17.8.1841

Sender

Friedrich Gustav Habel

Sender’s Location

Schierstein ved Wiesbaden

Recipient

Bertel Thorvaldsen

Recipient’s Location

Rom

Information on recipient

Ingen udskrift.

Dating based on

Dateringen fremgår af brevet.

Abstract

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Document

Hochwohlgeborner
Hochverehrtester Herr!

Als ich bey Ihrer letzten Anwesenheit zu Mainz am 2te. vor. Monats das Glück hatte, Euer Hochwohlgeboren durch den Herrn Regierungs Präsident Frhrn v Lichtenberg vorgestellt zu werden, hatte ich die Ehre, unter andern über eine in Thon modellirte Figurengruppe aus dem Mittelalter, mit Ihnen zu reden, von welcher ich vor mehreren Jahren eine Abbildung durch Gelegenheit Ihnen zugesendet hatte, die aber nach der Bemerkung Euer Hochwohlgeboren nicht in Ihre Hände gelangt war.
Ganz unerwartet bietet sich mir jetzt eine Gelegenheit der, meine damalige Absicht in anderer Weise zu verwirklichen.
Ein junger talentvollen Bildhauer, Herr Hofmann von Wiesbaden, welchen der unwiederstehliche Drang sich weiter auszubilden, nach Rom führt, übernahm es, einige Figuren dieser Gruppe noch eilig in Gyps abzuformen und verschob deshalb seine Abreise noch um meherere Tage, um die Freude zu haben, die Abgüsse, da sie für Sie bestimmt waren, noch selbst zu fertigen und Euer Hochwohlgeboren persönlich zu überbringen.
Schüchterne Bescheidenheit hielt denselben ab, in Mainz, wo Euer Hochwohlgeboren so sehr in Anspruch genommen waren, Ihnen seine Huldigung persönlich darzubringen. – Möchte bey dieser Veranlassung es Euer Hochwohlgeboren gefallen, ihn wohlwollend und ermunterend aufzunehmen und auf der mit so viel Liebe und Aufopferung betretenen Bahn, mit freundlichen Rath zu unterstützen.
Die Figuren, welche Herr Hofmann Euer Hochwohlgeboren einzuhändigen die Ehre haben wird, sind Theile einer Gruppe von 20 Figuren in gebrannten Thon, (wahrscheinl. aus dem XIV Jahrhundert) welche die Kreuztragung des Heilandes darstellen. Die Gruppe befand sich ehemals in einer alten Kirche des Rheingaues (zu Lorch) und war, von einem Kasten umgeben, in einen Mauernische aufgestellt woraus leichtsinniger Unverstand sie bei einer Reparatur der Kirche entfernte. – Der Zufall führte mich zu dieser Zeit gerade in dieses obengenannte Ort, wo ich von der, so vielen Kunstwerken verderblichen Kirchenreparatur hörte, und so beeilte ich mich, diese für die Kunstgeschichte gewiß sehr interessante Gruppe zu retten und für meine Sammlung zu erwerben.
Ich wünsche nur daß die Darstellung Ihrer Aufmerksamkeit nicht unwerth seyn möchte, und beehrte mich deshalb, zur Probe einige Figuren zu übersenden, um, wenn es Ihnen angenehm wäre, die ganze Gruppe als freundliches Andenken, vollständig für Euer Hochwohlgebornen formen zu lassen.
Die Anordnung der Gruppe werden Euer Hochwohlgeborn: aus der zur gefl. Ansicht beyfolgende Abbildung des verst. GallerieDirectors Müller in Darmstadt entnehmen. Manche Figuren haben leider! zwar einige Beschädigungen erlitten, doch würde das Fehlende durch einen geschickten Kunstler leicht zu ergänzen seyn. Leider ist der ursprüngliche Leimfarbenanstrich sowie die Theilweise Vergoldung an den Gewänden der Figuren durch spätere sehr ungeschickten Oehlanstrich so verdeckt worden, daß es schwer hält, die vormalige Färbung wieder zu erkennen.
Der Saum der Gewänder und theilweise die Haare an einig weiblich Figuren waren vergoldet. Die auf dem (Ringel) Panzerhemd befestigten Brustschilde zeigten spiegelhelle Glanzversilberung. Das Costüme der Figuren, besonders die Rüstungen der den Heiland zum Kreuz führenden Soldaten tragen ganz den Character des Mittelalters dem das Werk seine Entstehung verdankt. Durch Vergleichung der Costüme u. Rüstungen wird sich wohl die Zeit der Fertigung noch näher ermitteln lassen und es würde mir angenehm seyn, Ihre Urtheil über das Ganzes zu vernehmen.
Auch in Kronberg am Taunus entdeckte ich eine ganz in vergittertem Kirchenstuhl versteckte Figurengruppe, ebenfalls in gebranntem Thon, “Den Tod der Maria” vorstellend, die der Bearbeitung nach wahrscheinl. demselben Künstler der die obengedachte Kreuztragung modellirte, angehört. Die Donatare, ein Ritter von Kronberg mit seiner Hausfrau, (nebst dem Wappen), sind dabei knieend dargestellt. Die das Bett umstehenden Apostel sind von erhabenen Ausdruck. Die abgeschiedene Seele der Maria als kleine schwebende Figur dargestellt, wird von Gott Vater empfangen. –
Noch ist es mir wegen dem Eigensinn des Kirchenvorstandes, nicht gelungen, diese für die Kunstgeschichte des Mittelalters nicht mindern interessante Gruppe, wenigstens gegen weitern Beschädigung zu sichern. Doch ich besorge Ihre Gedult zu sehr zu ermüden, und bitte um gütige Entschuldiguung meiner etwas zu langen Mittheilung.
Sollten Euer Hochwohlgebornen in unserm antiquar. Museum zu Wiesbaden irgend Etwas bemerkt haben, dessen Zeichnung oder Abguß Ihnen wünschenswerth seyn möchte, so bitte ich, überzeugt zu seyn, daß es wie unendliche Freude machen würde, Ihnen solche zu verschaffen.
Es war Bedürfniß meines Herzens, Ihnen Hochverehrtester! dem ich durch die Anschauung Ihrer unsterblichen Meisterwerke schon so großen Genuß verdank, durch die beykommenden kl. Figuren, wenigstens meinen guten Willen zu zeigen, mit dem ich Ihnen so gerne auch nur einen angenehmen Augenblick bereiten möchte. Aus diesem Gesichtspunct bitte ich die Sendung gütig und nachsichtsvolle aufzunehmen.
Genehmigen Euer Hochwohlgebornen den Ausdruck unbegrenzter Verehrung mit welcher unterzeichnet

Schierstein d. 17te. August 1841.
(bei Wiesbaden)
Ew Hochwohlgebornen
gehorsamster Diener
Habel

Archival Reference

m24 1841, nr. 39

Subjects

Last updated 10.05.2011