Christian Daniel Rauch
München
Ernst Rietschel
Dateringen fremgår af den bog, hvori brevet er trykt.
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Rom 7. Januar 1830.
17 Xbr. Ihr le[t]zter Brief mein lieber Freund ist so hübsch lang und Inhaltreich daß ich bei meiner eiligen Beantwortung manches unerwähnt gelaßen habe und hier nachtrage.
1. Wenn Sie das Bild des wilden Jägers versandt haben ists auch recht.
2. An den Beinen der Dürerskizze sollte im Innern angesezt werden, oder auch am Äußern Umriß; kann aber auch bleiben bis ich zurückkomme, wenn nicht gemahnt wird.
3. Bei Wagners Unternehmen bitte ich mich als Subscb: zu zeichnen.
4. Mehr trübe als heitere Tage scheinen das Jahr endigen zu wollen. Deshalb ich wohl den 20. Jan. hier abwarten, und dann erst Neapel besuchen werde, so genieße ich Thorw: Anwesenheit welchen ich frühstens in München dann wiedersehe. Ich deutete Ihnen an, daß derselbe mit mir zu wohnen dem Münchner Gasthofe vorziehet, sollte aber die Fr. Herzoginn ihn bewirthen, so ist die Rede nicht mehr davon. Hr. v. K[lеnzе] schreibe ich wohl selbst, sehen Sie ihn aber, so können Sie es erwähnen. Sie würden dann meine Zimmer beziehen und Thorw. das Ihrige vorzubereiten seyn.
So gern möchte ich Ihnen liebster Freund im Einzelnen Resultate, verständliche Mittheilungen, am liebsten mein ganzes Herz ausschütten, was mich auf meinen Wanderungen ergreifft, aber wo soll ich enden, da ich noch in vollem Lauffe bin, ich kann Ihnen also nur allgemeines andeuten, einzelnes berühren, bis ich wieder bei Ihnen bin, und gemeinsame Muße Deranlaßung giebt nach gewohnter Weise einander durch Erzählung zu ermuntern.
18. Mrgs
Was Sie von Thorw: Arbeiten nun zuerst sehen werden ist die Statue des Herzogs und die ‘Gruppe der Genien von seiner Hand, die Muse ist von Tenerani nach Ersteres Skizze fast allein vollendet.*I Die Statue ist nach meiner Übersicht nach dem Christus das schönste seiner Merke hinsichtlich der Bedeutung und schönen Harmonie aller Theile, Anordnung und Korrektheit, ebenso gilt dieses alles von der Gruppe, die nach 10 tägiger Retouche das geworden ist, was im Modelle ich vor mir sehe. Fast täglich sehe ich mich eine halbe Stunde im Atelier Thorw: um, und nie nerlaße ich daßelbe, ohne die höchste Bewunderung des Meisters, der nie fehlenden Grazie Übereinstimmung aller Linien, der Verhältnisse, der unglaublichen Leichtigkeit womit derselbe alles schafft, und die Formen seinen Zwecken anzupassen hin und her zu bewegen im Stande ist. Nie sah ich einen Zirkel in seiner Nähe! Aus dieser kurzen Andeutung, werden Sie ersehen wie es um den Muth des Künstlers steht, der in diesem großen vielseitig erleuchteten Spiegel nur seine eigene Unzulänglichkeit vergleichend, sein Nichts erblickt. Ich kann Ihnen versichern, wäre nur das allgemeine Seyn in dem schönen Natur, Geschichte und Kunstreichen Rom nicht so allgewaltig anziehend, ich würde schon diesen Zustand verlaßen haben, um bei der Arbeit meine Beruhigung wieder zu finden. Ich schlafe wenig und leise, nur die Nächte, welches auch wohl durch die stündliche Aufregung am Tage veranlaßt wird. Heute sehe ich zum Schlüße der etrur-Vasen; 100 Stück bei dem Card: Fesch als Auswahl der bei Connino [Canino] durch Luc: Bonapt: gefundenen Tausend und mehr. Die luziansche ist so außerordentlich, daß man schon das Höchste dieser Art gesehen zu haben glaubt; am 12ten die der Gebrüd: Feoli an 1000 stück, gefunden am Campo morto, nebst anderen aus getriebenem Kupfer, welches wie Notenpapier stark, aber mit seltenen Gußarbeiten verziert sind, ebenso dünn sind die getriebenen oder gestanzten Goldarbeiten als Damenschmuck p. die auch nur zur Zierde wie die Kupfervasen (nicht zum Gebrauch) der Gräber dienten, (9ten) eben eine solche gleicher Zahl bei der Fam. Candelori ebenfalls in jener Gegend gefunden; all ponte de l’abbadia [della Badia] bei Montalto. 18. Abds. Mit dem Grafen Voß und Gemahlin mit dem Prinz Radziwil und Prof: Gerhard Leitung habe ich obige 100 Vasen bei dem Card: Fesch gesehen, die wirklich an Verschiedenheit der Formen und der Gegenstände, und der Erhaltung alle früher gesehenen übertreffen, durchgehends aber die Schaalen schönere Zeichnung zeigen als die Vasen. In der Gemäldegalerie des Cardinal sah ich unter vielem Schönen ein Madonn: Bild mit 4 Heiligen Titiansschule und Zeit welches dem Schönsten angehört. Ebenso war ich zwei Stunden vor dem Bilde der Transfiguration Raphaels in Bewunderung und Genuß versunken, und konnte nur noch die Madonna von Fuligno sehen; so waren die Morgenstunden dahin geträumt. Ebenso brachte [ich] unter Bianckis [Bianchi] Erklärung des Forums heute früh eine angenehme Stunde auf dem Palatino unter glänzendem Himmel in der warmen Sonne zu. Thorw. und alle sind mit Caspars*II und Thäters Arbeiten der lezten Hefte sehr zufrieden, sagen Sie dieses und grüßen Sie die Freunde.
22 Xbr.
Thorw. meint außer Amslers einzelnen Blättern sey nichts so gut behandelt als die meiner Hefte, welche Meinung ich nicht mit ihm theilen kann.
Heute früh habe ich wieder die ersten Stunden im ruhigsten und seeligsten Genüße in den Stanzen Raphaels vieles lernend zugebracht, es war als hätte ich diese Wände nie so schön gesehen, nie diese Fülle und Reichthum nie das Ganze wie das Einzelne so aufmerksam gesehen und gefühlt. Ich schloß mein vormittagsgeschäfft mit der immer neuen und wunderbarschönen Aussicht vom Vatican auf Rom und die Berge, über welche die weißen Zelte der Abbruzzen gleich dem Zugspitz herüberleuchteten, ich wünschte Sie zu mir, und blieb im Museo bis 2 Uhr meine Lieblingsmarmor zu besuchen, ich fing an mit einer bekleideten Herme, mit dem Nil, dem Faun, vis а vis, der Minerva Giustiniani; und caressirte mit ein paar hohen römischen Matronen, wovon die Eine in Tuskulum im Jahr 1810 ich ausgraben sah, dann verlor ich mich ins Mus. Chiaramonti in die tausend Trümmer die mich immer fest halten, daß nur spät ich die Stuffen erreiche die zum Torso führen, diesesmahl gelangte ich jedoch bis zur ruhenden Ariadne, die bei jedem Besuche mit neuen Reitzen zum nächsten Besuche Veranlassung giebt. Ich zeichnete noch zur Restauration des linken Fußes eine kleinere Wiederholung der schönen sich auflehnenden Muse wozu ich Kopf und Hand in Berlin modellirte durch diese Fußergänzung wird dieses Werk neuen Reitz erhalten, er ist nach Innen gebogen.*III Die Witterung ist noch immer so milde daß ich bisher immer im einfachen Überrock ausgehe und nie den Mantel trug. Ein paar hübsche Antikestatuen sind wieder fürs Museum gekauft, die Eine eine großartige griechische Juno. Mathias hat beinah einen jugendlichen Bogenschützen im Modell vollendet, und gar hübsch zusammengebracht, die männlichen Modelle sind hier so schön und so gewandt, daß ich die größeste Lust hätte ein Modellchen zu beginnen; aber ich fürchte den Abruf durch Ihre Briefe, und die eignen Gewißensbisse.
7. Jan. Ich bekomme einige Angst daß ich aus München
nicht erfahre wie das Abgießen des Modells gelungen ist, da Ihr Brief mit der Erwartung schließt, deren Resultat mich so sehr intereßirt. Ich bitte mir ja dieses Resultat ja recht bald mitzutheilen; meinerseits gratulire von Herzen zum neuen Jahre, welches hier mit Schnee begann, nun aber zur Neaplt. Reise sich wieder erheitert, welche ich wohl den 20ten d. M. antrete. Wolff*IV begleitet mich wohl und Franz. von Berlin habe ich gute Nachrichten. Alle Freunde grüßen Sie herzlich. Das Mailänder Postamt berichtet daß Ihr Brief (an Sie 6. Nov.) abgegangen, und Sie ihn in München reclamiren müßten. Thorw. reißt circa 20t. ab.
Ihr ergebenster Freund Rauch
Uddraget er afskrevet efter Rauch og Rietschels breve, op. cit. Kun de dele, der vedrører Thorvaldsen, er medtaget.
Last updated 04.07.2017
[Forfatterens note i den trykte tekst:]
Das in der Michaels-Hofkirche in München befindliche Grabdenkmal des Herzogs von Leuchtenberg (Eugen Beauharnais) von Thorwaldsen mit der Statue des Herzogs; zu seiner Linken die Genien des Lebens und des Todes, zur Rechten die Muse der Geschichte. Am 20. Febr. 1830 ward es feierlich enthüllt. – Thiele: Thorvaldsens Leben. II. 228.
[Forfatterens note i den trykte tekst:]
* Kupferstecher in Berlin, der auch an der Reproduktion von Rauchs Werken arbeitete. – E: R-B. III 116.
[Forfatterens note i den trykte tekst:]
Die von Rauch restaurirte Polyhymnia der antiken skulpturen des Museums zu Berlin. —E: R-B. II. 290. f.
[Forfatterens note i den trykte tekst:]
Der damals in Rom lebende Bildhauer Emil Wolff.