Golden Days in Kiel


Immer wieder waren es gerade die problematischen Voraussetzungen Kiels, die sich als die produktivsten erwiesen haben. Die Enge und Überschaubarkeit der lange Zeit neben Kopenhagen einzigen Universitätsstadt des Gesamtstaats förderten fremdenfreundliche Neugier sowohl an der Universität als auch beim Stadtpublikum. Auch die mehrsprachige Herkunft der Lehrenden und Studierenden (hoch- und niederdeutsch, sønderjysk, rigsdansk) erwies sich schon früh als fruchtbare Herausforderung. Die Berufung Baggesens zum ersten Professor für Dänisch 1810 wirkt wie ein Katalysator in diesem Reagenzglas. Kiels Grenzlage zwischen Skandinavien und Deutschland führt nun über mehrere Jahrzehnte zum Import kultureller Anregungen nach Norden. Manche davon gewinnen entscheidenden Einfluß auf das skandinavische Geistesleben des 19. Jahrhunderts, so die Begegnungen Steffens’ mit Schelling und Heibergs mit Hegel. Im Gegenzug provoziert die Konfrontation dänischer Autoren mit ihrem deutschen Publikum einen literarischen Export skandinavischer Kultur nach Süden, in deutscher Sprache. Diese problematische Grenzlage veranlaßt manche Autoren zu Neubestimmungen ihrer eigenen Rolle. In Kiel dichtet Schack Staffeldt seine romantischsten Verse, wird Heiberg zum Hegelianer und Christian Flor zum Patrioten; und hier schlägt Carsten Hauch aus denselben Gründen den entgegengesetzten Weg ein und versucht zum letzten Mal eine Versöhnung deutscher und dänischer Kultur. Im Zuge der nationalistischen Frontstellungen ist diese Bedeutung Kiels unterschätzt, verdrängt, schließlich vergessen worden ‒ auf beiden Seiten der heutigen Grenze. Eine Erinnerung an diese exemplarische Geschichte scheint heute, in europäischer Perspektive, an der Zeit.

References

Om den kultur- og litteraturhistoriske baggrund jf. nu også: Dänisch-deutsche Doppelgänger. Transnationale und bikulturelle Literatur zwischen Barock und Moderne. Udgivet af Heinrich Detering, Anne-Bitt Gerecke og Johan de Mylius. Göttingen 2001 (Grenzgänge, bd.3)

  1. I denne sammenhæng kommer det danske lektorat til at spille en afgørende rolle. Materialet omkring dette har Harald Skalberg samlet i en omfattende dokumentation under titlen Aktstykker angaaende Det danske Docentur ved Kiels Universitet 1811-1864, som jeg med taknemmelighed trækker på.
  2. Daniel Georg Morhof, Unterrickt von der Teutschen Sprache und Poesie, (1682)
  3. Johann Gottfried Herder, brev til J. H. Müller.
    Protestantische Monatsblätter für innere Zeitgeschichte, bd. XIV, Gotha 1859, s. 292-293.
  4. Citeret efter Heinrich Schwab, Fr.L. Æ. Kunzen, i: Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliotek, bd. 21, Heide in Holstein, 1995, s. 16.
  5. Cit. efter Geschichte der Stadt Kiel. Udgivet af Jürgen Jensen og Peter Wulf. Neumünster 1991, s. 127.
  6. Henrik Steffens: Was ich erlebte. Ti bind, Breslau 1840-44. Bd. III, s. 202.
  7. Fra Flors erindringer, som er blevet publiceret i Sønderjyske årbøger, (1992).

Last updated 11.05.2017