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Albert Thorwaldsen.
Ueber Thorwaldsen als Künstler spricht und schreibt man viel; daß er der Heros der neuern Kunst sei und mit Recht den ihm öfters schon ertheilten Titel eines Fürsten unter den lebenden Künstlern führe, das ist bekannt und mag vielleicht Ursache geworden sein, daß man über Thorwaldsen als Mensch, als Mitglied der großen römischen Künstlerrepublik noch nie gesprochen hat; um so unbilliger erscheint dieses aber, da er in dieser Beziehung eine sehr, sehr hohe Stelle ausfüllt und eben deshalb in seinem Verhältnisse zu den in Rom lebenden Künstlern stets betrachtet werden sollte.
Thorwaldsen kam vor einigen 30 Jahren als ein armer Jüngling nach Rom und ist jetzt durch sein großes Kunsttalent ein wohlhabender Mann; durch die Art und Weise, wie er diesen Reichthum nun anwendet, wie er seinen großen Einfluß, sein hohes Ansehen für Andere benutzt, hat er sich ein wahrhaftes Denkmal der Liebe und Verehrung gesetzt. Denn abgesehen, daß er mit hoher Liebenswürdigkeit und Gefälligkeit jedem Künstler mit Rath in der Kunst beisteht, sucht er auch die vielen in Rom oft in höchster Armuth lebenden talentvollen Künstler auf, gibt ihnen Bestellungen, Geldunterstützungen und Aufmunterungen jeder Art, nicht achtend, welcher Nation sie angehören. Daher sieht man seine Wohnzimmer mit ausgezeichneten Bildern jetzt lebender und jüngst verstorbener Meister angefüllt, und die Werke, die man von dieser Art daselbst findet, kann man mit vollem Recht eine bedeutende Sammlung nennen. Nicht Rang, Reichthum und Einfluß oft mittelmäßiger Künstler geben ein Recht, in Thorwaldsen’s Stube einen Platz für ihre Werke zu finden, sondern nur das Talent. Gibt es eine bessere Empfehlung, als wenn Thorwaldsen’s geistiges Auge sich gern an Bildern unserer jetzigen Künstler, selbst im unermeßlich reichen Rom, erfreut und ihre Werke um sich haben will? Der sammellustige Engländer, Franzose u. s. w. wollen nun auch ‒ und das mit Recht ‒ von solchen Meistern Bilder haben, deren Werke sie bei Thorwaldsen gesehen, und so mancher brave Künstler ist auf diese Art aus seiner Noth gezogen. Auch der Alterthumsfreund findet Schätze griechischer, römischer und ägyptischer Kunst, besonders eine vortreffliche Sammlung geschnittener Steine bei Thorwaldsen, die jedem Künstler so viel wie möglich zur Benutzung frei stehen. Dazu hat er auch für mehre tausend Scudi eine Bibliothek angekauft, mit Werken aller Nationen, mehr bei solchen Ankäufen darauf bedacht, dieselben jungen Künstlern und Gelehrten mittheilen zu können, da Rom in dieser Beziehung sehr arm ist, als für eignen Gebrauch, da Thorwaldsen in seinem reichen Geiste, Gemüths und Phantasie mehr Nahrung findet, als im todten Buchstaben je geschaut und gefunden werden kann.
Doch alle diese mit Schätzen alter und neuer Kunst angefüllten Zimmer runden sich erst zu einem Ganzen, wenn man auf den Mann sieht, der darin lebt. Thorwaldsen’s Kopf, der Ausduck seiner Gesichtsbildung erinnern an den in Paris verstorbenen Grafen Gustav von Schlaberndorf. Die Aehnlichkeit liegt nicht sowol in den Zügen als in dem Geiste, in der Kraft, in dem wohlwollenden Ausdruck des offenen, wahrhaften Menschenfreundes. Das bekannte, von Amsler gestochene Portrait von Thorwaldsen scheint verfehlt; es ist ein süßes, weichliches Lächeln, was als charakteristisch daraus hervortritt, während aus dem Kopfe des seltenen Mannes in kräftiger, schöpfungsreicher Geist uns anspricht und unser Herz für ihn fesselt.
Wir haben hier nur beginnen wollen, über Thorwaldsen auch in andere Beziehung zu sprechen und aufmerksam zu machen, daß man das menschlich Gute und Große auch bei dem größten Künstler nicht vergessen sollte; und gerade bei Thorwaldsen ist uns diese Seite höchst interessant, da er unter schwierigen Verhältnissen lebt, der Neid, die Mißgunst auf eine solche großartige Natur gern ihre hämischen Zähne fletschen und sie zu sich und ihren niedern Leidenschaften herabziehen möchten. Wir freuen uns, in dem Besitz vieler, vieler Züge des wahren Edelmuths dieses Mannes zu sein, welche der Mit- und Nachwelt nicht verloren sein sollen; und sowie Thorwaldsen als Künstler den Kranz der Unsterblichkeit um seine Schläfe bereits geflochten sieht, so wird er auch als eine edle Menschennatur im Andenken aller Nationen fortleben. (Aus dem Tagebuch eines Reisenden in Italien 1828.)
Denne tekst blev trykt i Blätter für literarische Unterhaltung, Nr. 122, 1830.
Last updated 31.01.2020