, zum Beispiel in der Art, wie es oben bei dem Thema des Silens am Wasser gezeigt werden sollte, beinhaltete.
Last updated 11.05.2017