Gustav Gardthausen
Bertel Thorvaldsen
København
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THORWALDSEN. Ein Todtenkranz von Gustav Gardthausen. Kiel. Schwers’sche Buchhandlung. 1844. |
Manibus date lilia plenis!
Virg.
Hier diese Hand, noch bebend vom Gewitter,
Das stumm entladen Dir den Odem raubte,
An Grabesstufen legt sie mit Gezitter
Den armen Kranz, zu niedrig Deinem Haupte.
Ach, nur ein Schmuck wie Flitter
Dem Grabe, das ein Tempelbau umschattet.
Von einem Wolk bestattet,
Hat eine Welt die Schläfen Dir geschmückt,
Bekränzt das Haupt, im Sterben erst ermattet.
Nun ist vom Blitz, der donnerlos gezückt.
Dem Kranz, wie Ariost’s, die Weihe aufgedrückt.
Nicht träumt zu weihen hier das Ungeweihte,
Dem Herzen folgt es, das sein Opfer spendet.
Ich seh’ mich noch zu Rom an Deiner Seite,
Die Blicke rings, den Geist zurückgewendet.
Bei’m inner’n Sehnsuchtstreite
Warst Du das Eiland mir, das meerenttauchte,
Das Luft der Heimath hauchte.
Natur und Kunst, erst da genoß ich Rom!
Empfand mit Dir, wo Weihrauch Gottes rauchte,
Den Palestrina in St. Peter’s Dom,
Und im Sabinerthal der Wasserharfe Strom.
Wie anders, da wir noch in gold’ner Stunde
Auf Monte Pincio Deinen Tag begingen!
Es schwamm der Mond in seiner Glanzrotunde,
Und deckte Rom mit hehren Feierschwingen.
Der ew’gen Kuppel Runde
War sanft erhellt, das Colosseum ragte
Wo duft’ger Nebel tagte;
Fern schwand die Tiber, wo dem Abendroth
Sie jenseits wohl verjährtes Leiden klagte —
Du warst genesen: Feierklang entbot
Dein neues Leben da, wie jetzt — Dein neuer Tod!
Dich suchend trat er in die heitern Hallen,
Ob oft entwürdigt, doch geweiht dem Schönen.
Dort zeigen Dich, dem Silberlocken wallen,
Erfreute Mütter flüsternd ihren Söhnen.
Die Instrumente schallen.
Der Lampenkreis, ein Mond im Blumenzimmer,
Verbreitet Märchenschimmer.
Noch ruht der Vorhang; Du stehst hoffend da,
Und grüßest herzlich, einmal noch für immer.
Dann — stockt Dein Herz: es steigt der Vorhang – ja,
Zum Schauspiel, wie es noch kein irdisch Auge sah.
Wer reines Herzens, wag’ es vorzuahnen.
Ich höre nur die aufgestörten Glocken,
Ich seh‘ ein ganzes Volk mit Trauerfahnen
Im Zug daherziehn, fürderschreiten, stocken.
O Sproß von Königsahnen,
Man bringt Dich sammt der selbsterrung’nen Krone
Zum letzten, stillen Throne.
In Tempelhallen steht der König dort,
Und huldigt seines Landes größtem Sohne.
Die Trauer da, erhaben wie der Ort,
Sie spült mit Thränen nicht den Schmerz des Tages fort.
Ein Tag zu jenem, da nach langen Jahren
Zurück Du kamst zum irdschen Vaterlande.
Wie frische Seeluft kamst Du angefahren,
Das Volk stand jauchzend am geschmückten Strande.
Um Dich und all die Schaaren
Als Freudenkranz, zurückgestrahlt aus Wogen,
Ein voller Regenbogen.
Die Dichter nannten Bifrostbrücke ihn,
D’rauf Deinethalb die Götter hergezogen.
Und so verschwammen Streit und Harmonie’n,
Daß fast die Königsstadt Lyäus’ Tempel schien.
Zwei Tage: Dioskuren! — auferstanden
Mit Rosen Pollux, Castor mit Cypressen.
Wer weckt uns? Wir gehören Götterlanden,
Weit andrer Zeit, so golden als vergessen!
Sie kamen, sahen — schwanden.
Mit Blitzesschein die Stern’ ob ihren Häupten,
Ein Meteor, zerstäubten.
Ach, schwerer nur, nach flücht’gem Lebenskuß,
Deckt Zauberschlaf die wiederum Betäubten.
Doch giebt es Zauber, dem er weichen muß,
Schallt so in Wüstenei’n das Machtwort: Genius!
Heil jenem Reich! das einst, wie Sanger tönen,
War da ein Eden, ging wie das verloren.
Am Morgen blüht’ es aus bei Hellas’ Söhnen,
Nach gold’nem Tag begruben es die Horen.
O Welt des ewig Schönen,
Zum Spiel zu edel, zu bewußt zum Prunken,
Mit Griechenland versunken!
Es sah Dein Grab, von wildem Wuchs versteckt,
Pausanias so grau’n- und wonnetrunken,
Als hätt’ aus Grüften, die sein Fust entdeckt,
Hervor ein Götterbild den Wunderarm geftreckt.
Ach, stumpf an Sinnen, übertäubt vom Streiten,
War blind die Welt wenn Götterwinke baten.
Barbarenvolk zerstampfte Herrlichkeiten,
Was nicht Barbaren, Barberini’s thaten.
Da sollte, wie vor Zeiten,
Den Tempelsturz durch riesenhaftes Stemmen
Buonarotti hemmen.
Vier Seelen seine, ließ er Schönheitsdrang
Mit Rauschen sich hervor aus Felsen schwemmen:
Sein Moses er, dem welch’ ein Bild gelang,
Und ha! den Tyrannei zum Frescomalen zwang.
Doch tief im Grab verspüren Tagesfrische
Die Bilder schon, und regen ihre Glieder.
Der hehre Torso ruht am Göttertische,
Laokoon ersteht und leidet wieder.
Da prangt der Juno Nische.
Es preßt den Schild, um ewig Mitleid werbend,
Der Fechter, ewig sterbend.
Farnese hütet seinen Prachtcolost,
Und Medicis, der Güter schönstes erbend,
Dich Göttin, deren Liebreiz Augen schloß,
Doch Rom hält deinen Glanz, Apollon Helios.
Am Ende muß ein Regenbogen scheinen,
Der Island hoch mit Griechenland verbündet.
Du wardst, Du kamest, den wir heut beweinen,
Dein Zepter nahmst Du auf — nicht unverkündet.
Vor Angelo, dem Einen,
Ghiberti kam, es krönten ihren Meister
Toskana’s hohe Geister,
Johann Bologna, Benvenuto dann.
Seit Jenem stand der Thron ein lang‘ verwais’ter.
Nun sagten Mengs, Canova, Winkelmann
Den Fürst des Schönen, Dich, den meerentstiegnen, an.
Das goldne Vließ dein erster Griff in’s Leben,
Weckt Jason auch bei Dir die Homeriden.
Dein Hektor scheidet; Priamos mit Beben
Umschlingt das Knie dem göttlichen Peliden.
Die Nacht, der Tag, sie schweben.
In Schönheit steh’n, vom Amor angesungen,
Die Grazien, umschlungen.
Den hohen Aar hat Ganymed bethört.
Es lauscht Merkur, dem seine List gelungen.
Mars folgt dem Gotte, süßes Staunen hört
Adonis, der noch heut des Paris Urtheil stört.
Wer zählt die Sterne? Alexander’s Zonen,
Sein Zug erneut des Phidias Jahrhundert.
Athene, ruft man, will auf Pincio thronen!
Das Parthenon es wird zu Rom bewundert.
Den Träger dreier Kronen
Ihn bringt vom Vatican die Prachtcarosse
Nach Barberini’s Schlosse.
(Wohl sühnt den Namen Deine Werkstatt dort.)
Der Scharlach rauscht; die Garde hält zu Rosse.
Du stehst bescheiden, stehst mit schlichtem Wort.
Der heil’ge Vater staunt, bewundert, kann nicht fort.
Komm auch, o Deutschland! komm und laß von Eichen
Ihm Kranz bei Kranz — ach, auf die Bahre legen.
Mag bess’re Hand die deutschen Blätter reichen.
Und sprechen: Hier, den ersten Schiller’s wegen!
Copernikus dies Zeichen!
Dies Wittelsbach! Den hier vom Mainzer Riesen!
Vom Berner Löwen diesen!
Den letzten — Luther! Ja, mit letzter Hand
Vollendend hat er selbst auf ihn gewiesen:
Da, Welt, mein Testament und Todespfand,
Zum Zeugniß, daß ich dort, wo Alles fiel, bestand.
Ein Titan standst Du, höher noch zu ragen.
Titanen waren’s, die den Himmel stürmten.
Doch traf der Blitz für frevelhaftes Wagen
Die Pelion umsonst auf Ossa thürmten.
Du aber, ungeschlagen,
Den Tabor hast Du zum Olymp enthoben,
Und aufgepflanzt da droben.
O! Huld des Himmels Deiner Thaten Preis!
Wie Sanzio’s Verklärung, glanzumwoben,
Trat ein das Höchste, stand im Marmorkreis
Die Schönheit, die von Gott im Sohne Gottes weiß.
In jener Weihnacht, da der Engel Lieder
Den Heiland, Gloria und Friede sangen,
Da, glaub’ ich, fielen Wonnezähren nieder,
Die tief mit Leben einen Fels durchdrangen.
Und nicht entließ er wieder,
Auf Strahlen nicht, die Erdenthau entwenden,
So heimlich hohe Spenden.
Ganz ward er Sehnsucht, dunkel, still und mild.
Ihm träumte nur, sein Träumen werde enden.
Ein Weihnachtstag hat seinen Wunsch gestillt –
Er wachte auf und lebt in Deinem Christusbild.
Zu Rom im Lateran, entlang den Wänden,
Steh’n auch Apostel da, aus Stein geworden.
Lieh’ Kunst den Rang, den dort die Jahre spenden,
Das Haupt der Kirchen stände dann im Norden.
Tritt ein mit frommen Händen,
Wen draußen schon vom Giebelfelde grüßte
Die Predigt in der Wüste.
Schau diesen Engel, der das Becken hebt!
Auch das hält Thränen, aber mild versüßte.
Die Männerschaar so fest, sie athmet, strebt.
Vom Flammengeiste ward der todte Stein belebt.
Mir ist, als hätten, die Dein Leben spürten.
Die Bilder rings Dein Sterben auch empfunden;
Als sei den Lippen, die sich niemals rührten,
Da hin Du sankst, ein plötzlich Ach! entschwunden.
Wo spät die Aussicht führten
Bestellte Wächter, da entfloh’n sie beide
Bei’m Geisterlaut voll Leide
Von Pius’ Grab, von Pisa’s Todtenflur.
Blos er, Dein Herkules, ein Ach der Freude:
Weil huldreich Dir, deß Leben Arbeit nur,
Befreit von Oeta’s Schmerz Verjüngung widerfuhr.
Ja, koste Nektar, weil in Ruhmeshallen
Dein ird’scher Theil zurückgegeben modert.
Mag Licht von oben auf dein Grabbild fallen,
Zu Füßen ihm wohl auch ein Flämmchen lodert.
Nein, in uns, in uns Allen!
Du lehnft auf Hoffnung. Was ist uns geblieben?
Erinnerung und Lieben.
So naht die Freundschaft Deinem Grabaltar,
Begrüßt den Namen, ihr ins Herz geschrieben,
Die Büste dort, ach Deine Züge zwar —
Er ist es! sagt der Geist, doch seufzt das Herz: er war!
Er war! Auch Er von Gott — wozu gesendet?
Ein dunkles Wort, es sey hervorbeschieden.
Das Werk der Schöpfung — noch ist’s unvollendet.
Es fortzuführen hat es Gott hienieden
Dem Menschengeist verpfändet.
Der hemmt die Zeiten, mischt entlegne Zonen,
Versöhnt entzweite Kronen;
Er flößet Geist durch seine Blicke ein,
Die Wildniß zähmend und die in ihr wohnen.
Sein höchstes Thun ist Kunst; nur das ist rein.
Natur will allerwärts mit Geist gestempelt sein.
Mit Menschengeist? Nur Abglanz soll ihr scheinen?
Es seufzt die Creatur. Was will ihr Sehnen?
Die Schöpfung fiebert von verhalt’nem Weinen,
Demanten sind die ungeweinten Thränen.
O! bei dem ewig Einen,
Weiß Kunst das Sehnen auch nach Gott zu enden?
Mag Schein das Wesen spenden?
Ihr Thun ist Wink, ihr Wink ist Prophezeihn.
Das Jenseit spielt sie. Unter ihren Händen
Ward zum Erlöser der erlös‘te Stein —
Also wird Christus einst in Allem Alles sein.
Wann? Schweres Wort! Doch was ist Zeit dem Geiste?
Im ew’gen Meer die Wogen sind Aeonen.
Dann wiederum ist Leiblichkeit das Meiste.
Im Brod und Weine wird das Heil’ge wohnen.
Was ungeachtet kreis’te,
Es steht vor Gott, steht da, der Zeit entrissen,
Beseligt es zu wissen,
Stein, Thier und Baum, zu reinem Dienst bereit.
Nicht Leib soll Geist, noch Geist den Leib vermissen;
Der Blume Duft er weiß sich gottgeweiht,
Das Sandkorn jauchzet auf und fühlt Unsterblichkeit.
Wohin, mein Sang? Du wolltest nur da droben
Als Nachtigall den Todesmai verschönen,
Und mußt ein Schwan, zum Pol der Zeit enthoben,
Des Lebens kühnste Weltorakel tönen!
Man sieht kein Grab von oben.
Doch auch die Stimme, wie das Bild von Grüften,
Vergeht in hohen Lüften.
Herab, mein Schwan! Deck ihn, den Marmor deckt.
Auf dieser Platte, unter Weihrauchdüften,
Da schlummre still, den Fittig hingestreckt,
Bis dich ein gleicher Stoff zu gleichem Fluge weckt.
Dette digt er en trykt udgave, der udkom i et hæfte.
Sidst opdateret 20.11.2013