10.8.1821

Sender

NN

Sender’s Location

Luzern

Recipient

Omnes

Abstract

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Document

Der 10te August 1792
 
der
 
Schweizergarden zu Paris.
 
Bei
der feierlichen Eröffnung
 
des
  ihnen gestifteten Denkmals
zu Luzern;
den 10ten August 1821.
 
Melodramatisch dargestellt am Vorabend desselben.
 
1821.

1.

Fallen auf des Vaterlandes Gefilden,
Wie fielen die gefeirten Helden der Vorzeit,
Erreicht von des Feindes blutigem Schwert,
Ist schön! –
Denn sieh’ es sinket der Mann
Für den theuren Heerd,
Für die hochgefürchteten Altäre;
Er sinkt für das geliebte Weib
Und die holden Kinder,
Für alles, was nah ihm, was hehr, was theur
Dem Herzen des Menschen;
Woohne das Leben düster und öde,
Eine drückende Last nur,
Und es siehet ihn liegen im Blute der Feind,
Und er weichet zurük;
Gerettet und frei ist das Land! −

2.

Fallen sehen die Seinen ihn
Mit Hochgefühl und Schmerz;
Fallen an der Freunde Seite,
In der Genossen Kreis,
Und in ihren Armen, in ihrem Schoos
Athmet er noch den lezten Hauch
Der theuren vaterländischen Luft;
Siehet noch ihre mannhafte Thräne,
Und scheidet heiter, der Sonne gleich
Im Sommerabend.−

3.

Siehst du den Zug der Wallenden dort,
Die trauerumflort, von Schmerz gebeugt
Dem Sarge folgen? Wer nennt sie uns? –
Zur Erde bestatten sie den Helden,
Zur freien vaterländischen Erde,
Senken ihn in der Väter heil’ge,
Nimmer entweihte Gruft. −
Ihm folget weinend das treue Weib,
Die er schirmte vor Schmach,
Ihm die blühenden Knaben,
Die er entriß dem Feind,
Die er dem Vaterland zweimal geschenkt
Zu freien Männern dereinst
In Gefahr und Noth;
Denen er zum schönsten Erbe,
Zum reichsten Seegen
Sein Beispiel zurük läßt
Und seinen Namen. −

4.

Sieh! geschäftig sind die Freunde, die Brüder,
Hoch zu thürmen sein Mahl,
Und reich es zu schmücken!
Da soll ewig grünen die Myrthe,
Blühen der Lorbeer,
Mit nie welkender Krone
Soll er überschatten sein Grab,
Daß die Nachwelt es wisse,
Daß erkennen die Enkel,
Es ehre die dankbare Zeit ihre Männer,
Das Vaterland halte hoch seine Retter! −

5.

Aber ach! wen das Geschik,
Wen eigne Wahl,
Des Herzens dunkler Drang und Durst
Nach Gefahr, nach That, nach Ruhm
In der Mannheit Blühte
Forttreibt aus der Heimat stillem Schoos,
Fort in die Fremde,
Die ferne Fremde,
Fremd ihm an Herzen, Sinn und Geist!
Wehe! wenn da auf ihn laurt der Neid,
Der giftige Haß, die bleiche Furcht,
Wie laurt im Verborgnen der Jäger
Auf das hohe Wild,
Das da unkundig der Gefahr
Herschreitet die Bahn! –

6.

Wehe, wenn ihn umspinnt der Verrath
Mit der Spinne giftigem Geweb,
Netze stellt seinen Füssen
Auf jedem Pfad,
In zu fällen im Dunkel,
Bedacht ihn zu stürzen
In die verdekte, tiefste Grube! –
Ihn verlassen izt die Freunde,
Ihn verrathen nun die Getreuen,
Und die ihnm geschworen, sprechen:
Ich kenne ihn nicht. –

7.

Was erhebet sich für ein Brausen
Gleich wildem Sturm?
Was stürzen ringsherbei die Schaaren
Zürnenden Grimm im Gesicht,
Schwingend die blutigen Schwerter,
Den Speer, schreiend nach grausem Mord,
Nach Blute dürstend? −

8.

Ach: dem Erhabnen, dem Sanften,
Der Liebe nur kannte,
Deß Herz nur Sorge und Huld empfand! –
Wehe ach! dem Gesalbten,
Den Vater sie nannten,
Gilt der schwarze Aufruhr!
Die Gepflogenen sind es,
Es sind die Kinder,
Die in wilden Haufen
Wider den geweihten Wehrlosen
Schwingen das Schwert,
Die begehren sein Blut! −

9.

Verblichen ist der weitleuchtende Glanz der Krone,
Sie ist zur Erde entsunken dem Haupt,
Beflekt ist der hohe Purpur mit Staub,
Und es wanket der Thron,
Der Thron so hoch, so fest gebauet,
Den ehevor die Helden umstanden,
Ihn deckend mit ihren Schilden,
Vor dem Fürsten in Ehrfurcht senkten das Haupt!

10.

Wer ist’s, der da decke den gesalbten Herrscher
Vor Entweihung, vor Schmach, vor namlosem Frevel,
Mit seinem Schild mit seiner Brust? −
Sind es die Gewaltigen des Reiches,
Die er überhäuft mit Schätzen,
Mit Ehren geschmükt? −
Sind es die Kinder des Landes,
Die am Herzen er getragen,
Gehegt mit Liebe
Des Landes Vater? –
Ruf sie herbei die Starken des Landes,
Hervor aus ihren schimmernden Pallästen
Die Gefürchteten,
Herbei die Heere von des Landes Grenzen allen,
Herbei sie alle, die da tragen den Schild,
Führen das Schwert und den Speer,
Zu schirmen den Edlen, den Einen!

11.

Ach! verschwunden sind sie alle, tief verborgen,
Verstehen den Ruf nicht,
Den Ruf der Ehre, der heiligen Pflicht!
Zerbrochen, sprechen die Bessern,
Ist unser Schild, in der Scheide das Schwert,
Und laß der Arm!
Furcht hat ihr Gesicht gebleicht;
Die Arme zittern, die den Speer werfen sollten,
Es wanken die Kniee derer, die stark sich nannten!
Und ach! die Andern
Hat umsponnen, fortgerissen mit sich
Der schwarze Verrath! −

Ouvert.

O ihr dunklen Mächte in des Menschen Brust,
Aus welchem Abgrund der Nacht steiget ihr auf
Umwindend ihn mit Fäden schwarzen Geschiks?!

12.

Wer ist es denn, der da steht vor dem Thron,
Den alle sonst verlassen ,
Dem Löwen gleich? −
Auf dessen Gesicht keine blaße Furcht ,
Dessen Arm nicht laß, dessen Knie nicht wankt?
Der allein in der wilden Brandung
Dem Felsen gleich, nicht achtet des Sturms;
Der da schwingt gleich dem Blitze das Schwert,
Der die hochgewölbete Brust,
Wie ein mächtiges Schild,
Stellt vor den Thron ,
Vor den hohen Gesalbten? −

13.

Es ist der Fremdling! − −

14.

Wer erstünde so Hohes um Gold,
Um alles Gold, so die Erde beut? −
Wer erschaffet mit Würden der Ehre
Hohen Zartsinn, desMannes Adel?
Nein ihn bindet ein ander Band,
Es ist der heilige Eid, den er geschworen,
Die Treu vor Gott!
Wissen müsse die Nachwelt,
Daß Männer gelebt,
Deren Wangen vor gewissem Tod nicht bleich geworden;
Das etwas, das da mehr, dann Leben,
Ueber Sein und Nicht! −

15.

Aber wehe dem Edlen, wehe den Helden,
Den wenigen! Stets höher steigt die Brandung,
Stets wilder tobet der Aufruhr;
Eine Schaar drängt die andere;
Heißer wüthet ihr grauser Durst
Nach Mord, nach Blut;
Glühender funkelt aus allen Blicken
Der entfesselte Haß, der Furie Feur;
Gleich dem Thier, das da Blut gelekt,
Der Kette entspringt.

16.

Siehst du sie sinken, hörst du den Fall,
Der den Boden erschüttert?
So fällt auf Berges-Höhen die Eiche,
Der Eichen größte,
Die Jahrhunderte lang
Getrotzet dem Windsturm;
Denn es zerschnitt den Stamm
Mit tausend Schlägen die Axt des Landmanns,
Sie stürzt, fällt unter der eignen Wucht. –

17.

So fällt der Löwe, des Waldes König,
Vom Pfeil des Jägers getroffen, durchbohrt!
Aber fern steht der Jäger, und siehet ihn röcheln,
Und siehet ihn bluten, nicht wagt er zu nahen,
Zu rühren den Gewaltigen!
Fern stehen die Hunde,
Verstummt ist ihr Gebell,
Als hätte sein großes, ernstes Sterben
Mit Staunen ergriffen die thier’sche Natur.

18.

Also sanken sie die Starken, die Tapfern!
Laßt fließen eure Thränen ihr, die ihr sie kanntet,
Und die ihr nicht!
Denn wer trüge im Busen ein Herz,
Das solch einem Fall
Nicht höher, bewegter entgegenschlüge? –

Tercett.

Still zu lösen den stummen Schmerz,
Gab Gott lindernde Thränen dem Blik,
Zu lüften die schwergepreßte Brust,
Daß sie ahne den Schlaf,
Der sanft die Müden umfangt

19.

Ach! wie viel sind ihrer Wunden!
Alle wie roth!
Wie hochgeschmükt scheinen,
Als mit Ehrenbändern,
Wie keine sterbliche Hand sie webt,
Kein Fürst sie umbindet,
Wie nur Heldentugend sie wirkt und verleiht,
Ihre Riesen-Leichen! −

20.

Schaue um dich, ob du einen
Rüklings gefallen erblickest,
Rüklings verwundet, durchbohrt?
Du schauest keinen, nicht einen auch.
Durch die Brust, die nie gebebet dem Tod,
Die nie gewußt von Zagen, von Furcht ,
Durch die Brust nur mochte der Tod
Den Weg finden zum großen Herzen,
Zum Lebens-Quell;
Durch sie nur mochte entströmen
Das Heldenblut. −

21.

Wunderbar! noch schließt sich die Faust
Um des Schwertes Griff, des so vertrauten!
Noch hält die Linke den Schild;
Nicht wagt der Feind selbe anzutasten,
Er stehet, und staunt;
Denn wie hätte er ähnlich’s
Gesehen, geglaubt,
Wie käme ein solches in seine Brust? −

22.

Unter ihnen liegen der Feinde Haufen,
Wie da liegen unter Dem Wehrthurm,
Die ihn umgruben,
Die übereilte und zerschmetterte
Sein gewaltiger Sturz.

23.

Wie sind sie vereinet noch!
So Schild an Schild, Faust an Faust
Im Tode, wie im Leben sie es waren?
Noch sind nicht erloschen, verschwunden
Die Heldenzüge auf ihren Gesichtern:
Nein, gleich dem dämmernden Abend
Stralen sie noch, wenn gleich sanfter und stiller;
Denn geschlossen ist das Auge, das leuchtende,
Untergegangen das Sonnengestirn
Hinter dem Gesichtskreis! −
Ach wer ist, der es da siehet und bedenket,
Und weinet nicht?! −

24.

Hehre, untrügliche Verkünderin
Dessen, was wahrhaft und groß,
Ernste, heilige Richterin
Der Geschlechter und Zeiten,
Die du wägst auf richtiger Wage das Verdienst,
Die du eingeschrieben den ehernen Tafeln
Die Namen der Edlen,
Sie entreißend dem Strom der Zeit
Und der Vergessenheit, o Geschichte!
Sage, welches ihr Geschlecht,
Welches ihre Namen, ihr Vaterland? −

25.

Wie? du kenntest nicht des Löwen Gestalt?
Wüßtest nicht seinen Siz,
Wo auf Höhen, im stillen, tiefen Wald,
Er der Freiheit, dem Hochsinn, dem Muth
Schon in der frühsten Jugend
Lüftet die Brust? −

26.

Ach, daß ihr fallen musstet fern von der Heimat!
Nicht für das Vaterland ., nicht für die Euren!
Fallen, gefällt von Verrath und Hohn ! −
Sieh’, nicht folgen eurem Sarg die Freunde,
Nicht die Söhne, die Töchter,
Das Weib nicht! −
Ach! nicht nezt die Thräne des Dankes
Die Erde, die euch decket!
Nicht hebt sich der bekränzte
Grabhügel euch;
Und so nach Jahren der Wanderer kommt,
Zu schauen das Denkmal
Und fragt nach dem Grabe
Der so Gefallnen ,
So kennt man es nicht!
Ach! was der Uebel größtes,
Ach! was eurer That Höchstes,
Spurlos schwand sie im Gange der Zeit!

27.

Doch schaust du nicht das Flämmchen
Am Himmel dort,
Gleich einem kleinen, doch heitern Stern,
Unter dem schwarz, wie die Rabennacht,
Gewitter-Wolken sich jagen,
Gepeitscht vom Sturm,
Die da Hagel entladen und Verheerung
Auf des harmlosen Landmanns
Blühenden Acker?
Sieh, heller stralet der Stern, wachset im Lauf!
Wie soll vergehen, was ewig und wahr?
Wie schlummern im Tod, erlischen der Geist? −
Es kommt auf schnellen Schwingen die Zeit,
Siehst du sie nah’n!
Hörst du nicht rauschen ihren Fittig,
Der da trägt den Stern in den blauen Höhen
Näher und näher,
Siehst du ihn stralen heiter und ruhig
Der Ewigkeit Bild?
Verbrauset hat der Sturm;
Zerronnen sind die Wolken, Kinder der Nacht:
Frisch und verjünget
Blühet die Au im Perlenschmuk,
Der stillen Braut gleich,
Der nach Thränen und Sorgen
Die Hochzeit genaht.

28.

Heil dir Land, dem hohen Sinn,
Dem des Höchsten Scheu,
Der Tugend Ehrfurcht und ernste Liebe
Tief, nicht verwüstlich durch Druk und Zeit,
Von Weltalter zu Weltalter frisch und jung
In die Seele gelegt,
Geschrieben Gott! −
Dem, wenn auch Stürme vorüberrauschen,
Wenn auch Nacht decket jeden Stern,
Nie aus dem Sinne entschwindet die Sonne,
Das Ewige, Gott!
Denn sieh’ o Volk! es vergehet die Nacht,
Es enteilet der Sturm!
Still hebt das Morgenroth den Schleier,
Heiter geht hervor die Sonne,
Und es feiern die Auen aufs neue
Der Schöpfung Tag! –

29.

Wo seid ihr Stürme der Zeit, der Nacht?
Sie sind vorüber!
Heiter stralet uns heut die Sonne und hehr!
Darum laßt uns gedenken jener Helden,
Die sie heut höher bestralet,
Deren That einzig und ewig,
Die im ewigen Kreisen der Zeit
Das Heut erheben und halten
Zum daurenden, festlichen Tag!

30.

O ihr Felsen, die ihr himmelan raget,
Die ihr beglänzt in reinem Schnee
Von der Abendsonne Stral,
Wie in himmlischer Brautfeier stralet
Weit in der Sterblichen Länder hinaus!
Ihr Berge, so ruhig, so fest, so hoch,
An denen der Wettersturm,
Der Donner, der Bliz sich versuchen,
An denen die Weltalter,
Die bleichen, und stürzen die Geschlechter,
Dem Laube des grünen Waldes gleich,
Vorübergehen, und ihr wißt es nicht! –
O! ihr Hohen, wie waren die Helden
Euch gleich, sie, eure Söhne! −

31.

Ruhet sanft große Todte!
Und decket auch euer Grab,
Statt des Steines Rasen nur, der es birgt,
Stralet doch euer Ruhm, eure Treu
Weit durch alle Zeiten,
Von Geschlecht zu Geschlecht! −
Blutbesprengtes Panier,
Bestaubt zwar, zerstükt von der Zeit,
Doch nie gesunken, gebrochen,
Ewig müsse das Volk zu Berg und Thal
Dich wehen seh´n in den freien Lüften!

32.

Möchte, o Volk! solcher Helden Bild
Prangen an allen deinen Felsen!
Aus jeder Grotte, von jeder Höh’
Dich begeisternd ansprechen!
Daß du nie vergäßest der großen alten Zeit,
Daß du sinnend bedächtest
Auf allen Wegen
Des Pfades, des steilen, des schmalen,
Den starke Helden-Füße nur steigen,
Durch den du zur Höhe
Hinan gestiegen:
Gedächtest der Stürme, die im Lauf der Zeit
Vorübergerollt zu deinen Füßen,
Der Tiefe Länder verheerend,
Während dich hold die Sonne beschien! –
Möchte doch zünden ins Herz deiner Jünglinge,
Wie ein Stral ewiger Glut,
Die Vergangenheit und alles Große,
Das je geschah! −
Ja, zu neuen, frischen Saaten
Müsse keimen die große, ewige Zeit
Der hehren Väter!

33.

Dann, o Volk! würde leuchten dein Licht
Wieder, wie einst.
Fürchten würde der Feind deine Grenzen,
Wie man fürchtet des Grabes Schlund:
Würde tönen dein Name
Von Ost zu West! −
Und, o laßt uns nicht zweifeln,
Würden die Alten wir sein,
Gott nur fürchtend, die Menschen ehrend,
Glüklich und frei. –

Mit Purpur und Rosen schmücken die Himmel sich,
Festlich zu empfangen den nahenden Tag.
Schweigend hebt sich der Schattenschleier;
Es lischen die hohen goldnen Sterne,
Zum Schlafe schließen sich die Augen
Der unendlichen Nacht. −
Im Brautschmuk gehet die Sonne hervor Aufführend den Tag. −

Chor. Erwache, was athmet den Hauch der Hinmel,
Freudig zu preisen den erhebenden Tag!
Soli. Frohlockend begrüßt ihn der schallende Hain,
Ihm rauschet höher der wallende Strom,
Süsser duftet die Blume ihm,
Auf der Andacht Schwingen
Erhebt sich der Geist.
Chor. Komm o Sonne, bringe den Tag aus,
Den Tag, der da nicht sinket in’s Meer!

General Comment

Denne tekst er udkommet i et trykt hæfte.

Archival Reference

M18,11 (Thorvaldsens Museums Småtryk-Samling 1821)

Subjects

Works

A119 Døende løve (Schweizerløven), 1819, inv.nr. A119

Last updated 13.01.2016